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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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eigentliche Charles Stanger Ende der 1940er ermordet hatte – ehe man ihn zu lebenslänglich verurteilt und in die Institution gebracht hatte, die nun seinen Namen trug. Sie waren für die nächsten sechzig Jahre an die Steine der alten Hütten gekettet gewesen wie eingesperrte Wachhunde. Die meisten Geister waren an einen speziellen Ort gefesselt, meistens an den Ort, an dem sie starben. Es war eine grausame Ironie, dass sie in diesem Fall auch noch dazu verurteilt waren, sich für alle Ewigkeit den Platz mit geisteskranken Kriminellen teilen zu müssen – oder zumindest so lange, wie das Stanger existieren würde. Aber vor ungefähr einem Jahr hatte ich ihnen ein privates Konzert gegeben und ihnen auf meiner Tin Whistle ein Fragment eines Exorzismus’ in diesem Garten vorgespielt, so dass sie, obgleich sie von dem Ort nicht verbannt worden waren, fähig waren, ihn jederzeit aus freiem Willen zu verlassen. Seitdem hatte ich Gerüchte von Sichtungen in Gegenden so weit ab vom Schuss wie Trocadero oder Shadwell Stair gehört, jedoch benutzten sie das Stanger immer noch als Basis. Ich vermute, sie hatten sich mittlerweile an den Ort gewöhnt. Nach einem halben Jahrhundert war er so etwas wie ihr Zuhause geworden. Ich erwartete ständig, dass sie weiterziehen würden – ich meine, an den Ort, der auf einen wartete, wenn diese Welt einen nicht mehr haben wollte –, aber offensichtlich hatten sie sich noch nicht zu diesem letzten unausweichlichen Schritt entschlossen.
    Ich spazierte weiter durch die Gärten und gelangte dabei auf die andere Seite des Gebäudes, wo die Grünflächen in den Asphaltstreifen des Parkplatzes übergingen. Es war jetzt kurz nach Mitternacht, daher war der Platz leer bis auf ein paar Wagen der Angestellten und Pens alten Mondeo. Paul lehnte in einsamer Pracht an der Seitenwand eines Krankenwagens und rauchte einen etwas penetrant riechenden Zigarillo. Seine Miene war düster.
    »Was macht das Leben?«, fragte ich und blieb stehen.
    Er blies Rauch aus und schüttelte verärgert den Kopf. »Das hätten Sie mich fragen sollen, als ich verdammt noch mal eines hatte, Mann«, erwiderte er mürrisch. »Meine Alte verlangt ständig, dass ich endlich kündige, und ich will verdammt sein, wenn sie nicht recht hat. Wofür mache ich das? Mein Rücken fühlt sich an, als hätte ich zehn Runden mit Tyson hinter mir, und mein linkes Auge schwillt allmählich komplett zu. Karen hat wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung. Und Rafael hat es richtig schlimm erwischt, den armen Teufel.«
    Ich war beeindruckt, dass er sich noch immer wegen Rafi Sorgen machen konnte, nachdem Rafis höllischer Passagier uns beide beinahe erledigt hätte. Erneut wurde ich daran erinnert, was hinter dieser Kampfpanzerfassade im Gange war. »Nun, ich bin auf jeden Fall froh, dass Sie Ihren Ruhestand noch nicht angetreten haben«, sagte ich mit aufrichtiger Dankbarkeit. »Sie haben mir wahrscheinlich das Leben gerettet.«
    »Ja, gern geschehen.«
    »Ihr Boss ist trotzdem ein Arschloch.«
    »Da könnten Sie recht haben.«
    Ich lehnte mich neben ihm an den Krankenwagen, aber so, dass ich den Qualm seiner Zigarre nicht ins Gesicht bekam. »Und Rafi wird sich wieder erholen. Zumindest wird es ihm nach allem, was heute passiert ist, nicht schlechter gehen.«
    Paul runzelte die Stirn bei dieser Feststellung. »Er hatte Schnitte überall im Gesicht«, meinte er. »Dazu zwei gebrochene Finger. Vielleicht auch einen gebrochenen Unterkiefer. Und diese Verletzungen auf seiner Brust sahen aus wie Brandblasen – als hätte er von innen Feuer gefangen.«
    »Aber Sie wissen, dass ich recht habe. Die Finger werden heute zusammenwachsen und sich gerade richten. Der Unterkiefer ebenfalls, falls ich ihn wirklich gebrochen habe. Die Risswunden und die Verbrennungen dürften längst verheilt sein. Wenn Sie ihn jetzt betrachten würden, würden Sie von den Kampfspuren bestimmt nichts mehr sehen. Rafi besitzt ein sehr starkes Immunsystem. Ich denke, das hat er der guten Verpflegung und den täglichen Leibesübungen zu verdanken.«
    Paul musterte mich mit einem fischigen Blick, als suchte er nach einem Hinweis, ob ich mich vielleicht über ihn lustig machte. Dann schüttelte er abermals den Kopf, als er kapitulierte. »Ihre bessere Hälfte«, sagte er, nachdem er einen weiteren tiefen Zug an seinem Zigarillo genommen hatte, »sie ist wirklich große Klasse, Castor. Eigentlich winzig, aber sie hat sich total mutig auf Rafael gestürzt. Und sie hat sich

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