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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ihn im Ausschuß willkommen. Zunächst möchte ich sagen, wie wir es allen hier sagen, daß… äh… falls Fregattenkapitän Hamilton selbst ein paar einleitende Worte sagen möchte, ist das in Ordnung.«
    Das ewige Lächeln des Vorsitzenden machte Carl etwas konsterniert, und es dauerte eine Sekunde, bis ihm aufgegangen war, daß der Mann nicht mehr sprach.
    »Nein danke, Herr Vorsitzender«, begann Carl etwas zögernd. »Ich sitze ja nicht als Angeklagter hier und empfinde erstens keinerlei Bedürfnis, ein paar einleitende Worte zu sagen. Und zweitens ist mir nicht ganz klar, was die geehrten Mitglieder des Ausschusses wissen wollen. Ich erwarte aber mit Respekt ihre Fragen, die ich so sorgfältig und wahrheitsgemäß wie möglich beantworten werde.«
    Jetzt war es am Vorsitzenden, sich etwas Zeit zu lassen, bis ihm aufging, daß der Ball jetzt wieder bei ihm gelandet war. Da er es auf dem Vernehmungsstuhl meist mit Politikerkollegen zu tun gehabt hatte, war er ganz auf lange Reden und Proklamationen eingestellt, bevor das eigentliche Verhör begann.
    »Ach so… ach nein, na schön«, begann der Vorsitzende erneut. »Gut, dann werde ich mit den Fragen beginnen. Sie sind also beim SSI angestellt, Fregattenkapitän Hamilton.«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Und Sie sind früher bei S-A-K gewesen?«
    »Verzeihung?«
    »Ja, S-A-K.«
    »Ach so, Sie meinen die Sicherheitsabteilung der Reichspolizeiführung? Ja, das ist richtig, ich bin dort angestellt gewesen.«
    »Welche Funktion hatten Sie bei S-A-K?«
    »Ich war für elektronische Datenverarbeitung und Bearbeitung bestimmter Register zuständig.«
    »Aha, das war also sozusagen eine rein intellektuelle Arbeit?«
    »Das hoffe ich.«
    »Und Ihre jetzige Position? Können Sie dazu etwas sagen?«
    »Ja, ich bin für die EDV- und Operationsabteilung beim SSI verantwortlich.«
    »Aha, und Ihr Dienst dort ist also geheim.«
    »Er ist es bis vor einiger Zeit gewesen. Jetzt könnte wohl niemand mehr behaupten, selbst beim allerbesten Willen nicht, daß meine Arbeit so geheim ist, wie sie vielleicht sein sollte.«
    Die Stimmung im Saal schlug ein wenig um. An einigen Stellen war ein unerwartetes Kichern zu hören, und Carl begann sich schon enttäuscht zu fühlen.
    »Darf ich dann weiterfragen, ob Sie beim Nachrichtendienst irgendwie das haben, was man international wohl das Recht zu töten nennt, und ob die Regierung irgendwie dafür verantwortlich ist?« fuhr der Vorsitzende fort, nachdem er eine Zeitlang in seinen Papieren gekramt hatte. Er lächelte immer noch beharrlich, aber sein Lächeln stand jetzt in starkem Gegensatz zu dem schnellen Stimmungsumschwung im Saal.
    »Sowohl Regierung als auch Reichstag sind für die Instruktionen der Streitkräfte verantwortlich. Soviel ich weiß, haben alle Waffengattungen das Recht zu töten. Zunächst läuft ja sogar die Grundausbildung von Wehrpflichtigen darauf hinaus. Diese Frage ist ziemlich selbstverständlich.«
    »Ja, aber ich meine in Friedenszeiten.«
    »Da befinden sich die operativen Teile des Nachrichtendienstes, bei denen ich tätig gewesen bin, in etwa der gleichen Lage wie die Küstenflotte oder die Maschinen der Luftüberwachung.«
    »Können Sie das näher erklären?«
    »Ja. Ein Seeoffizier meines Ranges kann, wenn er Kommandeur eines Schiffs ist, beispielsweise gezieltes Feuer auf fremde U-Boote auf schwedischem Territorium eröffnen. Ein Flieger hat nicht nur das Recht, sondern auch die Schuldigkeit, auf eine fremde Militärmaschine zu schießen, die schwedisches Territorium überfliegt und sich nicht abweisen läßt.«
    »Ja, aber das kann doch wohl nicht für den Nachrichtendienst gelten.«
    »Nein, natürlich nicht. Ich wollte nur zeigen, daß die Frage nicht so bemerkenswert ist, wie sie sich anhört, wenn Sie von einem besonderen Recht zu töten sprechen. Es ist kein Recht, es ist in bestimmten Situationen sogar eine Pflicht für schwedische Offiziere. Bei den operativen Sektionen des Nachrichtendienstes leben wir sozusagen in ständiger Mobilmachung. Wir leben nicht in dem gleichen selbstverständlichen Friedenszustand wie andere Teile der Streitkräfte. Unsere Verpflichtung, gezieltes Feuer zu eröffnen oder entsprechende Mittel einzusetzen, wird also davon bestimmt, was für Situationen entstehen können. Manchmal wird da die Pflicht und nicht das Recht begründet, zu Gewalt zu greifen.«
    »Sie haben in dieser Hinsicht also keine besonderen Befehle von der Regierung?«
    »Nein, keine anderen als die, die

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