Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)
meinen Händen, und ich musste meine ganze Kraft aufwenden, um nicht rückwärts umgeworfen zu werden. Aber ich war bereits so nah an dem Ding dran, dass es genauso war, als benutzte ich einen Laserpointer auf einer Schreibtafel. Ich schwenkte den Lauf des Gewehrs in einem möglichst kleinen Kreis herum, und zwei Strahlen des Pentagramms wurden zerschmettert. Ich erwischte auch einige von den Kerlen drum herum. Ich traf ihre Beine, weil ich nach unten schoss – und ehe du fragst, ja, es war mir scheißegal.
Denn es funktionierte. Die Hölle brach los – und das meine ich nicht witzig. Der Dämon riss sein Maul auf, und heraus kam ein Ton, den ich hoffentlich nie wieder hören muss. Eigentlich war es kein Ton. Ich meine, der Dämon brüllte oder schrie nicht. Es war noch nicht einmal laut. Aber man spürte den Druck auf den Trommelfellen, auf der Haut, als wenn ein Flugzeug von einer Turbulenz erfasst wird und ein paar hundert Meter absackt, wenn man es überhaupt nicht erwartet. Es tat weh. Es war ein Schmerz, als würde etwas im Körper zerreißen.
Aber ich stand auf den Füßen, und die Satanisten lagen auf den Knien. Und ich wusste, was ich tun musste. Ich rannte los – musste über einen Typen springen, der auf meinem Weg auf dem Boden lag und den Rest seiner Kniescheibe umklammerte – und gelangte zum Kreis. Abbie lag noch immer dort, die Brust voller Blut und die Augen weit aufgerissen. Der Dämon, oder der Schatten des Dämons oder wie man es nennen will, zuckte herum wie ein Feuerwehrschlauch, der jemandem aus der Hand gerutscht war, peitschte hierhin und dorthin und wieder zurück und stieß ständig diese stummen Schreie aus.
Ich hatte mein Kartenspiel nicht bei mir, und ich hätte ganz sicher nicht die Zeit gehabt, eine Kartenfolge zusammenzustellen. Das Einzige, was ich tun konnte, war, Abbie zu rufen und zu hoffen, dass sie dem Ruf folgte und zu mir kam. Ich ergriff ihr Medaillon, rief ihren Namen so laut ich konnte – wahrscheinlich »Komm mit mir!« oder so etwas Ähnliches – und zog. Ich meine, ich habe nicht laut gebrüllt. Ich
rief
sie, so wie man es tut, wenn man einen Exorzismus ausführt, für den man engagiert wurde. Ich rief sie ins Medaillon – zumindest in die Haarsträhne, die darin eingeschlossen war. Ich machte die Strähne zum Anker, an dem sich ihr Geist festhalten und an den er sich binden konnte.«
Peace sah mich prüfend an, um sich zu vergewissern, dass ich ihn verstand. Ich nickte knapp, als ob ich unter den gegebenen Umständen das Gleiche getan hätte. Tatsache war, dass ich Schwierigkeiten hatte zu glauben, dass es überhaupt funktionierte. Einen Geist in ein physisches Objekt zu rufen und ihn daran zu binden? Ihn zu lenken, als ob der Geist Wasser wäre, dessen von der Schwerkraft bestimmte Fließrichtung man nach eigenem Gutdünken verändern konnte? Ich nahm an, das Haar war ein Teil Abbies, etwas, zu dem sie bereits eine Verbindung hatte, aber dennoch … Unter anderen Umständen hätte ich ihn nach Details gefragt und mir einige Notizen gemacht. So jedoch ließ ich ihn ungeachtet meiner kaum verhohlenen Verwunderung weiterreden.
»Ohne die Karten hatte ich keine Ahnung, ob es überhaupt funktionierte – und die verdammte Halskette war um einiges dicker und stabiler, als ich angenommen hatte. Ich musste sie um meine Hand wickeln und ziemlich heftig daran zerren. Das führte zum Ziel. Die Kette riss, und ich rannte mit dem Medaillon in der Faust zur Tür – in der anderen Hand noch immer das Gewehr, obwohl das Magazin mittlerweile leergeschossen war.
Trotzdem behielt ich es, denn einer dieser Typen, der ein wenig schlauer war als seine Freunde, versuchte mich von der Seite anzugreifen und aufzuhalten. Er bekam den Kolben des Tavor ins Gesicht, und ich rannte weiter.
Mein Wagen stand ein gutes Stück die Straße hinauf. Ihre Wagen parkten direkt vor dem Haus, und ich hatte nicht die Zeit, sie lahmzulegen. Ich dachte nur an Flucht, erreichte meinen Wagen, stieg ein und rauschte ab wie eine Katze, der man Pfeffer in den Arsch geblasen hatte.
Anfangs fiel mir gar nicht auf, dass sie mich verfolgten. Dann bemerkte ich Scheinwerfer hinter mir, und sie verschwanden nicht, auch wenn ich ziemlich rasant um einige Ecken bog. Erst dann wusste ich, dass sie mir im Nacken saßen, und ich musste versuchen, sie abzuschütteln.
Das Problem war, dass der Wagen an Leistung verlor. Ich trat das Gaspedal bis aufs Bodenblech durch, doch ich wurde immer langsamer. Es war, als
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