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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Silberfalke
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man ihm übertrug, langweilig und vorhersehbar waren, aber es gab auch immer genug Neues zu lernen, um ihn
bei der Stange zu halten. Wie Magnus vorhergesagt hatte,
machte Rondar Talon zu einem guten Reiter, und in den
nächsten Monaten entwickelte sich der Orosini zum besten
Schwertkämpfer auf der Insel. Das war allerdings eine etwas
fragwürdige Ehre, da die meisten Schüler auf der Insel der
Zauberer nur kurze Zeit mit dem Studium von Waffen zubrachten – oder überhaupt keine.
    Der Magieunterricht war seltsam. Talon verstand nicht
einmal die Hälfte dessen, was dort besprochen wurde, und er
schien keine natürliche Begabung für das Fach zu haben. Hin
und wieder hatte er ein seltsames Gefühl, kurz bevor ein Zauber bewirkt wurde, und als er das Magnus und Nakor erzählte,
verbrachten sie über eine Stunde damit, ihn in allen Einzelheiten nach diesem Gefühl zu befragen.
    Die amüsanteste Situation in diesen Wochen war Rondars Verliebtheit in ein neu eingetroffenes Mädchen namens Selena. Sie war eine heißblütige, schlanke junge Keshianerin, die Ashunta-Reiter schon aus Prinzip verachtete,
denn sie hatte sie als Kind häufig vor den Mauern ihrer
Stadt gesehen. Ihr Zorn über die Art, wie diese Leute Frauen behandelten, konzentrierte sich nun auf Rondar, als wäre
er allein schuld an den Werten und Bräuchen seiner Kultur.
Zuerst hatte Rondar angesichts ihres Zorns geschwiegen
und die spitzen Bemerkungen und Beleidigungen ignoriert.
Dann hatte er den Zorn erwidert und zu Talons und Demetrius’ Erheiterung sogar ein paar vollständige Sätze geäußert. Und dann hatte er sich gegen jede Vernunft in Selena
verliebt.
    Rondars Entschlossenheit, dieses Mädchen für sich zu gewinnen, bewirkte, dass Talon häufig still dasaß und sich auf
die Zunge beißen musste, um nicht laut zu lachen, wenn Demetrius Rondar erklärte, wie man einer Frau den Hof machte.
Talon wusste, dass auch er alles andere als ein Experte in diesen Dingen war, und er nahm an, dass das Mädchen dabei
erheblich mehr zu sagen hatte als der Junge, aber seine Erfahrung mit Lela und Meggie bewirkte immerhin, dass er mit
Mädchen ein wenig vertrauter war als Rondar und Demetrius.
Mit allen Mädchen außer Alysandra.
    Er fühlte sich seit Gabrielles Warnung nicht mehr so zu ihr
hingezogen; er fand sie immer noch attraktiv, aber auch irgendwie einschüchternd. Es war etwas Gefährliches an ihr,
und er fragte sich, ob er sich das nur einbildete oder ob es
wirklich riskant war, näheren Kontakt zu ihr zu haben.
    Er kam zu dem Schluss, dass die beste Lösung darin bestand, ihr aus dem Weg zu gehen, und wenn eine Situation
erforderte, dass sie zusammen waren, verhielt er sich höflich,
aber distanziert. Er fand so viele Ausreden wie möglich, um
sich von ihr fern halten zu können, bis er herausgefunden hatte, wie er wirklich empfand. Nakor und Magnus gaben ihm
ständig etwas Neues zu tun, und eines Nachmittags übertrugen sie ihm eine ausgesprochen seltsame Aufgabe. Nakor
brachte ihn oben auf einen kleinen Hügel, auf dem eine verkrüppelte Birke stand, beinahe abgestorben von irgendeiner
Krankheit, mit verrenkten Ästen und nur wenigen Blättern.
Nakor hatte Talon ein großes Stück Pergament gegeben, das
auf einen Holzrahmen gespannt war, und dann einen im Feuer
gehärteten kleinen Stab mit einer Holzkohlenspitze überreicht.
»Zeichne diesen Baum«, sagte er und ging davon, bevor Talon irgendetwas sagen konnte.
    Talon starrte den Baum lange an. Dann ging er zweimal
um ihn herum und betrachtete beinahe eine halbe Stunde das
leere Pergament.
    Dann bemerkte er eine Biegung unterhalb eines Zweiges,
wo sich ein Schatten bildete, der wie ein Fisch aussah. Er versuchte, das zu zeichnen.
    Drei Stunden später schaute er seine Zeichnung an, dann
wieder den Baum. Frustriert warf er das Pergament auf den
Boden. Er lehnte sich zurück, starrte zu den Wolken hoch, die
am Himmel entlangrasten, und ließ seine Gedanken schweifen. In den großen weißen Wolken ließen sich leicht Formen
erkennen: Gesichter, Tiere, eine Burgmauer.
    Seine Gedanken wanderten weiter, und bald bemerkte er,
dass er eingeschlafen war. Er war nicht sicher, wie lange er
gedöst hatte – wahrscheinlich nur ein paar Minuten aber
plötzlich wurde ihm etwas klar. Er setzte sich hin, sah sein
Pergament und dann den Baum an und begann hektisch mit
einer neuen Zeichnung links von der ursprünglichen. Diesmal
hielt er nicht inne, um nach Einzelheiten Ausschau

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