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Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
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stieg in ihr auf. Wer sonst noch stand im Dienst ihrer Großmutter? Wie viel wusste sie? Hatte das sonderbare Verhalten von Felicitys Vater auch damit zu tun? Was hatte die Alte vor?
    Felicity fand den Gedanken, eine Figur in einer Geschichte zu sein, die in der Wirklichkeit spielte, einigermaßen beunruhigend. Was bedeutete das genau? Dass nicht mehr sie selbst darüber bestimmte, was sie tat oder nicht tat? Manchmal, wenn sie so auf der Straße ging, überlegte sie, ob ihre Schritte von ihr gewollt waren oder ob nicht vielmehr die Geschichte ihres Großvaters sie lenkte. Sie hatte jetzt immer stärker das Gefühl, umzingelt zu sein; überall um sie herum lauerten Gefahren, und sie rückten näher.

DRITTES BUCH
Frühling



Siebzehntes Kapitel
    N
   ach und nach wurde es Frühling. Die Schneeglöckchen waren gekommen und gegangen, jetzt streckten überall Osterglocken und Krokusse hoffnungsvoll ihre Köpfe aus dem Boden. Felicity konnte ihren Optimismus nicht teilen. Sie merkte, dass es immer schwieriger wurde, von zu Hause wegzukommen: Ihre Großmutter schien entschlossen zu sein, sie von ihren Freunden fernzuhalten.
    Kaum hatte Felicity die eine Arbeit im Haushalt erledigt, trug die alte Dame ihr auch schon die nächste auf. Hin und wieder versuchte das Mädchen, sich fortzuschleichen, aber die Großmutter hatte ein erstaunlich feines Gehör und erschien jedes Mal lautlos wie ein bösartiger Wind, bevor Felicity die Haustür erreichte.
    »Es ist nur zu deinem Besten, mein Kind«, pflegte sie zu sagen. Und Felicity fügte sich schweigend ihren Anordnungen, auch weil sie ihre Mutter nicht im Stich lassen wollte, der ihre Schwangerschaft zunehmend Beschwerden verursachte. Sie bewegte sich schwerfällig und mühsam und sie litt unter Schlaflosigkeit.
    »Oh, so was Dummes!«, rief Mrs Gallant aus, als ihr die Teedose herunterfiel. Felicity holte flink Besen und Kehrblech, um die auf dem Boden verstreuten Teeblätter zusammenzukehren.
    »Mach schnell, Kindchen«, befahl die Großmutter. »Du erwartest ja wohl nicht, dass deine Mutter diese Schweinerei selbst beseitigt.« Sie wandte sich an die Mutter. »Du musst dich schonen, meine Liebe. Setz dich ins Wohnzimmer und ruh dich aus. Felicity bringt dir einen Kamillentee.«
    »Tut mir leid.« Die Mutter seufzte. »So eine Schwangerschaft ist wirklich ein Kreuz. Man wird so tollpatschig. Und dann kann man sich nicht mal bücken, um die Sachen wieder aufzusammeln.«
    »Das ist doch nur eine Kleinigkeit, kein Grund zur Aufregung«, sagte Felicity tröstend, ohne ihre Großmutter zu beachten.
    So blieb Felicity die ganze Zeit zu Hause, immer in dem Bewusstsein, dass sie alles tun musste, um ihre Großmutter bei Laune zu halten – die Sicherheit der ganzen Familie hing davon ab. Sie dachte an das Baby in Mamas Bauch und versuchte vergeblich, sich vorzustellen, wie das Leben mit dem Brüderchen oder Schwesterchen wohl sein würde. Manchmal wünschte sie sich, sie könnte sich mehr darauf freuen, aber es blieb immer irgendwie unwirklich.
    Wenigstens war das Leben in der Priory Bay für sie leichter geworden. Seit Jeb öfter vor dem Schultor auf sie wartete, waren viele der Mädchen deutlich freundlicher zu ihr.
    »Das hätte ich dir früher nie zugetraut«, sagte eine voller Hochachtung.
    Auch die neuen Sachen, die Alice geschickt hatte, trugen ihren Teil dazu bei. Dank der Großzügigkeit ihrer Freundin war Felicity jetzt immer schick gekleidet. Ihr Lieblingsstück war zurzeit ein kariertes Trägerkleid, zu dem sie einen cremefarbenen Rollkragenpullover und ihre schwarzen Lackschuhe trug. Es war eigentlich verrückt, fand sie, mit wie viel Selbstvertrauen man in einen neuen Tag ging, wenn man wusste, was man am Morgen anziehen wollte.
    Die Angst davor, in der Schule gehänselt werden, machte ihr nicht mehr zu schaffen, viel mehr beschäftigten sie die Sorge, ihre Familie vor einer bösartigen Hexe zu beschützen, und ihre Rolle in einer Geschichte, von der sie nicht wusste, wie sie ausgehen würde.
    Felicity, Henry und Martha hatten jede freie Minute darauf verwendet, all die Legenden zu sichten, die über die Herrin der Sturmwolke und die Hüterin der Winde in Umlauf waren. Martha war felsenfest davon überzeugt, dass eine gute Vorbereitung der Schlüssel zum Erfolg war. Aber die Arbeit ging nur langsam voran, und jedes neue Detail, das sie entdeckten, ließ das Gesamtbild nur noch bedrohlicher erscheinen. Felicity bezweifelte, dass all die Mühe ihnen etwas nützen

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