Fesseln des Schicksals (German Edition)
Unfall verursacht. Und der Polier wusste davon. Ein paar Tage vor dem Unfall wäre fast schon einmal etwas passiert, und trotzdem wurde nichts unternommen. Diesmal war es nur ein Arm, das nächste Mal stirbt vielleicht jemand. Was ist das Leben eines Mannes wert?»
Aufmerksam beobachtete Brian seinen Vater. Aber er hatte noch immer nicht gelernt, in dem ernsten und nachdenklichen Gesicht zu lesen. Das konnte nur Scott, und vielleicht war er es deshalb auch, der seinen Vater ständig aus der Fassung brachte. Wenn das geschah, erzitterte der Boden unter ihren Füßen, aber aus irgendeinem Grund schien Raymond O’Flanagan an diesem Abend keine erhitzte Debatte anfangen zu wollen.
«Es tut nichts zur Sache, ob das Recht auf deiner Seite ist oder nicht», sagte er langsam. «Diesmal kannst du nicht gewinnen. Und das weißt du, Scott. Du wirst den Vergleich annehmen, das ist deine Pflicht. Du weißt, dass es für deinen Klienten die einzige Chance ist. Bei diesem Verfahren wird darüber gestritten, ob ein Arbeiter das Recht hat, seinen Arbeitgeber im Falle eines Unfalls zu verklagen. Es geht nicht um diesen Mann, sondern um die Verpflichtung, in Sicherheitsmaßnahmen zu investieren. Für die Fabrikbesitzer bedeutet das einen Haufen Ausgaben, die sie nicht bereit sind zu tätigen. Ich muss nicht einmal selbst meine Macht ausnutzen, um den Fall zu gewinnen, denn das werden schon andere für mich tun. Andere, die sehr viel skrupelloser sind als ich.»
«Was willst du damit andeuten, Vater?», fragte Brian entsetzt.
«Ich will gar nichts andeuten. Vor ein paar Tagen ist das Haus, in dem Scotts Klient wohnt, zu Asche verbrannt.»
«O mein Gott», sagte Brian. «Mir war nicht klar, dass die Sache so ernst ist.»
«Zum Glück war niemand dort, als das Unglück passierte. Anscheinend ist die Familie bedroht worden und hatte das Haus vorher schon heimlich verlassen. Niemand weiß, wo sie sich jetzt aufhalten. Nun, einer schon», sagte er mit einem Blick zu Scott, der nicht einmal mit der Wimper gezuckt hatte.
Natürlich hatte sein Vater recht. In diesem Fall ging es um mehr als um eine einfache Entschädigung. Im Gegensatz zu seinem Vater waren die anderen Gesellschafter nicht damit einverstanden gewesen, dass der Fall vor Gericht ging. Das Attentat auf das Haus seines Klienten war ein deutlicher Beweis dafür, was alles auf dem Spiel stand. Und um jeden Zweifel daran auszuräumen, war am selben Tag auch sein eigenes Haus mit Drohungen beschmiert worden. Offensichtlich war jemand sehr nervös geworden.
«Mach dir keine Sorgen, Brian. Niemand wird es wagen, mir Schaden zuzufügen», versicherte er und verschwieg wohlweislich, dass er bereits bedroht worden war. «Sie haben zu viel Angst vor unserem Vater. Außerdem würden sie an den beiden Männern, die mir überallhin folgen, wohl nicht vorbeikommen.»
«Welche Männer?»
«Zwei Leibwächter, die im Moment wahrscheinlich hinter irgendeinem Baum im Garten stehen. Übrigens, Vater, da es sich doch sicher um deine Angestellten handelt, solltest du sie hereinbitten. Draußen ist es fürchterlich kalt.»
Raymond lächelte.
«Sie sitzen schon seit Stunden in der Küche.»
«Nun, du hättest mich wenigstens um Erlaubnis fragen können.»
«Wozu? Du hättest den Schutz doch ohnehin abgelehnt. Ich mache mir lediglich Sorgen um deine Sicherheit, und du weißt selbst, dass ich Grund dazu habe.»
«Ist denn etwas passiert?», fragte Brian verwirrt.
Mit unschuldiger Miene schüttelte Scott den Kopf.
Raymond O’Flanagan kam jetzt noch einmal auf seinen Vorschlag zurück. «Vergiss den verdammten Fall und akzeptiere den Vergleich. Es ist eine ordentliche Summe.»
Scott dachte nach. Gleich im ersten Moment hatte er vorgehabt, das Geld zu akzeptieren, es war sogar eine höhere Summe, als er erwartet hatte. Zwar wäre er gern vor Gericht gegangen, um diesen Leuten eine Lehre zu erteilen, die mit dem Schweiß anderer Männer ein Vermögen machten, aber immerhin war der verantwortungslose Polier entlassen und die Kette erneuert worden. An Ruhm war Scott nicht interessiert. Er musste nur diesen Mann und seine Familie beschützen. Und diejenigen, die ihre Interessen in Gefahr sahen, hatten viel Geld und konnten mit diesem Geld so einiges kaufen, selbst Zeugen und Richter. Wenn es nur um ihn ginge, würde er sich vielleicht anders entscheiden, aber er würde diese arme Familie nicht in seinen Krieg mit hineinziehen.
«Was sagst du, Scott?» Raymond O’Flanagan streckte seinem Sohn
Weitere Kostenlose Bücher