Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fenster zum Zoo

Fenster zum Zoo

Titel: Fenster zum Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
Vom Netzwerk:
sagte Christine und schüttelte den Kopf, »sie geht manchmal spazieren, aber wir wissen nicht wohin. Auch nachts. Sie will nicht, dass wir mitgehen.«
    »Hatte sie schon mal Besuch?«, fragte Muschalik, schob die Gardine beiseite und sah auf die Straße hinunter.
    »Nein. Sie kennt niemanden in Köln, sagt sie.«
    »Männerbesuch?«, fragte er weiter und drehte sich wieder zu Christine um.
    »Auch nicht«, sie sah verlegen zu Boden.
    »Hat sie häufig von früher gesprochen? Von ihrer Zeit in Duisburg?«
    »Nein. Sie war so … so verschlossen.« Christine hob hilflos die Hände.
    Muschalik warf einen letzten Blick auf das unberührte Bett. »Haben Sie eine Idee, wohin sie gegangen sein könnte?«
    »Zurück nach Duisburg?«, rätselte Christine. »Vielleicht hatte sie Heimweh.«
    Im Hur hörte Muschalik, wie Sabine sagte: »Sie hatte ihre Türe abgeschlossen, das tut sie sonst nie, wenn sie da ist.«
    »Wann?«, rief Muschalik dazwischen.
    »An dem Morgen, an dem Ben Krämer gefunden wurde«, erklärte Kraft.
    »Und sie war schon vollständig angezogen, als sie uns endlich öffnete«, ergänzte Sabine.
    »Das ist sie sonst auch nie?«, fragte Muschalik.
    »Nein. Sie geht immer vorher unter die Dusche.«
    »Und sie hatte verschlafen«, fügte Christine hinzu, »weißt du noch, Sabine, sie wollte gar nicht wach werden. Wir haben bestimmt vier- oder fünfmal an ihre Türe geklopft. Wir wollten schon den Reserveschlüssel holen.«
    Sabine nickte zur Bestätigung: »Wir dachten, es ginge ihr nicht gut oder sie wäre gar nicht da. Aber sie war nur sehr müde.«
    »Was hatte sie denn an?«
    »Ihre Arbeitshosen, wie immer.«
    »Saubere Arbeitshosen?«
    »Darauf habe ich nicht geachtet. Wir waren schon spät dran. Wir sind dann sofort zur Arbeit gefahren.«
    Kraft hätte sicher gern noch weitergeplaudert, aber alle Fragen waren beantwortet, und Muschalik forderte ihn auf, sich zu verabschieden.
    * * *
    »Es war verdammt ordentlich in Nellys Wohnung«, sagte Kraft später, als sie einen freien Tisch in einem Eiscafé mit Blick auf das Eigelsteintor gefunden hatten, und legte die Beine übereinander, »ein Frauenhaushalt eben. Und Nellys Leben spielt sich offensichtlich nur im Zoo ab. Sie geht nie aus und hat nur ein einziges Gesprächsthema, wenn sie überhaupt spricht. Warum hat sie den Wohnungsschlüssel nur nicht mitgenommen?«
    »Weil sie nicht wiederkommen wird.« Muschalik musste an die Fotos in seiner Innentasche denken. Wenn sie sie aus Duisburg mitgebracht hatte, dann mussten sie wichtig für sie sein, und sie würde sie jetzt vermissen.
    Kraft verzog das Gesicht und drehte den Kopf zur Seite, als er sie ihm zeigte. »Das will ich nicht sehen«, mäkelte er, »die Welt ist so grausam.«
    »Die Welt nicht«, korrigierte Muschalik ihn, »die Menschen. Kein Wunder, dass sich Nelly von ihnen abgewandt hat.«
    »Und was ist mit uns?«, fragte Kraft und breitete theatralisch die Arme aus.
    »Wir kämpfen.«
    Kraft tröstete sich mit einem großen Schluck Cappuccino, wischte sich den Milchschaum von den Lippen und wechselte das Thema. »Ich dachte, du wolltest nach dem Gespräch mit Kai und Theo noch mal zu mir ins Büro kommen?«
    »Ich war da. Aber du warst so vertieft in die Arbeit am Computer, dass ich nicht stören wollte. Hast du etwas gefunden?«
    »Nein. Nelly Luxem ist ein unbeschriebenes Blatt.«
    »Das ist schön«, sagte Muschalik und lehnte sich zufrieden zurück. Er hatte nichts anderes erwartet.
    Drei kleine Jungen benutzten derweil das Eigelsteintor als Fußballtor. In der Jazz-Schule, die in den ehrwürdigen Gemäuern der Burg untergebracht war, übte ein Trommler gnadenlos, und ein Mädchen mit Kopftuch rollte unsicher auf Skates in Richtung Gereonswall. Ein bescheidenes Idyll.
    Muschalik berichtete Kraft von den Ergebnissen der Spurensicherung, der Ballistik und der Gerichtsmedizin und fragte, ob Kraft auch die Anwohner in der Stammheimer Straße durchforsten ließ.
    »Natürlich, die Kollegen sind unterwegs. Ich habe noch nichts gehört. Scheint alles unauffällig zu sein.«
    »Sag ihnen im Haus Nr. 84 wohnt ein M. Liebinger. Der soll angeblich ein Waffennarr sein. Sie sollen ihn nicht vergessen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich kenne die alte Dame, die darüber wohnt.«
    »Ich werde die Kollegen daran erinnern.«
    Als ein Ehepaar sich einen Tisch weiter niederließ und kein Wort miteinander sprach, fiel Muschalik Jartmann wieder ein, und er fragte: »Wie haben Jartmanns Eltern reagiert?«
    »Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher