Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
Vom Netzwerk:
ihn.
    Steve gab ein bitteres Schnauben von sich, das möglicherweise ein Lachen hätte sein sollen. »Ich sagte, die Polizei hat nicht nach Abbie gesucht«, korrigierte er mich. »Wir hatten nicht einmal begriffen … Wir berichteten von dem Überfall, von den Schäden, und wir sagten, wir könnten den Mann identifizieren, der es getan hatte. Sie meinten, sie würden einen Haftbefehl ausstellen und nach ihm fahnden, und wir würden in Kürze wieder von ihnen hören. Dann, als sie abgezogen waren und wir versuchten, wieder ein wenig Ordnung zu schaffen, stellten wir fest … dass Abbie nicht mehr da war. Aber wir nahmen an, sie sei durch den Lärm und die Gewalt abgeschreckt worden und würde sicherlich später zurückkommen. Am Abend begannen wir sie zu vermissen. Sie antwortete nicht, wenn wir sie riefen, und wir konnten sie nicht mehr wie sonst immer in unserer Nähe spüren. Denn sie war weg. Peace hatte Abbie gesucht. Und er hatte sie entführt. Irgendwie hatte er sie mitgenommen.«
    Steve Torrington verstummte und umklammerte den Sack mit beiden Händen so heftig, dass seine Fingerknöchel weiß wurden. Und das Schweigen dauerte an, weil mir nichts einfiel, was ich hätte sagen können.
    Ich hatte noch nie zuvor von einem Geist gehört, der entführt worden war. Es klang so unwahrscheinlich, so grotesk, dass ich mich allein schon gegen die Vorstellung wehrte. Geister konnten nicht wie irgendeine Ware verpackt und herumgeschickt oder wie ein Kleidungsstück oder irgendein modisches Accessoire getragen werden. Meistens konnten sie ein bestimmtes, genau fixiertes Umfeld gar nicht verlassen. Irgendjemand musste jetzt die Stimme der Vernunft erheben, und es wäre zu viel verlangt, einen solchen Grad von Sachlichkeit von Torrington selbst zu erwarten.
    »Sie nehmen also an, dass er sie mitgenommen hat«, sagte ich so neutral wie möglich. »Es könnte sein, dass sie, wie ich angedeutet habe, diesen Ort verlassen hat, weil ihre Zeit …«
    »Peace hat Mel angerufen.« Torringtons Stimme zitterte, und er starrte noch immer auf den schwarzen Plastiksack und umklammerte ihn weiterhin, als sei er so etwas wie eine Rettungsleine. »Etwa zwei Stunden später. Was er wollte, war nicht ganz klar, aber er sagte: ›Jetzt musst du zu mir zurückkommen, nicht wahr? Denn du kannst sie nicht haben, wenn du mich nicht hast. Wir werden wieder zusammen sein.‹ Sie wusste nicht, wovon er sprach. Sie antwortete nichts und legte einfach auf. Und nachher begriffen wir, was er meinte. Dann wussten wir Bescheid.«
    Okay, das war ein ziemlich gewichtiges Indiz. Meine Gedanken schlugen eine unwiderstehliche Richtung ein. Konnte so etwas geschehen? War es wirklich möglich? Ein Einbruch mit anschließendem schwerem spirituellem Diebstahl? Geister – vorwiegend Geister – suchten stets einen speziellen Ort heim. Es konnte der Ort sein, an dem sie starben oder wo sie beerdigt wurden, oder es konnte ein Ort sein, zu dem sie zu Lebzeiten eine besonders enge Beziehung hatten. Das war ihr Anker. Sie konnten sich nicht allzu weit davon entfernen. In einigen Fällen vielleicht zweihundert Meter, aber außer in einigen ganz speziellen Fällen wie bei den Geistern der kleinen Mädchen, die ich im Stanger befreit hatte, hatte ich nie erlebt, dass es mehr war. Wie sollte man dann einen Geist von seinem Anker trennen und mit ihm den Ort verlassen? Vielleicht … ja, vielleicht gab es einen Weg, den ich erkennen konnte. Aber ich wusste ganz genau, dass es etwas war, das ich selbst nicht schaffen würde.
    Mein Interesse wurde auf gefährliche Art und Weise geweckt. Die seltsame Situation reizte meine umfassende und stets wache Neugier. Aber ich hielt mich im Allgemeinen an den Wahlspruch Dirty Harrys, dass ein Mann seine Grenzen kennen sollte.
    »Ich denke noch immer, dass die Polizei die beste Option ist«, sagte ich. »Sie kann Peace sehr viel effizienter suchen als ich. Und ich denke, dass sie eine Anzeige ernst nehmen würden. Er ist schließlich in Ihr Haus eingebrochen und hat Sie bedroht.«
    Torrington sah mich mit einem düsteren, ein wenig anklagenden Gesichtsausdruck an. Er bemerkte sehr wohl, wann jemand versuchte, ihn einzuwickeln.
    »Und was ist, wenn sie ihn finden?«, fragte er mit rauer Stimme. »Werden sie dann auch Abbie finden? Können sie sie zu uns zurückbringen?«
    Jetzt hatte er mich erwischt. Ich konnte nichts anderes tun, als die Achseln zu zucken. Okay, er hatte recht. Selbst ein relativ guter Cop wie Coldwood wäre, wenn ihm so

Weitere Kostenlose Bücher