Fesseln der Nacht - Feehan, C: Fesseln der Nacht - Predatory Game
damit gerechnet, dass sie etwas gegen Lily haben würde, da sie wusste, dass die Frau bestens über ihre Vergangenheit informiert war, doch wer sie auf Anhieb in Sorge versetzte, war Lambert.
Im Gegensatz zu Lily war Eric Lambert kein Schattengänger. Es mochte zwar sein, dass er mit ihnen zusammenarbeitete, aber er wusste nicht aus erster Hand, was sie durchmachten und wie ihr Leben aussah. Er untersuchte sie eingehend, und er flickte sie zusammen, wenn sie verwundet waren, aber letzten Endes stellte er Experimente mit ihnen an – wie Peter Whitney es tat.
Die Schattengänger waren Regierungseigentum. Ressourcen. Waffen. Sie sahen in Lambert einen Freund, doch er betrachtete sie als ein streng geheimes Waffenarsenal. Es war ihr nahezu unmöglich mitanzusehen, wie er mit Jesse und Lily umging, als seien sie seine Freunde und Kollegen, während sie gleichzeitig seinem beschleunigten Herzschlag lauschte und jedes Mal, wenn sie ihm zu nahe kam, seine Furcht roch. Und die Versuchung, ihm nahezukommen, war groß. Ihm die Hand zu reichen, wenn sie wusste, wie groß seine Angst vor ihr war. Und sie
verfluchte Jesse dafür, dass er Lambert von ihren Fähigkeiten erzählt hatte.
Sie starrte in Jesses Schlafzimmer durch das Fenster in den Regen hinaus und wünschte, alle wären fort, damit sie ihn anschreien konnte. Streit mit ihm anfangen konnte. Das würde ihr das Fortgehen erleichtern. Lily und Lambert wussten Bescheid . Und wenn die beiden Bescheid wussten, würde früher oder später die Regierung an die Tür klopfen und von ihr erwarten, dass sie in ihrem Auftrag einen kleinen Job erledigte. Sie hatte Jesse ausdrücklich gesagt, dass es so kommen würde, aber er hatte sie trotzdem verraten. Er war zu vertrauensvoll und hielt alle für seine Freunde. Eine große, glückliche Familie.
Schwachkopf. Idiot. Naivling. Sie presste sich den Handballen gegen die Stirn. Was ist bloß los mit dir?
Saber? Jesses Stimme erklang in ihrem Kopf.
Hoppla. Sie war wirklich außer sich, wenn ihr ein so amateurhafter Fehler unterlief. Genau damit hatte sie sich überhaupt erst verraten. Sie hatte eine so starke Verbindung zu ihm, dass sie es kaum noch merkte, wenn sie innerlich Kontakt zu ihm aufnahm.
Du bist ein echter Schwachkopf. Du hast diesem schleimigen kleinen Arzt von mir erzählt. Ich habe dir doch gesagt, was passieren wird, sowie alle Bescheid wissen. Er arbeitet für die Regierung. In ein paar Wochen wird es bei uns klopfen, und mir wird eine Einladung zu irgendeinem gesellschaftlichen Ereignis ausgehändigt werden, bei dem ich meine besonderen Fähigkeiten zum Nutzen der Menschheit einsetzen soll.
Das ist nicht wahr, Kleines. Erstens ist Eric nicht so, und er ist nicht »alle«. Zweitens habe ich ihm nichts davon gesagt. Er weiß von nichts.
Er weiß Bescheid.
Einen Moment lang herrschte Schweigen, während er diese Information verdaute. Bist du sicher? Du bist müde und reagierst vielleicht ein bisschen überempfindlich.
Saber schnappte hörbar nach Luft. Überempfindlich? Er fand, sie reagierte überempfindlich? Ihr Blutdruck schoss in die Höhe, und sie hätte ihn am liebsten angeschrien, aber sie zwang sich, tief durchzuatmen, damit sie die Selbstbeherrschung nicht verlor. Er weiß Bescheid, und ich reagiere nicht überempfindlich, ich bin wütend. Ich kann gegen einen Feind kämpfen, aber nicht gegen mehrere, nicht gegen alle gleichzeitig. Er ist durch und durch regierungstreu, und er wird uns alle im Handumdrehen verraten und verkaufen, wenn er den Befehl erhält.
Jesse runzelte die Stirn und warf einen schnellen Blick auf Eric Lambert. Der Arzt wirkte so wie sonst auch immer. Er lachte und scherzte mit Lily und zog sie damit auf, dass sie aussah, als hätte sie einen Fußball verschluckt. Saber kannte ihn nicht, und sie war übermäßig besorgt, jemand könnte etwas über ihre Vergangenheit herausfinden. Eric konnte wirklich nichts darüber wissen. Saber bildete sich das nur ein. Sie sah Dinge, wo in Wirklichkeit gar nichts war. Du bist paranoid. Und erschöpft. Warum gehst du nicht in mein Zimmer und legst dich hin. Eric näht die Wunde, und dann gehen sie alle. Dann kommen wir endlich zu unserem Schlaf, und du wirst dich gleich wieder viel besser fühlen.
Erst bin ich überempfindlich, und jetzt bin ich paranoid? Sabers Stimme war gesenkt. Kalt.
Das Eis in ihrer Stimme ließ Jesse zusammenzucken. »Jetzt mach schon, Lily. Es reicht.«
Lily musterte die Wunde an seinem Kopf und betrachtete stirnrunzelnd
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