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Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Titel: Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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Atmosphäre ist locker, aber sehr fokussiert auf die künftige Zusammenarbeit.
    Um 13:30 Uhr kündigt Toms Kollege Javi das gemeinsame Mittagessen im Restaurant Mesón El Madrileño an.

    Das Mesón
    Ein Mesón ist ein Restaurant der gehobenen Gastronomie mit traditioneller spanischer Küche. Die spanische Küche ist regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Ein Mesón in Madrid bietet kastilische Küche an, mit vielen Eintopf-, Fleisch- und Wurstgerichten. Ein typisches Madrider Gericht ist zum Beispiel der cocido madrileño , ein Eintopf mit Fleisch, Wurst und Kichererbsen. Ein Mesón in Galicien, also ein Mesón gallego , hat vor allem Fisch und Meeresfrüchte auf der Speisekarte.
    Das bekannteste Gericht Spaniens, das auch in den Mesones angeboten wird, ist die paella . Sie stammt aus Valencia. Das wichtigste bei der Paella ist der mit Safran gelb gefärbte Paella-Reis ( arroz bomba ), dazu kommen traditionell Fleisch und Gemüse. Es gibt sehr viele verschiedene Paella-Rezepte, natürlich auch welche mit Fisch und Meeresfrüchten. Einig sind sich alle Paella-Köche aber darin, dass man eine Paella mittags essen muss, denn abends liegt sie etwas schwer im Magen.

    Jetzt sollen sie schon essen gehen? Tom ist entsetzt. Nun sitzen sie gerade erst zwei Stunden zusammen, denn die Geschäftspartner kamen nicht um Punkt elf, wie vereinbart, sondern mit 20 Minuten Verspätung an, und bis die Vorstellungsrunde und der Smalltalk über das Wetter und den Flug beendet waren, war es bereits 11:50 Uhr. Nicht einmal volle zwei Stunden sitzen sie zusammen, sind gerade im intensiven Gespräch und da soll nun schon wieder unterbrochen werden? Tom hat einen besseren Vorschlag. Vielleicht kann man ja etwas zu essen bestellen. So ist die Mittagspause möglichst kurz und es bleibt mehr Zeit für die weiteren Verhandlungen. »Ein paar belegte Brötchen tun es doch auch«, sagt Tom und lächelt in die Runde. »Ich könnte dann, während Sie es sich schmecken lassen, die von mir vorbereitete PowerPoint-Präsentation zeigen.« Er bietet sich sogar an, frischen Kaffee zu machen und ein paar süße Teilchen aus der Konditorei zu holen. Vielleicht könnten sie auch eine Pizza bestellen? Das haben sie in seiner deutschen Firma auch immer gemacht, wenn keine Zeit für ein richtiges Mittagessen war.
    Nanu? Was haben die denn plötzlich? Was sehen die mich denn so komisch an?, denkt Tom. Ist doch eine Spitzenidee. Und nun dieses seltsame Schweigen. Die Geschäftspartner aus Murcia, umgängliche, sympathische Kunden, sehen sich an, als habe man sie soeben wieder ausgeladen. Toms Kollege Javi wirkt ziemlich nervös. Sein Gesicht bekommt eine ungesund rote Farbe und er fährt sich wiederholt über das tiefschwarze, mit Gel geglättete Kurzhaar. Was hat er denn? So hat Tom seinen Kollegen ja noch nie gesehen.
    Javi stottert ein bisschen herum und dann erklärt er, dass es sich bei Toms Vorschlag wieder einmal um einen wirklich originellen Witz seines neuen deutschen Kollegen handle, der seine spanischen Freunde immer wieder gern auf die Schippe nehme. So sei er eben, der deutsche Humor. Fast so schlimm wie der britische. Pizza, Brötchen und süßes Gebäck! Ha, ha, wirklich köstlich! Die Geschäftspartner zögern noch ein bisschen, aber dann lachen sie doch mit.
    Javi sieht Tom so an, als müsste er jetzt irgendwie dazu beitragen, dass es lustig bleibt, und deshalb entscheidet sich Tom dafür, auch mitzulachen. Guter Witz, sagt Javi. Und jetzt gehen wir richtig fein und lecker essen, ¿vale? Und damit scheint wenigstens für den Augenblick die Kuh vom Eis.
    Was ist da schiefgelaufen?
    Eigentlich alles. Nummer eins: Die meisten Spanier sind stolz auf die hervorragende spanische Gastronomie und halten sie für ein schützens- und genießenswertes Kulturgut. Wer auf sich hält, lehnt belegte Brote und alle Arten von Imbiss, Pizza oder Fast Food ab. Das passt zu jungen Leuten, zu Schülern und Studenten, die sparen müssen, aber auf keinen Fall zu einem Businessmeeting. Da geht es eher traditionell zu. Es wird auf Etikette und gutes Essen geachtet. Das Mittagessen wird also mit Sicherheit aus mehreren Gängen – Minimum: Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise, Wein und Kaffee – bestehen. Und das braucht natürlich seine Zeit. Spanisches Mittagessen ist absolutes Slow Food.
    Nummer zwei: Eine Firma, die auf sich hält, wird – wie ein Privatmensch übrigens auch, wenn es irgendwie geht, – seine Gäste nicht in ein billiges Schnellrestaurant einladen,

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