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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Leichtigkeit meine gepeinigte Brust füllte.
    Diese Blase platzte, als plötzlich die Mündung einer Pistole gegen meinen Kopf gedrückt wurde.
    »Her mit dem Medaillon«, keuchte Fanke mit einer Stimme, die wegen des unterschwelligen Blubberns, das auf schwere innere Verletzungen hinwies, noch furchterregender klang. Ohne mich umzudrehen und ihn anzuschauen, wusste ich, dass dieser Mann nur noch wenig zu verlieren hatte.
    »Ich habe es nicht«, sagte ich.
    »Aufstehen. Arme ausbreiten. Sofort, Castor.«
    Vielleicht bin ich ja nur paranoid, aber mir kam es in diesem Moment so vor, als wäre meine Lebenserwartung exakt so lang, wie ich Fanke im Ungewissen halten konnte. Sobald er das Medaillon hätte, würde er sich gewiss für sein fehlgeschlagenes Opferritual und sein stark in Mitleidenschaft gezogenes gutes Aussehen revanchieren wollen. Ich ging vor seinen Augen ein Risiko ein und ließ das Medaillon aus meiner Hand in die Lücke zwischen Pens Arm und Körper rutschen. Dann erhob ich mich sehr langsam, streckte die Arme zu beiden Seiten aus und spreizte die Finger.
    Fankes Hände klopften meine Taschen ab. Sein Atmen zu hören, war eine Qual. Es war ein unstetes, schwerfälliges Pfeifen, begleitet von einem feuchten Rasseln, das auf lebenswichtige Säfte an Orten hinwies, wo sie nichts zu suchen hatten. Er inspizierte meinen Mantel, danach meine Hosentaschen. Als seine Suche keinen Erfolg hatte, drückte er die Pistolenmündung ein wenig stärker gegen meine Wange.
    »Wo ist es?«, wollte er wissen.
    »Ich glaube, ich habe es drinnen zurückgelassen«, log ich. »Auf dem Altar.«
    Der Pistolenlauf schrammte über meine Wange, als Fanke mit dem Daumen den Sicherungsflügel umlegte. »Dann sind Sie ein toter Mann«, knurrte er mühsam.
    Für einen von uns beiden galt das ganz sicher. Ein Geräusch wie von reißender Seide erklang, und die Pistole fiel klappernd auf das Pflaster. Indem ich mich halb umdrehte, konnte ich beobachten, wie Fanke erstarrte, die Augen vor Überraschung weit aufriss und einen Schritt rückwärts machte. Er starrte auf seinen Leib. Sein rotes Gewand kaschierte die Flecken perfekt, aber Blut begann darunter hevor zu tröpfeln und dann zu fließen, sich zwischen den Pflastersteinen zu sammeln und danach in den Fugen zu verteilen, so dass ein glänzendes rotes Gitter auf schwarzem Untergrund entstand. Fanke griff sich mit zitternder Hand an die linke Seite. Dort war sein Zeremonienmantel durch mehrere parallel verlaufende Risse zerfetzt, die wie durch Zauber aus dem Nichts erschienen waren. Aber das Blut verriet die Wahrheit. Sie waren soeben durch seinen Körper hindurch erzeugt worden.
    Fanke gab so etwas wie ein ungläubiges Lachen von sich, und dann bewegten sich seine Lippen, als er etwas murmelte, das wie ein tiefer Seufzer an meine Ohren drang. Vielleicht war es das satanistische Äquivalent eines »Allmächtiger Gott, in Deine Hände gebe ich …«. Er faltete sich zusammen wie ein Akkordeon – obwohl das ein ziemlich lausiger Vergleich ist, denn wenn man ein Akkordeon zusammenschiebt, rinnt kein arterielles Blut aus jeder Falte. Er kippte nach vorn auf die Pflastersteine, und sein Kopf schlug mit knochenbrechender Wucht auf, aber das machte ihm nicht mehr viel aus.
    Zucker, immer noch in Tierform, humpelte um den Körper herum und starrte mich mit wahnhaft glänzenden Augen an. Er konnte nur eine seiner Vordertatzen benutzen. Die andere lag auf seiner Brust. Er musste auf den Hinterbeinen gekauert haben, als er Fanke von hinten angegriffen hatte – indem er unterhalb der Rippen durch den Oberkörper des Mannes schlug und seine inneren Organe in grobes Hackfleisch verwandelte.
    Ich machte einen Schritt nach rechts und lenkte Zucker von Pen weg. Er folgte mir, Geifertropfen im Mundwinkel und am Kinn. Er war in übler Verfassung, und das lag nicht nur an der Schusswunde. Seine Klauen, grässliche Waffen im Kampf, rutschten über das Kopfsteinpflaster, als schaffte er es nur mit Mühe, aufrecht zu stehen. Aber er stieß ein kehliges Fauchen aus, während er zu mir aufholte, und seine Augen verengten sich in Vorfreude auf den Akt des Tötens.
    Ich setzte meinen Rückzug fort, wechselte ständig meine Position, so dass er sich hin und her wenden musste, um mich im Auge zu behalten. Seine Bewegungen wurden deutlich langsamer und fahriger. Seine Brust hob und senkte sich wie ein Blatt Papier, das im Wind flatterte, jedoch so gut wie lautlos, abgesehen von einem Knirschen, als ob seine

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