Feist Raymond E. - Krondor Saga 01
in der Nähe des
hinteren Tors der Burg zurückgelassen. Beinahe
einen ganzen Tag lang war er verschwunden.
Dann erklang ein lautes Geräusch aus der Tiefe
der Erde, und dann sahen wir etwas Schreckliches
auf den Zinnen der Burg.«
Moraeulf packte eine der Wachen unwirsch am
Hemd. »Sag mir, was du gesehen hast!«
Der andere sprach jetzt. »Wir haben Euren
Vater auf den Zinnen gesehen, und bei ihm war
Murmandamus. Ich weiß, dass er es war, denn er
trug kein Hemd, und die Drachennarbe war zu
sehen. Er war mager, als hätte er gehungert, und
blass, als wäre er unter der Erde gewesen, aber
er war es. Daran konnte es keinen Zweifel geben.
Er rief, und wir konnten seine Stimme hören, die
mit Hilfe von Magie zu uns drang, wie es vor zehn
Jahren gewesen war, und es war eindeutig seine
Stimme.«
»Jawohl«, bestätigte der Erste. »Es war Murmandamus. Und zwischen ihm und Eurem Vater stand
der Menschenprinz Arutha. Er war ihr Gefangener. Murmandamus sagte, er würde jetzt endlich
die Prophezeiung erfüllen und das Leben des
Herrschers des Westens beenden, aber als er die
Klinge hob …«
»Was dann?«, rief Moraeulf ungeduldig und
schlug den Krieger so hart, dass er zu Boden fiel.
»Bei deinem Leben, sag es mir«, befahl er dem anderen.
»Mylord, hinter ihm erhob sich eine riesige
Drachin, ein Wesen, wie es noch kein Lebender
gesehen hat. Sie strahlte in hellem Licht und war
von Regenbogen umgeben, und auf ihrem Rücken
ritt ein schwarz gekleideter Magier. Er rief, dass
Murmandamus ein falscher Prophet wäre und
dass auch die Prophezeiung falsch wäre, und dann
spuckte die Drachin Feuer, und es wurde so heiß,
dass wir die Hitze auf dem Boden unter unseren
Füßen spüren konnten.
Euer Vater und Murmandamus vertrockneten
vor unseren Augen, sie verwandelten sich in Asche,
die dann von den Winden zerstreut wurde. Doch
der Herrscher des Westens, der Menschenprinz
Arutha, blieb bei alldem unverletzt!«
Moraeulf heulte vor Wut auf und schlug auch
diesen Mann nieder. »Verflucht seien alle Magier
und Propheten!«
Er besaß noch ein halbes Dutzend Krieger und
die beiden Wachen seines Vaters. »Gebt folgenden
Befehl weiter«, sagte er. »Wir kehren nach Norden
zurück. Der Wahnsinn hat ein Ende.«
Die acht Moredhel eilten davon, um die Nachricht zu verbreiten.
Moraeulf wandte sich um; er wollte nach
Norden, zu seinem Hauptlager. Er war kaum ein
paar Schritte gegangen, da trat ein Schatten aus
der Düsternis und fragte: »Mylord?«
»Was ist?«, fragte Moraeulf. Zu spät begriff er,
dass er die Person kannte, die sich ihm näherte, und gleichzeitig mit der Erkenntnis kam der
Schmerz, als Narab dem Sohn seines Feindes den
Dolch in die Brust trieb.
Moraeulf sank auf die Knie, den Mund vor Erstaunen weit aufgerissen, dann fiel er zu Boden.
Von weiter hinten erklang eine Stimme: »Wir haben unseren Teil der Abmachung erfüllt.«
Narab drehte sich um. »Ich werde meinen ebenfalls erfüllen.«
Martin Langbogen und seine Elben tauchten
auf. »Meine Familie ist gerächt, und ich werde
mein Volk nach Hause führen«, sagte Narab.
»Wir werden niemanden von Euch belästigen,
solange Ihr in Richtung Norden zieht«, erklärte der
Herzog von Crydee. »Doch kehrt niemals in den
Süden zurück.«
»Liallan und ihre Schneeleoparden und mein
eigener Clan haben jetzt die Macht im Norden.
Solange wir herrschen, werden wir unsere Seite
der Berge nicht verlassen«, versprach Narab. Dann
deutete er auf Martin und die Elben. »Und auch
Ihr würdet gut daran tun, auf Eurer Seite zu bleiben.«
Er wandte sich um und verschwand, und Martin
sah seine Begleiter an. »Gehen wir nach Sethanon
und finden wir heraus, welches Geheimnis hinter
dem steckt, was wir soeben gehört haben. Es würde mir gefallen, Pug zu sehen und herauszufinden,
wie es dazu kam, dass Murmandamus gerade lang
genug aus seinem Grab auferstanden ist, um erneut getötet werden zu können.«
Der Elb, zu dem er gesprochen hatte, nickte;
seine Miene verbarg die eigene Neugier. Martin
machte sich in Richtung Süden auf. »Wenigstens
findet mein Bruder, wenn er herkommt, das
Königreich noch intakt vor. Ich nehme an, das
wird ihm gefallen.«
Martin Langbogen, Bruder eines Prinzen und
eines Königs, schulterte die Waffe, der er seinen
Beinamen verdankte, und stimmte eine namenlose
Melodie an. Er kannte noch keine Einzelheiten,
aber er wusste, dass sie gewonnen hatten und dass
es zunächst einmal wieder eine Zukunft für seine
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