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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Jahre, nicht wahr?«
    »Einundzwanzig Jahre, um genau zu sein.«
    »Na schön, sagen wir einundzwanzig Jahre. Es ist nicht nur so, daß ich wegen der furchtbaren Konsequenzen des angeblichen Verrats besorgt bin. In meiner Situation wäre das jeder …«
    »Ohne jeden Zweifel… alter Knabe.«
    »Ich habe auch handfeste Beweise dafür, daß Coq Rouge kein Verräter ist. Ich will diesem TRISTAN also irgendwie ans Leder.«
    »Dürfte nicht ganz einfach sein. Er hat Asyl erhalten, Amnestie, eine neue Identität, Pension, alles, was dazugehört. Rein formaljuristisch so gut wie unantastbar. Ich brauche schon schrecklich gute Gründe, wenn ich ihm ein paar böse Jungs auf den Hals schicken will, wo er doch die Dankbarkeit einer ganzen Nation genießt, mit allem, was dazugehört. Du mußt mir wirklich etwas Konkretes bringen, denn sonst, fürchte ich, reicht nicht mal eine einundzwanzig Jahre alte Freundschaft.«
    »Du willst also erfahren, worum es geht? Sonst gebt ihr diesen TRISTAN nicht preis?«
    »Ganz genau.«
    »Das wird mein schlimmster Verstoß gegen die Schweigepflicht, den ich je begangen habe.«
    »Ich fürchte, dafür bekommst du nicht das Victoria-Kreuz. Aber, wie ich schon sagte, irgendwelche Aktionen gegen TRISTAN in seinem gegenwärtigen Status, mit gewährtem Asyl, allgemeiner politischer Anerkennung, das geht nur, wenn du uns überzeugen kannst.«
    »Was bedeutet ›uns‹?«
    »Mich.«
    »Ein mündlicher Bericht an dich, und danach nichts Schriftliches, was auf Abwege geraten könnte?«
    »Du weißt, daß eine solche Zusage lächerlich wäre. Mein Ehrenwort hast du natürlich. Machen wir einen kleinen Spaziergang?«
    Sie erhoben sich und gingen, ohne zu bezahlen. Das war so nach den Regeln des Clubs. Seit 113 Jahren war es noch nie zu der peinlichen Situation gekommen, daß jemand inmitten all dieser Ledersessel, der grünen Leselampen und der Messingbeschläge mit etwas so Vulgärem wie Geldscheinen geraschelt hatte. Die Rechnung ging gleichwohl diskret und mit großer Präzision an eine der geheimen Adressen des britischen Nachrichtendienstes.
    Es regnete in Strömen, und die Wettervorhersagen waren pessimistisch genug, um wie gewohnt eine Bedrohung des Tennisturniers in Wimbledon anzukündigen.
    Der Alte hatte, durch frühere London-Besuche klug geworden, einen eigenen Regenschirm mit, und die beiden Schirme bildeten so etwas wie einen gemeinsamen Schild gegen Einblicke und Richtmikrophone, und sobald ein Fremder nur noch fünf Meter entfernt war, verstummte das Gespräch.
    Der Alte brauchte etwa zehn Straßenblocks in langsamem Spaziergängertempo, um seinen alten Freund zu überzeugen. Die sowjetischen Verluste bei der Operation Big Red lagen irgendwo zwischen fünfzig und dreihundert Mann. Auch die konservativste Schätzung bedeutete für die Russen eine Katastrophe. Immerhin waren drei sowjetische Unterwasserbasen auf schwedischem Territorium gesprengt worden, und zuvor hatte Coq Rouge einen sowjetischen Überläufer nach Schweden gebracht, einen gewissen Gennadij Alexandrowitsch Koskow. Dieser war vagen sowjetischen Zeitungsberichten zufolge anschließend auf rätselhafte Weise »verschwunden«. Ein erheblicher Teil des KOSKOW-Berichts war überdies den britischen Kollegen zugegangen. Das war auch die Erklärung dafür, daß Schweden im Handelsaustausch mit den Briten in den letzten Jahren relativ viel hatte anbieten können. Allerdings ganz so strahlend war der Aufschwung nun auch wieder nicht gewesen. Es war ein einziges Unternehmen gewesen, mit dem der schwedische Geheimdienst alle Erkenntnisse gewonnen hatte, und besagter Coq Rouge, so der Alte, habe es durchgeführt.
    Koskows Wissen hatte also die Aktion gegen die drei Basen ermöglicht, die völlig zerstört worden waren.
    Welche politischen Konsequenzen sich daraus im Hinblick auf Glasnost ergaben, so der Alte, könne man nur vermuten. Die Sowjets mußten ein großes Interesse daran haben, die Geschichte unter allen Umständen nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Darüber hinaus sei es ihr Ziel, den schwedischen Nachrichtendienst nach Möglichkeit zu unterwandern, um die Einrichtung, die über dieses Wissen verfügte, in Mißkredit zu bringen, vor allem gegenüber den Politikern.
    Wenn man nun, fuhr der Alte fort, im Verhältnis dazu diesen Burschen TRISTAN betrachte, was habe dieser eigentlich verkauft?
    Drei kleine Fische in seinem eigenen kleinen Agentennetz und zwei GRU-Kollegen von Aeroflot in London.
    Natürlich seien

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