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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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die schwedische Außenpolitik zu kümmern.«
    »Nein, natürlich nicht, aber je bessere Verhandlungsangebote ich mitnehme, um so großer die Möglichkeit zur Zusammenarbeit. Es war eine rein praktische Frage.«
    »Dann lüg ihnen doch einfach etwas vor.«
    »Das will ich nicht.«
    »Ich dachte, das gehört zu deinem Job.«
    »Ja, manchmal. Manchmal nicht, und hier eben nicht.«
    »Etwas Persönliches?«
    »Ja, aber auch rein praktisch. Wie ich schon sagte, ich habe schon früher durch vage Versprechungen dieser Art Hilfe bekommen. Meine Glaubwürdigkeit wäre begrenzt.«
    »Okay. Biete ihnen zwei Dinge an. Einmal einen höheren PLO-Personalbestand in Stockholm, zum andern einen neuen schwedischen Vorstoß im Nordischen Rat über Handelshemmnisse gegenüber Israel.«
    »Kann ich beide Dinge versprechen?«
    »Nein, aber du kannst eine realistisch klingende Absichtserklärung abgeben.«
    »Was bedeutet das?«
    »Ich glaube, du mußt jetzt los, wenn du deine Maschine bekommen willst.«
    »Das eine ist eine echte Zusage, das andere nicht?«
    »Etwa so. Du fliegst über Berlin, glaube ich.«
    »Ost-Berlin?«
    »Ja, aber die Russen haben nicht die Absicht, dir Schwierigkeiten zu machen. Diese Geschichte ist buchstäblich und politisch gestorben.«
    »Wenn sie mich einem Spionageverdacht aussetzen, kann ich das nicht glauben.«
    »Woher weißt du, daß sie dahinterstecken?«
    »Die Engländer dürften sich das kaum ausgedacht haben.«
    »Wenn du nach Hause kommst, ist diese Geschichte bestimmt erledigt. Jetzt wünsche ich nur noch Weidmannsheil.«
    Peter Sorman hatte bei dieser letzten Äußerung ohne sichtbare Anzeichen von Irritation Carls Diplomatenpaß an sich genommen, die Sonnenreflexe auf dem Perserteppich überquert und war an die Tür gegangen, die er mit einer sehr deutlichen Geste öffnete.
    Carl ging zu ihm, und die beiden Männer verabschiedeten sich mit Handschlag. Carl erhielt seinen Paß und steckte ihn ohne Kommentar in die Gesäßtasche.
    »Und wenn du wieder da bist, können wir vielleicht mal ein paar Karateübungen machen«, lächelte Sorman, als er Carls Hand losließ.
    Carl erstarrte, als wäre sein Gesprächspartner plötzlich verrückt geworden. Carls verblüffte, fragende Miene mußte die folgende Erklärung erzwungen haben.
    »Ja, ich interessiere mich sehr für diesen Sport… habe den Schwarzen Gürtel… bin Vorsitzender im Reichsverband«, erklärte Sorman, der jetzt zum erstenmal so etwas wie Unsicherheit verriet.
    »Das würde ich für höchst unpassend halten. Aber ich schicke dem Wachposten da unten eine Liste, bevor ich abreise, eine Liste meiner Ausrüstung«, sagte Carl, lächelte kurz, drehte sich auf dem Absatz um und ging.
    Peter Sorman ging nachdenklich an seinen Schreibtisch und sammelte die Dokumentenstapel ein.
    Das Ganze war zumindest einen Versuch wert. Eine gerettete Geisel würde mindestens zwei kleine »Affären« im Wahlkampf aufwiegen. Er beschloß, von jetzt an Mittsommerurlaub zu haben und sich keine dienstlichen Sorgen mehr zu machen. Dennoch konnte er die Frage nicht beiseite schieben, was der junge Militär mit »höchst unpassend« gemeint hatte. Der Staatssekretär fühlte sich sogar leicht verletzt.
    Der Alte war tief in einem Ledersessel versunken. Nicht weit vom Trafalgar Square saß er in einem Zimmer, in dem er sich seit Jahren nicht mehr aufgehalten hatte. In London war es vier Uhr nachmittags, doch dem Alten saß noch der Zeitunterschied von acht Stunden gegenüber Kalifornien in den Knochen.
    Er fühlte sich todmüde, und es fiel ihm schwer, seine Gedanken zusammenzuhalten. Es gelang ihm nur mit Mühe, ein Gähnen zu unterdrücken.
    Sir Geoffrey war unzweifelhaft das genaue Gegenteil von Skip Harrier.
    Zunächst hatte Sir Geoffrey bestimmt und fast arrogant jeden Gedanken zurückgewiesen, TRISTAN könne absichtlich falsche Angaben geliefert haben, doch der Alte gab sich nicht damit zufrieden.
    Sie hatten mehrere Stunden in dem verräucherten Büro damit zugebracht, den gesamten TRISTAN-Bericht durchzugehen, soweit er Schweden betraf, und Sir Geoffrey hatte nicht gezögert, seinem schwedischen Kollegen eigene Vernehmungsbeamte zu schicken.
    Und als Sir Geoffrey jetzt absichtlich kaum merklich zur Uhr sah, mußte der Alte sich zu ein paar dramatischen Schritten entschließen, zu denen er vermutlich nicht befugt war, oder aber sich zurückziehen. In London wurde zwar nicht Mittsommer gefeiert, aber es war immerhin Freitagnachmittag, und Sir Geoffrey hatte schon

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