Felidae Metamorphosis (German Edition)
er sie genötigt hatte, ihr Geheimnis vor dem Sheriff preiszugeben, schmollte sie. Sie war einsilbig und machte ihm dadurch klar, was sie davon hielt. Natürlich, auf Dauer würde sie das weder durchhalten können, noch wollen. Doch einige Minuten lang hatte er das verdient.
Entweder begriff ihr Onkel Jim das nicht oder – wovon sie ausging, da er ein intelligenter Mensch war – er tat so, als bemerke er es nicht. Indem er die schlechte Stimmung leugnete, bereinigte er sie allmählich.
„Richard ist vielleicht ein etwas seltsamer Kauz, aber er ist einer der ehrenwertesten Menschen, denen ich je begegnet bin. Lieber würde er sich die Zunge abschneiden, als dich zu verraten.“
Keine Antwort. Nur eisiges Schweigen. Sie dachte nicht daran, ihm so schnell zu verzeihen.
„Ich denke, du solltest es Christine ebenfalls zeigen …“
„Jim!“ Fast hätte sie vor Schreck abrupt aufs Bremspedal getreten. „Willst du nicht gleich einen Film davon machen und ihn ins Internet stellen?“
Erst jetzt entdeckte sie sein breites Grinsen, das fast von einem Ohr bis zum anderen zu reichen schien. Nur mühsam konnte er sein Lachen zurückhalten. Natürlich sollte sie Anderson nicht zeigen, was sie konnte. Das wäre des Guten dann doch ein wenig zu viel gewesen.
Obwohl Felicia gerne noch ein wenig geschmollt hätte – schon aus Prinzip –, sie schaffte es nicht.
„Du bist doof“, sagte sie und hatte ihm längst verziehen.
„Willkommen im Club.“ Sofort wurde er wieder ernst. „Keine Sorge, ich wusste, was ich tue. Richard steht auf unserer Seite. Da stand er schon immer. Er braucht jetzt zwar ein bisschen Zeit, zu begreifen, was er gesehen hat.“
Skeptisch sah sie ihn an. Felicia war davon ganz und gar nicht überzeugt.
„Wir haben ihn in ein Geheimnis eingeweiht“, erläuterte er. „Das schmeichelt ihm, und er wird es uns danken.“
Gerne hätte sie ihm das geglaubt. Doch sie kannte Sheriff Wilkins zu wenig, um ihm zu vertrauen. Außerdem hatte sie gelernt, eher das Schlimmste von den Menschen zu erwarten. Zu oft war sie von ihnen enttäuscht worden.
„Aber Christine …“ Fast höhnisch grinste er.
„Du traust ihr nicht?“
„Nur sehr bedingt“, gab er zu. Seinem Tonfall zufolge war das ein dickes, fettes Nein!
„Trotzdem hast du ihr deine Praxis vermietet?“
„Sie war die Einzige, die sich darum beworben hat. Hast du eine Ahnung, wie viele Ärzte auf ein Dorf wollen?“ Vielsagend rollte er die Augen.
Nein, hatte sie nicht. Doch sie versuchte es sich vorzustellen.
„Hausbesuche rechnen sich kaum. Also bleibt man lieber in der Großstadt, wird Mode-Doc und spritzt Botox … Ein Leben mit weniger Arbeit und deutlich mehr Geld.“
„Deshalb also willst du, dass ich Ärztin werde …“ Felicias Stimme schwoll theatralisch an. „Du willst, dass ich von der Hand in den Mund lebe …“
So scherzhaft ihre Aussage auch gemeint war, McArthur konnte ihre Belustigung nicht teilen. Er schien es sich tatsächlich zur Aufgabe gemacht zu haben, für einen Nachfolger zu sorgen, der den Dienst in seinem Sinne weiterführte.
Oder eine Nachfolgerin …
„Wie du siehst, ich bin nicht verhungert“, stellte er vom Beifahrersitz aus fest. „Aber du weißt, ich habe keine Yacht und keine Ferienvilla auf den Seychellen.“
„Dort ist es sowieso zu heiß“, zwinkerte sie ihm zu. Sie hegte solche Bedürfnisse ebenfalls nicht. Hätte sie sie gehabt, sie hätte beides längst besessen. Seit ihrem einundzwanzigsten Geburtstag konnte Felicia uneingeschränkt über ihr Erbe verfügen. Entgegen aller Befürchtungen war sie davon nicht überfordert worden, sondern hatte ihre Bodenhaftung behalten.
„Wie ich dich kenne, wirst du heute Nacht natürlich nicht zu Hause bleiben“, wechselte er das Thema, bevor er noch in Versuchung geriet, sich Geld von ihr zu leihen.
Nachdenklich presste Felicia ihre Lippen aufeinander. „Genau diese Frage stelle ich mir selbst.“
„Wenn die wirklich den Wald durchkämmen …“ Er winkte ab und wusste, alles in ihr verlangte danach, den wahren Täter zu finden, und sei es nur, um den latenten Vorwurf gegen sich selbst zu entkräften. „Aber natürlich kann ich dich zu nichts zwingen. Ich kenne deinen Starrkopf. Roger war genauso.“
Stumm nickte sie zur Bestätigung. Sie hatte ihren Vater niemals so erlebt, auch nicht gegenüber anderen. Er musste diesen Charakterzug in jener Nacht abgelegt haben, in der er getötet hatte, Vater geworden war und selbst gestorben
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