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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Ausschußvorsitzende verzichtete auf weitere Fragen mit der Begründung, er finde es unpassend, in einem öffentlichen Verhör weitere Details ans Licht zu bringen, die seiner Ansicht nach geheimgehalten werden müßten. Überdies seien ihm schon einige substantielle Fragen eingefallen, die er Personen in höheren, verantwortlicheren Positionen stellen wolle, als sie, bei allem Respekt, ein Fregattenkapitän innehabe.
    Anschließend kam wieder der Jurist von der Zentrumspartei an die Reihe.
    »Ja, Herr Hamilton, Sie haben uns unleugbar erschreckende Einblicke in Ihre Gedankenwelt vermittelt. Ich kann wirklich nur hoffen, daß Sie für das schwedische Offizierskorps nicht sehr repräsentativ sind. Sie schrecken offenbar nicht davor zurück, Menschen zu ermorden, unter welchen Umständen auch immer. Habe ich das vorhin richtig verstanden, als Sie von dieser Flugzeugentführung berichteten, daß Sie eine Person mit einem Messer getötet haben, während Sie wie ein beliebiger friedlicher Fluggast in Ihrem Sessel saßen?«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Und wenn ich Ihre Gedankengänge richtig verstehe, sind Sie natürlich der Meinung, es habe sich auch dabei um Notwehr gehandelt?«
    »Auch das ist richtig.«
    »Und auch bei dieser anderen Person hat es nicht gereicht, ihr einen Schlag über den Schädel zu versetzen, sondern Sie mußten den armen Mann mit einem Messer erstechen, falls ich Sie richtig verstanden habe. Haben Sie angesichts Ihrer, wie ich annehme, sehr speziellen Ausbildung Möglichkeiten, Leute bewußtlos zu schlagen?«
    »Doch, natürlich. Aber nicht unbedingt dann, wenn ich im Sessel eines Flugzeugs sitze und den Sicherheitsgurt angelegt habe. Wie ich vorhin schon zu schildern versucht habe, saß ich relativ weit hinten in der Maschine, während die anderen Entführer sich weiter vorn befanden. Folglich hielt ich es für notwendig, zunächst diesen Entführer kampfunfähig zu machen, um anschließend gegen die anderen vorgehen zu können. Zum andern lag es in der Natur der Sache, daß dies ohne Lärm oder andere Störungen geschehen mußte.«
    »Es scheint Sie also nicht zu stören, einem Mitmenschen den Hals durchzuschneiden, denn das haben Sie offenbar getan?«
    »Doch, es stört mich in allerhöchstem Maß.«
    »Aber Sie haben dennoch nicht gezögert?«
    »Nicht in der Situation, von der wir gerade gesprochen haben. Wenn man im Verlauf einer Operation zu große Zweifel empfindet, sollte man um Versetzung in eine andere Abteilung des Nachrichtendienstes nachsuchen.«
    »Aber das haben Sie nicht getan?«
    »Ich bin für kürzere Zeit bei der Attachéabteilung des Generalstabs angestellt gewesen und habe jetzt einen reinen Bürojob, bei dem ich nur mit Computern arbeite. Und nach dem heutigen Tag werde ich nie mehr draußen im Feld arbeiten können.«
    »Sie meinen, nach dieser Vernehmung durch den Verfassungsausschuß?«
    »Ja, genau das.«
    »Sind Sie der Meinung, daß ein Offizier Befehle um jeden Preis befolgen muß?«
    »Nein, nicht um jeden Preis. Das hat der Nürnberger Prozeß gezeigt. Andererseits muß ich jedoch sagen, daß eine solche Situation in unserem Land nur schwer vorstellbar ist.«
    »Wenn Sie also Befehl erhielten, in Moskau einen schwedischen Spion zu ermorden, würden Sie sich demnach weigern, diesem Befehl zu folgen?«
    »Das ist eine hypothetische Frage.«
    »Ja, natürlich, so pflegen ja unsere hochverehrten Politikerkollegen zu antworten, und wenn ich es recht verstanden habe, haben Sie Befehl, alle Fragen zu beantworten, die nicht bestimmte Sicherheitsinteressen berühren, und zwar wahrheitsgemäß?«
    »Ja, das stimmt. Das versuche ich auch zu tun.«
    »Na schön, dann wiederhole ich meine Frage, ob hypothetisch oder nicht. Die Antwort kann für diejenigen, die dieses Land regieren, von gewissem Interesse sein. Wenn Sie also die Liebenswürdigkeit hätten, die Frage zu beantworten?«
    Carl sah sich gezwungen zu überlegen. Galt seine Schweigepflicht auch für hypothetische Fragen? Ihm ging auf, daß die Fernsehkameras immer näher kamen, je länger er zögerte. Und Eva-Britt sah ihm zu.
    »Wenn ich einen solchen Befehl erhielte, würde ich weder an Befehlsverweigerung noch an den Nürnberger Prozeß denken«, erwiderte er schließlich.
    »Aber Sie können noch immer nicht die Frage beantworten, ob Sie einen solchen Befehl erhalten haben, und gegebenenfalls von wem? Als Diplomat dürften Sie doch noch immer dem Außenministerium unterstellt sein?«
    »Nein, die Militärattachés

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