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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Sekunden von der Bewusstlosigkeit entfernt gewesen sein, woraufhin alle Wetten beendet worden wären und ich zweifellos ebenfalls. Aber plötzlich erschien hinter Rafi eine größere, stämmigere Gestalt, und ein muskulöser schwarzer Arm legte sich um seinen Hals. Es war Paul. Er sah angespannt und blass aus, was kaum überraschte, aber seine Aktionen waren durchdacht und wirkungsvoll. Er setzte sein höheres Gewicht und seine größere Kraft ein, um Rafi nach hinten zu ziehen, bis sich sein Griff um meinen Hals lockerte. Rafi zischte und riss die Hände hoch, um sich zu befreien.
    Schwach und benommen, wie ich war, zwang ich mich zu handeln, denn es sah nicht danach aus, als bekäme ich eine zweite Chance. Ich rollte mich zur Seite, verlagerte mein Gewicht, um Rafi noch mehr aus dem Gleichgewicht zu bringen, und schlug ihm gleichzeitig mit aller verfügbaren Kraft auf die Kinnspitze. Ins Schwanken gebracht, entglitt er seitwärts Pauls Händen, und wir wurden beide getrennt.
    Ich wandte mich mit erhobenen Armen um, bereit, mich gegen einen erneuten Angriff zu verteidigen, aber was auch immer gerade mit Rafi geschah, bewirkte, dass er mich total vergaß. Er lag immer noch auf dem Fußboden, und ein ständiges auf und ab schwellendes Geheul der Qual und Verzweiflung drang aus seinem weit aufgerissenen Mund. Es war, als hätte er meinen Treffer überhaupt nicht wahrgenommen. Was immer ihm gerade Schmerzen zufügte, hatte absolut nichts mit mir zu tun.
    Paul kniete neben Rafi und fühlte ihm den Puls. Er schob Rafis Lider hoch und inspizierte seine Augen, dann dehnte er die Untersuchung auch auf Zahnfleisch und Zähne aus – womit er ein Risiko einging, das ich um jeden Preis vermieden hätte. Rafi heulte Paul direkt ins Gesicht. Er schien unsere Anwesenheit vergessen zu haben.
    Zwei weitere Krankenpfleger beugten sich über uns und betrachteten Rafi, als überlegten sie, wo es am ungefährlichsten wäre, ihn festzuhalten. Paul schaute hoch, erblickte sie und deutete in die Zelle. »Karen!«, rief er und übertönte Rafis unmenschlichen Klagegesang. »Sie ist noch dort drin. Holt sie raus!« Sie nahmen Haltung an wie Soldaten, machten kehrt und betraten die Zelle.
    Von dort, wo ich kniete, hatte ich einen ungehinderten Blick durch die Türöffnung. Ich sah die beiden Männer neben der gestürzten Krankenschwester auf die Knie sinken. Einer von ihnen legte eine Hand auf ihre Stirn. Ich sah, wie sie sich bewegte und vor der Berührung zurückzuckte. Sie war verletzt, vielleicht sogar schwer, aber sie war nicht tot. Hin- und hergerissen zwischen Erleichterung und einem verzögerten Schock, machte sich in meinen Eingeweiden eine Übelkeit breit, die mich ausfüllte wie eine säuerliche Gaswolke. Ich knickte nach vorn ein und übergab mich. Danach dauerte es einige Sekunden, ehe ich wieder etwas von meiner Umgebung erkennen konnte.
    Als Erstes stellte ich fest, dass Rafis durchdringendes Heulen abrupt verstummt war und totale Stille herrschte. Pen hielt ihn in den Armen, und Paul kniete neben ihr, hatte den Zeigefinger wieder auf Rafis nacktes Handgelenk gelegt und runzelte nachdenklich die Stirn.
    Doktor Webb näherte sich uns mit einer gewissen Vorsicht und betrachtete die Schweinerei, die ich auf dem Teppich hinterlassen hatte. Dann wanderte sein Blick zu Rafi, dessen Kopf in Pens Schoß lag, während sie beruhigende Worte murmelte und ihm das schweißnasse Haar aus der Stirn strich. Rafi schien jetzt zu schlafen – es war ein Schlaf der Erschöpfung, und seine Brust hob und senkte sich unter seinen langen, tiefen Atemzügen. Trotzdem blickte Webb immer wieder misstrauisch zu ihm hinüber, während er seinem Personal knappe Befehle gab, aufzuräumen und die alte Ordnung wiederherzustellen.
    Ich stand mit immer noch zitternden Beinen auf und zog meinen zerknautschten Hemdkragen zurecht, wofür sich mein ähnlich zerknautschter Hals mit heftigen Schmerzen bedankte. »Wodurch wurde das Ganze in Gang gesetzt?«, wollte ich von Webb wissen. Meine Stimme klang heiser und matt.
    Er schnaubte verächtlich. »Durch nichts«, sagte er. »Durch überhaupt nichts. Karen und Paul gingen hinein, um ihm sein Abendessen zu bringen, und er stürzte sich auf sie. Zuerst war er völlig ruhig, und plötzlich – nun ja, Sie haben es selbst gesehen. Er begann zu brüllen, und als Karen ihn beruhigen wollte, schlug er sie. Wir können von Glück reden, dass sie nicht getötet wurde.«
    Ich nickte stumm. Ich wusste nicht, was ich darauf

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