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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Ich öffnete den Mund, um zu sagen: »Ich komme mit dir«, aber Pen war nicht mehr da. Natürlich, deshalb hatte die Tür geschlagen. Sie hatte mich bereits verlassen.
    Aber das war jetzt nicht das Thema, oder? Pen ging es gut, denn sie war unterwegs, um Rafi zu besuchen, und Asmodeus – der größte Teil von Asmodeus – hielt sich woanders auf. Also was war das Problem? Weshalb hatte ich das Gefühl, als gebe es etwas, das ich zu tun unterlassen hatte, das ich jedoch schnellstens erledigen musste, ohne weitere Zeit zu vergeuden? Und wenn ich mir dieses Gefühl der Dringlichkeit bewusst machte, weshalb saß und lag ich noch immer halb auf der Couch, während mein Kopf wie ein nutzloses Gewicht von meinen Schultern herabhing und den Fußboden anstarrte?
    Diesmal gelang es mir, mich aufzurichten, obgleich der Fußboden in alle Richtung gleichzeitig zu kippen schien und versuchte, mich erneut umzuwerfen. Ich suchte in den Taschen nach Matts Autoschlüsseln. Sie waren nicht dort. Vielleicht hatte ich sie im Wagen gelassen. Wo hatte ich den Wagen abgestellt? Ich musste jemanden treffen. Juliet. Ich musste mich mit Juliet treffen und ihr mitteilen, wo sie Rafi an einem Samstag antreffen könnte.
    Raus in die Diele. Wohin jetzt? Entweder nach links oder nach rechts, denn andere Richtungen standen nicht zur Auswahl. Außer abwärts, das hatte ich vergessen. Aber gegen abwärts gab es ein unerklärliches Vorurteil. Abwärts war erstaunlich. Sobald man es einmal versucht hatte, war es verdammt schwierig, wieder nach oben zu kommen.
    Ich lag ausgestreckt auf der Treppe, gekreuzigt auf einem Teppich, der kein Muster mehr besaß, weil die Sonne die Fäden zu einem einheitlichen blassen Goldton ausgeblichen hatte. Er roch nach Schimmel und ganz schwach nach Estragon, nicht gerade eine Mischung, die mir gefallen hätte. Ich konnte mich noch nicht einmal daran erinnern, mich entschlossen zu haben, nach oben zu steigen, daher richtete ich mich wieder auf, lehnte mich so weit wie möglich zurück und fiel wieder die Treppe hinab. In Krisenzeiten muss man Entschlusskraft beweisen, sonst laufen die Leute über einen hinweg.
    Während ich auf dem Rücken im Flur lag, sah ich, wie die Tür aufging und ein Paar glänzender schwarzer Schuhe auf mich zukam, offensichtlich liefen sie an der Decke. Eine Männerstimme sagte ein einziges Wort. Scheibe? Scheiße? Scheitel? Dann drängte sich ein großes Gesicht in meinen Sehbereich wie ein Mond, der mitten am Tag aufging. Es war ein nettes Gesicht, aber keines, das ich kannte.
    »Tut irgendetwas weh?«, fragten seine Lippen. Ein oder zwei Sekunden später überrollte mich der Ton wie eine träge dahingleitende Woge. Ich schüttelte nahezu unmerklich den Kopf.
    »Gibt es irgendein Teil an Ihnen, das Sie nicht bewegen können?«
    Das hätte mich zum Lachen gebracht, wenn ich mich daran hätte erinnern können, wie Lachen funktionierte. Es gab nichts, was ich in diesem Moment hätte bewegen können. Vielleicht einen Finger, ich versuchte es krampfhaft.
    Der Typ fing an, mich auf unangemessene Weise anzufassen. Er betastete meinen Hals und meine Wangen, zog die Augenlider herunter, damit er mir in die Augen schauen konnte, und öffnete schließlich meinen Mund und blickte mir mit Hilfe einer Taschenlampe in den Hals. Es war keine Arztlampe, sondern eine Mag-Lite-Taschenlampe, fast einen halben Meter lang, die er irgendwo unter Pens Küchenspüle oder an irgendeinem anderen ungesunden Ort gefunden hatte.
    »Verdammtes Arschloch«, sagte ich. Oder ich versuchte, es zu sagen. Wahrscheinlich brachte ich es nicht zustande, weil er in keiner Weise reagierte, als hätte er mich auch nur vage verstanden. Er entfernte sich und kam wieder zurück, ein- oder zweimal. Dann stellte er neben mir eine Tasche auf den Teppich und beugte sich wieder über mich.
    »Haben Sie irgendwelche alten Verletzungen?«, wollte er von mir wissen. »Wunden, meine ich. Wunden, die vielleicht noch frisch und offen sind?«
    Nun, das fiel unter die ärztliche Schweigepflicht, daher war es okay, wenn ich darauf antwortete. Aber meine Zähne pressten sich aufeinander und wollten sich nicht voneinander lösen. Gleich kommt er, gleich ist er da, dachte ich. Ein zusammenhängender Satz entstand und wollte raus. Aber die Worte fielen nicht auf den Bluff herein, und nichts geschah. Ich schaffte es, die Augen in Richtung meiner Schulter zu verdrehen. Es war ein minimalistischer Hinweis, aber er schien ihn zu verstehen. Er knöpfte meinen

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