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Fesselndes Geheimnis

Fesselndes Geheimnis

Titel: Fesselndes Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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Machtabgabe. Ich wusste nicht recht, ob es mir gefiel oder nicht.
    Nun saß ich neben Madame Noire in den bequemen Seidenkissen des Sänftensitzes, und obwohl ich weiterhin das gesamte Gepränge, dieShow und die Atmosphäre genoss, fühlte ich mich doch seit Claires »Verhörversuch« ein wenig reservierter.
    »Wir sind stolz auf dich als neues Mitglied, Christine«, verkündete Mara mit ihrer klangvollen, sympathisch-samtigen Stimme, »du hast unseren Einweihungstest mit Bravour bestanden, und das ist in letzter Zeit selten geworden! Wir hatten – liebe Freunde, ihr erinnert euch sicherlich – so einige Bewerber und Bewerberinnen, doch die meisten haben es nicht geschafft. Obwohl wir unsere Prüfungsszenarien stets ganz individuell zuschneiden und so einfühlsam wie möglich auf jegliche Neigung eingehen, brach so mancher Kandidat die Prüfung ab. Du jedoch, Christine, bist etwas ganz Besonderes!«
    Aufrichtig tönende, bewundernde und schmeichelhafte Worte waren das. Sie sollten mich auszeichnen, mich zugleich aber auch einlullen und in Sicherheit wiegen. In falscher Sicherheit? Ich wusste es nicht. Noch nicht!
    Es kostete mich allmählich Mühe, der charismatischen Frau weiter zuzuhören, und mein Lächeln klebte wie etwas Künstliches auf meinen Lippen und erreichte nicht mehr meine Augen. Leiser Zorn brodelte in mir. Ich sah in all die lächelnden Gesichter unter den milden, weich zeichnenden Lampenlichtern und wusste, dass einer von ihnen falsch spielte. Und Mara Noire musste es ahnen, wollte aber die Wahrheit weiterhin verdrängen, verbergen, in Samt und Seide hüllen, mit Seilen fesseln und Katz und Maus mit mir spielen?
Nun denn
, dachte ich finster,
in Ordnung, spielen wir. Es wird sich ja noch herausstellen, wer die Katze ist und wer die Maus
.
    Auf einmal jedoch wich die Reserviertheit wieder von mir und jenes wohlbekannte, herrliche dunkle Prickeln stellte sich erneut ein. Es begann irgendwo in meiner Herzgegend und breitete sich von dort überallhin aus. Wie von selbst schweifte mein Blick zu dem Auslöser. Vincent! Er lehnte lässig im Türrahmen und beobachtete das bunte Treiben.
    Mara Noire neben mir redete noch immer, aber ich hörte kein einziges Wort mehr. Einzig das Hämmern meines Blutes dröhnte mir in den Ohren. Mit aller Kraft musste ich mich bezähmen, um nicht allzu offensichtlich zu zeigen, was in mir vorging. Musste mich zusammenreißen, um nicht von der Sänfte zu hüpfen und mich ihm geradewegs in die Arme zu werfen. Schließlich war es durchaus möglich, dass er der Täter war. Trotzdem strahlte ich, und als Vincentnäherkam, sich langsam auf die Sänfte zu bewegte, musste ich an unsere erste Begegnung in den Dünen denken. Unwillkürlich malte ich mir die nächsten Stunden mit ihm aus. Erregung stieg schwer und süß in mir auf.
    »Guten Abend.« Vincents Augen wanderten von mir zu Mara und wieder zurück, und so feurig-herzlich sie mir zuvor erschienen waren, so frostig-kühl wirkten sie jetzt. Ich erstarrte innerlich, plötzlich heilfroh, dass ich mich nicht allzu weit aus dem Fenster gelehnt, mich ihm nicht an den Hals geworfen hatte.
    »Es tut mir leid, aber ich bin nur auf einen Augenblick hier«, erklärte Vincent und sah überhaupt nicht so aus, als täte es ihm leid.
    »Geht es dir … nicht gut?«, fragte ich zögernd. Am liebsten hätte ich ihn berührt, um den unsichtbaren Frostkreis zu durchbrechen, der ihn umgab. Doch ich traute mich nicht.
    Vincent antwortete nicht, sondern nahm Maras Hand, die sie ihm hinstreckte, damit er ihr – an mir vorbei – aus der Sänfte helfen konnte.
    »Ach, wie schade!« Maras Stimme klang ehrlich. »In einer so besonderen Nacht wie dieser. Ich hatte fest damit gerechnet, dass du mit uns feierst, mein Lieber. Und nicht nur ich!«
    Vincent blieb stumm, streifte mich mit einem flüchtigen Seitenblick, ignorierte mich ansonsten aber vollkommen. – Ich blieb wie ein begossener Pudel in der Sänfte zurück und musste mitansehen, wie sich Mara und Vincent ein Stück entfernten. Die Worte, die sie dabei wechselten, konnte ich nicht einmal erahnen; zu weit weg waren sie schon, und das erneut einsetzende Stimmengemurmel der anderen Gäste legte sich wie ein Geräuschvorhang zwischen sie und mich. Ich saß also da und fühlte etwas, das in meinem Inneren schärfer biss als Scham. Real gedemütigt zu werden hatte nichts mehr mit lustvoll inszenierten D/S-Rollenspielen zu tun …

Vergangenheit, 1984
    Die schwarzhaarige Frau mit den stolz funkelnden

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