Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
Mutter.«
Miranda nickte und lächelte ihren Ältesten an. »Ich
habe meine Kinder immer geliebt, selbst als du gelernt
hast, Feuer zu machen, indem du mit einem Stock auf
etwas Brennbares zeigtest.«
Pug lachte. »Wie alt war er damals, drei?«
»Nicht ganz«, sagte Miranda. »Und damals hast du es
nicht für so komisch gehalten.«
»Weil er beinahe mein Arbeitszimmer niedergebrannt
hatte.«
Miranda umarmte ihren Sohn. »Ja, selbst als wir dich
ertränken und so tun wollten, als wärst du nie geboren,
haben wir dich geliebt, Magnus, so wie wir Caleb lieben.
Also ja, selbstverständlich möchte ich meine Jungen im
Auge behalten.«
Magnus erwiderte die Umarmung. »Diesmal bin ich
wirklich froh über die Aufmerksamkeit.« Er löste sich
von Miranda und griff nach seinem Stab, der an der
Wand lehnte. »Ihr wisst, wie ihr mich finden könnt, wenn
es notwendig ist«, sagte er und verschwand.
»Und jetzt kommt der schwierige Teil«, stellte Pug
fest.
Miranda nickte. »Warten.«
Kaspar nickte, als Pasko Pugs Botschaft vorlas.
Caleb war in das sichere Haus des Konklaves zurückgekehrt und hatte Amafi und den Jungen erzählt, dass
alles unter Kontrolle war; dann hatte er Pasko beiseite
genommen und ihm Pugs Anweisungen gegeben. Der
alte Diener war auf den Markt gegangen und hatte ein
paar Einkäufe gemacht. Als unzählige Diener nach ihrem
Morgeneinkauf wieder in den Palast zurückeilten, war er
ihnen einfach mit Waren gefolgt, die zu kaufen ihm sein
Herr angeblich früh an diesem Morgen aufgetragen hatte.
Pasko reichte Kaspar das Amulett, das Caleb ihm gegeben hatte, und der ehemalige Herzog betrachtete es
neugierig. »Hast du vielleicht eine kleine Kette?«, fragte
er Pasko. Sie standen auf dem Balkon ihrer Gemächer
und sahen sich immer wieder aufmerksam um.
Pasko hob den Finger. »Bei meinen Sachen. Einen
Augenblick.« Er kehrte kurz darauf mit einer schlichten
Goldkette zurück und sagte: »Wenn man Adligen wie
dem jungen Talwin dient, sammelt man im Lauf der Jahre einiges an. Man weiß nie, wann etwas nützlich sein
könnte.« Er reichte Kaspar die Kette, der sie durch das
kleine Loch in dem Amulett fädelte. Dann befestigte er
sie mit Paskos Hilfe an seinem Hals.
»Und was steht heute auf dem Plan?«, fragte Pasko,
der zwei Tage nicht im Palast gewesen war.
»Die üblichen Empfänge und Essen und die erste große Gala des Banapis-Fests.«
»Glaubt Ihr«, fragte Pasko, »dass Varen bald zuschlagen wird? Es sind nur noch zwei Tage bis Mittsommer.«
Kaspar zuckte die Achseln. »Als er in meiner Zitadelle
wohnte, hat Varen beinahe alle öffentlichen Anlässe
ignoriert, es sei denn, ich habe ihn ausdrücklich aufgefordert zu erscheinen. Er hat sich nicht für die gesellschaftliche Seite der Dinge interessiert. Wahrscheinlich
schleicht er in den unteren Bereichen des Palasts herum,
als Rattenfänger oder Latrinenputzer verkleidet, und hinterlässt dort Zauber, die uns alle in einem einzigen Augenblick vernichten werden.«
»Caleb sagte, sein Vater sei überzeugt, dass Varen eine hohe Stellung hier im Palast hat, eine, in der er das
Land schnell in eine Krise treiben kann.«
»Pug irrt sich vielleicht«, erwiderte Kaspar. »Er ist ein
sehr mächtiger Mann und ein kluger Bursche, aber ich
bin sicher, er wäre der Erste, der zugeben würde, dass er
auch schon Fehler gemacht hat. Nein, vermutlich ist Varen der Koch, der das Festmahl heute Abend vergiftet,
und morgen könnten wir alle tot sein.« Kaspar tippte sich
ans Kinn. »Es sei denn …«
»Es sei denn was?«
»Es sei denn, er bittet um eine Audienz …«Er wandte
sich Pasko zu. »Könnte das möglich sein?«
»Könnte was möglich sein?«, fragte der alte Diener
verwirrt.
»Ich habe eine Idee. Sie ist ziemlich weit hergeholt,
aber Pug sollte davon erfahren. Wir treffen uns am besten
…« Wieder sah er Pasko an. »Schick Caleb eine Botschaft, dass ich ihn sehen muss. Ich werde um die Mittagszeit in diesem Gasthaus sein.«
Pasko nickte, eilte davon, und Kaspar blieb allein auf
dem Balkon zurück, wo er weiter über das nachdachte,
was, wie er erkannte, wohl die gewagteste aller Theorien
war, aber die einzige, die zu allen Kriterien passte, über
die sie im Zusammenhang mit Varens Aufenthalt hier in
Kesh gesprochen hatten.
Er blieb noch etwa eine Stunde stehen, ging alles, was
er wusste und fürchtete, noch einmal durch, und je länger
er über die Frage nachdachte, desto sicherer wurde er,
dass er Recht hatte.
»Du bist
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