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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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gefunden und waren dort eingezogen, so wie Nicky es drüben in Walthamstown getan hatte? Das wäre eine ziemlich makabre Ironie.
    Aber nein. Wie sich herausstellte, hatten sie etwas Besseres gefunden. Gwillam stieß eine Tür auf und betätigte einen Lichtschalter. Lichtleisten flackerten nacheinander an einer Wand auf, die so lang war wie ein Fußballfeld. Eine schwarze Wand. Dazu schwarzer Fußboden, zerschrammt von zahllosen Füßen. Und direkt vor mir ragte etwas auf, das entfernt an einen Tyrannosaurus Rex erinnerte. Hergestellt aus Glas und schwarzem Stahl, war es etwa doppelt so groß wie ich. Aber es war kein T-Rex, sondern ein Zeiss-Projektor.
    »Verdammte Scheiße!«, sagte ich beeindruckt, als der Penny fiel.
    »Solche Kraftausdrücke mag Po ganz und gar nicht«, murmelte Gwillam und deutete die verstörende Möglichkeit an, dass er tatsächlich so etwas wie Humor besaß.
    Er ging um den Zeiss-Projektor herum und ich folgte ihm, oder genauer: Ich wurde hinter ihm her getrieben. Eine große Fußbodenfläche am anderen Ende des Raums war nahezu leer außer einem geisterhaften Muster unausgebleichter Zonen auf dem Teppichboden, wo einst andere Objekte gestanden hatten: Schautafeln, Trennwände, alte Filmkameras, lebensgroße Dioramas aus berühmten Filmen. Die Anathemata hatten einen kleinen Bereich okkupiert. Dort saßen zwei Männer hinter Laptops, die auf Tischen standen und umgeben waren von dicken beschichteten Stromkabelschleifen, die an Stacheldrahtwälle erinnerten. Zwei andere Männer sprachen in Mobiltelefone, während einer von ihnen mit dem Finger einer Linie auf einer Organisationstafel folgte – einem riesigen Stadtplan von London, der an die Wand geheftet worden war, wie ich es bisher nur in den Polizei- TV -Serien der 1970er gesehen habe. Das war es auch schon. Das und eine ganze Menge freier Raum, der sich vor meinen Augen erstreckte.
    »Sie sollten sich etwas Kleineres suchen, jetzt wo die Kinder erwachsen sind«, meinte ich und bemühte mich um einen lässigen Plauderton, den ich wohl um gut eine Meile verfehlte. »Wahrscheinlich zahlen Sie viel mehr Miete, als Sie müssten.«
    Gwillam lächelte knapp. Er beobachtete mein Gesicht und zeigte ein geradezu klinisches Interesse an meinen Reaktionen. »Wer hat von Miete geredet? Man hat den Schlüssel unter der Fußmatte deponiert, und wir haben uns selbst eingelassen. Ich nehme an, Sie wissen, was dies hier war, ehe es das Zeitliche segnete?«
    »Klar«, antwortete ich. »Das weiß ich.«
    Aber Gwillam hatte sich die Pointe so schön zurechtgelegt, und er wollte sie unbedingt bei mir loswerden. »Es war das Museum des bewegten Bildes.«
    Allein schon die Worte weckten eine kleine Flut von Erinnerungen. Das Museum gehörte ebenso wie das National Theatre und die Festival Hall zum South-Bank-Komplex – aber es wurde erst später, nachdem alle anderen bereits erbaut worden waren, hinzugefügt, weil der Film der schmuddelige kleine Nachkömmling der Kunstwelt war und für sich selbst am Tisch der Großen mit den Ellbogen Platz schaffen musste. Ich war nur ein einziges Mal in meinem Leben dort gewesen – anlässlich eines Schulausflugs, als ich dreizehn war. Mit der Eisenbahn von Liverpool kommend und mit vier Schweinerollbraten-Sandwiches und einer Dose Vimto als Verpflegung für den Tag. Ich tat so, als fände ich alles beschissen, denn das war das, was meine Klassenkameraden über den Ausflug sagten, aber insgeheim hielt ich den technisch eher primitiven Horror der Laterna-magica-Shows für absolute Spitze und schlich mich zurück, um mir die Raumschlacht-Sequenz zwischen X-Wings und TIE Fighters aus
Star Wars
zweimal anzusehen.
    Nun war es nur noch ein leeres Lagerhaus.
    »Sie haben das Museum irgendwann Ende der 1990er geschlossen«, sagte Gwillam gedankenverloren. »Sie schickten die Ausstellung auf Tournee. In drei Jahren soll das Museum wiedereröffnet werden. In der Zwischenzeit … es bot sich als günstige Bleibe im West End geradezu an. Setzen Sie sich, Castor.«
    Ich hatte den Stuhl noch nicht einmal gesehen. Er stand in einem Schlagschatten auf der anderen Seite der Organisationstafel, wo zwei Lichtleisten ausgefallen waren. Ein zusammengerollter Strick und eine kleine schwarze Arzttasche lagen neben ihm auf dem Boden. Ein Tisch stand ebenfalls dort. Es war ein kleiner runder Couchtisch mit fleckiger Kunststoffplatte, der aussah, als hätte er sich dorthin verirrt. Gwillam drehte den Stuhl zu mir um.
    »Bitte«, sagte er im gleichen

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