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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Ergebnis war negativ, was ihre Unterhaltung etwas entspannter machte. So plauderten sie bis in die frühen Morgenstunden über ihre Erinnerungen an die USA.

4
    Volks und Zentrumspartei hatten hartnäckig darauf gedrungen, daß der Verfassungsausschuß des Reichstags die Hamilton-Affäre untersuchte. Der formelle Grund war der Wunsch, die in Expressen aufgestellten Behauptungen untersuchen zu lassen, die vorige Regierung habe sich des militärischen Nachrichtendienstes bedient, als wäre er eine parteipolitisch gelenkte Spionageorganisation. Ferner sollte geprüft werden, ob einzelne Minister ihre Befugnisse überschritten hatten.
    Der wahre Grund war vermutlich ein anderer, eher menschlicher. Von all den Personen, den Schurken, Politikern, Finanziers, Bürokraten, Paranoikern und Mythomanen, Polizisten und Sicherheitsleuten, die vor dem Verfassungsausschuß und vor laufenden Fernsehkameras vernommen worden waren, besaß selbstverständlich niemand die gleiche mythische Anziehungskraft wie »Schwedens James Bond«.
    Man wollte ihn einmal leibhaftig sehen, das war es. Und dieser Wunsch erwies sich als unwiderstehliche Kraft, die den Widerstand der Konservativen und der Sozialdemokraten schnell hatte erlahmen lassen. Beide widerstrebenden Parteien betonten, die Gelegenheit berge, was die Geheimhaltung angehe, allzu viele Gefahren, was das Verhältnis zu fremden Mächten und die Geheimnisse der Streitkräfte angehe. Die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokraten wurde natürlich dadurch eingeschränkt, daß es ihr Fehlverhalten war, das eventuell untersucht werden würde. Und die Konservativen konnten ihren bürgerlichen Koalitionspartnern allein nicht widerstehen, vor allem nicht, weil es eine Zeitlang so aussah, als würden sie sich absurderweise genötigt sehen, eventuelle sozialdemokratische Vergehen und Verbrechen zu verteidigen. Sogar die Versuche der beiden Parteien, die Verhöre hinter verschlossenen Türen stattfinden zu lassen, waren angesichts der allgemeinen Sensationsgier zum Scheitern verurteilt.
    Carl war nicht nervös. Er war vielmehr von Kampflust erfüllt und empfand beinahe Freude über das, was jetzt geschehen würde.
    Seine Gründe waren jedoch höchst privater Natur. Eva-Britt hatte die Nacht bei ihm verbracht. Es war eine schöne Nacht gewesen, und er fühlte sich ihr näher als je zuvor.
    Sobald er von dem kommenden Verhör vor dem Verfassungsausschuß erfahren und seine Instruktionen erhalten hatte, hatte er es ihr fast freudestrahlend erzählt. Denn all die Vertrauensbeweise, die er ihr unter Hinweis auf Befehle, Disziplin, Schweigepflicht und Gesetze verweigert hatte, würde sie jetzt erhalten. Tatsächlich hatte man ihm sogar befohlen, weitgehend die Wahrheit zu sagen, und er hatte sich entschlossen, in den Fernsehkameras ausschließlich Eva-Britt zu sehen. Sie hatte sich am Vormittag freigenommen und würde bei ihm zu Hause auf dem grünen Sofa sitzen. Ein paar Meter weiter, auf dem Fernsehschirm, würde er nun endlich all ihre Fragen beantworten können.
    Er zog sich fast feierlich an, und sie küßten sich lange, bevor er zu dem wartenden schwarzen Wagen hinunterging. Er sollte aus Sicherheitsgründen durch einen Hintereingang des Reichstagsgebäudes zum Sitzungssaal gehen.
    Die Zuschauertribünen waren dicht besetzt. Spannung und Erwartung hatten fast schon den Siedepunkt erreicht, als Carl pünktlich auf die Sekunde und von drei Sicherheitsbeamten umgeben durch einen Seiteneingang hereinkam. Er trug die Uniformmütze unter dem Arm, ging zu seinem Platz und streckte sich kurz vor den Mitgliedern des Ausschusses, die ihn anstarrten, als wäre er ein exotisches Tier. Dann setzte er sich.
    Der neuen Ordnung zufolge war es neuerdings die Opposition, die das Recht hatte, den Vorsitzenden des Verfassungsausschusses zu stellen Der Zufall hatte es gewollt, daß folglich der gleiche Vorsitzende dem Ausschuß vorsaß wie zur Zeit der sozialdemokratischen Regierung, derselbe Mann, dem immer noch der Wille fehlte, Sozialdemokraten ernsthaft ans Leder zu gehen.
    Er schlug mit dem Hammer leicht auf den Tisch und ließ zunächst routiniert ein paar Laute hören, damit das Gemurmel im Saal sich legte. Carl saß etwas angespannt und kerzengerade da, hatte die Beine übereinandergeschlagen und die Hände vor sich auf den Tisch gelegt.
    »Jaha… hm… äh…«, begann der Vorsitzende. »Wir können also mit der heutigen Vernehmung hier im Ausschuß beginnen. Wir begrüßen Fregattenkapitän Hamilton und heißen

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