Fehltritt Im Siebengebirge
Vertreter, den Herrn Zolloberinspektor Wernitz, kontaktieren. Vielleicht kann der uns weiterhelfen.«
Hinter so viel Aktivität wollte Lupus nicht zurückstehen. »Ich werde mit Peters herumhören, was für Typen das POLTRANSIT-Büro bevölkern und mir je nach Stärke des Kaffees zurechtlegen, welches Unheil von dort dem deutschen Wesen drohen könnte.«
»Ich werde unserer Dame beim Abwasch des Geschirrs helfen, damit sie nicht auf Dezimierungsgedanken kommt«, sagte Ahrens und fand dafür volle Zustimmung von allen Seiten.
Die Fahndung lief!
Kapitel 13
Marianne Richter, am Sonntagmorgen endlich einmal allein im französischen Bett, hatte richtig ausgeschlafen, nachmittags einen Judoschaukampf mit japanischen Meistern verfolgt, im Kaffeehaus zwei Mocca geschlürft und dazu ein Stück Herren-Torte gegessen. Dann hatte sie sich zu Hause hingesetzt und einige Erkenntnisse und Gedanken zu Papier gebracht. Um den Tag in völliger Belanglosigkeit ausklingen zu lassen, hatte sie im Programmkino die Reprise vom großen Gatsby angesehen und sich dabei gefragt, warum die blasierten Figuren mit ihren riesigen Hüten, dem permanenten weißen Overdress und den blitzenden Oldtimern vor einigen Jahren so viel Entzücken und Bewunderung erregen konnten.
Jetzt saß sie mit dem Montagssyndrom der Unausgeglichenheit in ihrem Büro und sah die von der Sekretärin zur Unterschrift vorbereiteten Geschäftsbriefe durch. Hartmut Erlenborn hatte von Anfang an, strenggenommen von dem Tage an, als er mit ihr erstmals im Ruheraum neben dem Chefbüro die wohltuende Viertelstunde der Entspannung genossen hatte, Marianne vollständigen Einblick in die Geschäftsabläufe der Firma gewährt.
Mit dem Tod Sonjas hatte er nicht nur die Frau, sondern auch einen Gesprächspartner und Geschäftspartner verloren, dessen Ehrgeiz dem seinen nicht nachstand, mit dem er sich in der Zielstrebigkeit auf dem Wege des wirtschaftlichen Erfolges ganz einig wußte. In diese Rolle war Marianne Richter in kürzester Zeit vollständig hineingewachsen. Niemand sprach laut darüber, aber man wußte in der Firma, welchen Anteil sie an Erlenborns Entscheidungen hatte.
Sie verstand ihr Geschäft, hielt eine undurchdringliche Distanz zu den Mitarbeitern und wurde schon bald als die Nachfolgerin der verstorbenen Sonja angesehen. Gleichwohl wollten die Gerüchte nicht verstummen, daß Hartmut Erlenborn aus wirtschaftlichen Erwägungen seine um fünfzehn Jahre jüngere Nichte Barbara heiraten werde. Sie war Sonjas Erbin, und ihr gehörte praktisch das Unternehmen. Hartmut als Komplementär ohne ins Gewicht fallendes eigenes Vermögen war nüchtern betrachtet nicht mehr als ein Geschäftsführer von Barbaras Gnaden.
Marianne Richter hatte Einblick genug, um die Zusammenhänge klar zu erkennen. Den gesamten Grundbesitz mit den Fabrikationsgebäuden hatte Barbara Siemann geerbt. Hartmut Erlenborn war nur als Eigentümer der kleinen Villa in Kessenich am Fuße des Venusberges in das Grundbuch eingetragen. Während sich die Grundschulden auf Barbaras Erbteil in Grenzen hielten, hatte Hartmut die Villa mit Hypotheken bis zum letzten Dachziegel belastet, um flüssige Mittel für seine ehrgeizigen Expansionspläne in die Hand zu bekommen. Mit der Erlenborn-Doppelkorn-Kampagne wollte er sich die Spitzenposition bei den klaren Markenspirituosen erzwingen, obwohl das Ziel nur dadurch erreicht werden konnte, daß den Konkurrenten die entsprechenden Marktanteile abgejagt wurden.
Marianne Richter hatte daran mitgearbeitet, die Werbekonzeption aufzubauen, aber es war ein Ding der Unmöglichkeit, bei einem Nettoumsatz von runden hundert Millionen Mark im Jahr einen Werbeetat von zwölf Millionen zu verkraften. Nur mit der Verfügbarkeit von Barbaras Erbe hätte diese Kraftanstrengung zwei oder drei Jahre durchgehalten werden können. Dann mußte der Umsatz auf 150 Millionen hochgepusht sein – oder die Firma war pleite.
Die Chancen auf sechs Richtige im Lotto schienen wahrscheinlicher als die Möglichkeit, daß Hartmuts Kalkulation aufgehen könnte. Selbst mit Barbaras Geld war es immer noch ein Vabanque-Spiel.
Vom Ergebnis der Besprechungen im Ministerium am Venusberg würde es abhängen, ob die Werbemasche mit dem Erlenborn-Biotopenschutz anlaufen konnte. Marianne wußte, daß Hartmut bereit war, alles auf eine Karte zu setzen, um Erfolg zu haben. Darum wartete sie gespannt auf seine Rückkehr.
Kurz vor zwölf brachte die Sekretärin einen Satz Tageszeitungen
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