Feenzorn
Herzog Ortega, dem Kriegsherrn des Roten Hofes, erhalten. Darin erläutert er die Motivation des Roten Hofs in dieser Angelegenheit und nennt die Bedingungen, die sie für einen Friedensschluss stellen. Als Zeichen des guten Willens bietet er ab heute Morgen einen vorübergehenden Waffenstillstand an, damit der Rat Zeit hat, diesen Vorschlag zu erörtern.«
»Was für ein Mist!« Es entfuhr mir, ehe mein Gehirn sich überhaupt einschalten konnte. Darauf erhob sich Kichern im Theater, überwiegend wohl unter den braungewandeten Lehrlingen. Stoff rauschte, als sämtliche Magier im Raum sich umdrehten und mich anstarrten. Wieder wurde mein Gesicht heiß, und ich räusperte mich. »Es ist wirklich Unsinn«, wiederholte ich, und Ebenezar übersetzte für mich. »Ich wurde erst vor wenigen Stunden von einem Mordkommando des Roten Hofs angegriffen.«
LaFortier lächelte mich an. Das Lächeln wurde breiter, bis er seine Zähne zeigte. Es sah aus wie der Schädel einer vor Jahrtausenden beerdigten Mumie. »Selbst wenn Sie nicht lügen, würde ich annehmen, dass in Ihrer Nähe nicht alle Kräfte des Roten Hofs völlig unter Kontrolle sind, da vor allem Sie den Krieg ausgelöst haben.«
»Ich soll ihn ausgelöst haben?«, rief ich. »Haben Sie eigentlich eine Ahnung, was die gemacht haben?«
LaFortier zuckte mit den Achseln. »Sie haben sich gegen einen Angriff auf ihre Souveränität verteidigt. Sie als Abgeordneter dieses Rates griffen eine Adlige ihres Hofs an, beschädigten ihren Besitz und töteten Angehörige ihres Haushalts und sogar sie selbst. Außerdem zeigen die Berichte der örtlichen Zeitungen und Behörden, dass während der Auseinandersetzungen auch einige junge Männer und Frauen ums Leben kamen. Ich glaube, sie verbrannten bei einem Feuer. Hilft das Ihren Erinnerungen auf die Sprünge, Magier Dresden?«
Ich biss die Zähne zusammen. Eine unbändige Wut übermannte mich, bis ich kaum noch klar sehen konnte, ganz zu schweigen davon, ein verständliches Wort hervorzubringen. Das erste Mal war ich vor den Rat zitiert worden, als man mir vorwarf, das Erste Gesetz der Magie gebrochen zu haben. Ich hatte meinen alten Mentor Justin verbrannt. Bei meiner Begegnung mit Bianca vom Roten Hof vor einem Jahr hatte ich eine Feuersbrunst beschworen, da es danach ausgesehen hatte, als sollten ich und meine Gefährten dran glauben. Dabei waren viele Vampire verbrannt, und später hatte man auch die Leichen einiger Menschen gefunden. Man konnte nicht sagen, wer ein Opfer der Vampire und bereits tot gewesen war, als das Feuer ausgebrochen war, und wer, wenn überhaupt, noch gelebt hatte, als ich gekommen war. Ich habe deshalb heute noch Alpträume. Ich bin alles Mögliche, aber kein kaltblütiger Mörder.
Zu meinem eigenen Entsetzen rief ich meine Kräfte an und war drauf und dran, sie gegen LaFortier mit seinem grinsenden Totenkopf loszulassen. Ebenezar bemerkte es anscheinend, riss die Augen weit auf und schüttelte rasch den Kopf. Ich ballte die Hände zu Fäusten, statt jemanden mit einer magischen Explosion einzudecken, und zwang mich, wieder Platz zu nehmen, ehe ich weitersprach. Selbstkontrolle war so wichtig wie nie. »Ich habe meine Erinnerungen an diese Ereignisse bereits in meinem Bericht für den Rat festgehalten. Dazu stehe ich immer noch. Jeder, der Ihnen etwas anderes sagt als das, was ich dort niedergeschrieben habe, ist ein Lügner.«
LaFortier verdrehte die Augen. »Wie bequem es doch sein muss, in einer so klar unterteilten Welt zu leben. Aber wir messen die Kosten Ihrer Taten nicht in Münzen oder vergeudeten Stunden, sondern in Blut. Magier sterben wegen des Fehlverhaltens, das Sie im Namen des Rates an den Tag gelegt haben.« LaFortier ließ mit strenger Miene seinen Blick durchs Theater wandern. »Offen gestanden denke ich, es könnte klug sein, wenn der Rat einräumt, dass wir in dieser Angelegenheit tatsächlich im Unrecht sind, und die Friedensbedingungen des Roten Hofs ernsthaft in Betracht zieht.«
»Was verlangen sie?«, knurrte ich den Mann an. Ebenezar übersetzte für den Rest des Rates ins Lateinische. »Einen Liter Blut pro Monat von jedem von uns? Das Recht, ungestört zu jagen, wen sie wollen? Amulette, die sie vor dem Sonnenlicht schützen?«
LaFortier lächelte mich an und faltete auf dem Rednerpult die Hände. »So dramatisch ist es gar nicht. Sie wollen einfach nur das, was in einer solchen Situation jeder verlangen würde: Gerechtigkeit.« Er beugte sich mit funkelnden Glupschaugen
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