Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Titel: Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
Vom Netzwerk:
seine wachsenden Sprachkenntnisse. Und Wörter wie »Mist!« oder »verdammt!« oder »Sch...« verwendet er ja im Deutschen auch, das findet er auch nicht besonders schlimm. Wir wollen ja nicht päpstlicher als der Papst sein, denkt er. Unter Männern gehört das einfach dazu. Und bei Frauen hat er diese Wörter ja auch schon gehört, kann also nicht so tragisch sein, denkt er.
    Tom achtet darauf, dass es am Abend nicht zu spät wird, denn er hat am nächsten Tag eine Präsentation, abteilungsübergreifend, auch der Geschäftsführer und die Abteilungsleiter werden anwesend sein. Tom wird die neue Software, an der seine Abteilung seit Monaten arbeitet, in der Beta-Version vorstellen.
    Am Morgen vor der Präsentation prüft er noch einmal den Beamer, den Computer, die Internetverbindung. Seine PowerPoint-Präsentation hat er zur Sicherheit auch noch einmal auf einen Stick geladen, falls der Laptop streiken sollte. Alles paletti, er ist super vorbereitet.
    Als er den Beamer einschaltet, passiert allerdings erst einmal gar nichts. » ¡Joder! «, schimpft Tom, das geläufigste Wort für »verdammt!«, das er am Tag gefühlte dreißig Mal hört. Der ganze Besprechungsraum feixt und lacht. »Das bekommen wir schon hin«, meint Tom schwitzend, und tatsächlich, es war nur ein lockerer Stecker. » Nuestro hardware es de puta madre «, scherzt er locker und jovial, die Hardware ist eben einfach affengeil. Wieder Gelächter. Javi macht eine Handbewegung, die »bremsen«, »Gas rausnehmen« bedeutet, doch das bemerkt Tom gar nicht. Ihm ist aufgefallen, dass der Geschäftsführer ein bisschen säuerlich dreinschaut, als habe er Probleme mit der Galle oder so.
    Die Präsentation läuft wie vorbereitet, die Folien sind übersichtlich gestaltet, Tom macht seine Sache wirklich gut. Als er fast am Ende ist und seine letzte Folie anklickt, erscheint ein dickes Warnschild und eine absurde Fehlermeldung, die er noch nie gesehen hat. » ¿Pero qué cojones es esto? «, schimpft Tom. »Was zum Teufel ist das denn?« Woraufhin der Geschäftsführer aufspringt und verkündet, damit habe er genug gesehen. Er bedankt sich für die gelungene Präsentation und rauscht ab. Nanu? Wahrscheinlich ist sein Gallenproblem richtig akut geworden. Tom findet jedenfalls bald den Fehler, ruft die letzte Folie auf, schließt seine Präsentation ab und bedankt sich artig für die geschätzte Aufmerksamkeit.
    Was ist da schiefgelaufen?
    Als Tom mit Javi zurück in die Abteilung geht, fragt er ihn, was denn mit dem Chef los wäre. Ob er vielleicht krank sei. »Wieso denn krank?« Javi starrt Tom an. »Na, wieso ist er denn schon vor dem Ende abgehauen? Ich dachte, es ginge ihm nicht gut.«
    »Der ist nicht krank«, gluckst Javi. »Dem war nur deine Ausdrucksweise ein bisschen zu, na ja, soll ich ehrlich sein? Vulgär, würde ich sagen.«
    » ¡Joder! «, rutscht es Tom heraus. »Siehst du?« Javi boxt ihn freundschaftlich auf den Oberarm. »Das meinte ich. Das ist dem jefe wahrscheinlich sauer aufgestoßen.« Jetzt versteht Tom aber wirklich die Welt nicht mehr. »Aber das sagt ihr doch auch dauernd! Zigmal am Tag!« »Ja, ja, schon, aber wir sagen es, wenn wir unter uns sind, zwanglos, verstehst du? In der Kneipe oder bei uns in der Abteilung, wir kennen uns doch alle schon lange. Aber so eine Präsentation ist etwas anderes. Da geht es schon formeller zu, verstehst du? Wenn die jefas und jefes mit dabei sind und so, da will man sich doch von der besten Seite zeigen, wohlerzogen, mit angepasster Ausdrucksweise und so weiter. Ist das bei euch in Deutschland nicht so?«
    »Natürlich ist das bei uns so. ›Du redest ja daher wie ein Bierkutscher’, sagt meine Mutter in solchen Fällen. Aber in Spanien!« Tom fällt aus allen Wolken. Und was soll an »Mist!« und »verdammt!« denn so schlimm sein? Das ist doch harmlos. Tom wird das mal abends in Ruhe im Wörterbuch nachschlagen oder vielleicht am besten gleich in einem Online-Wörterbuch. Ist vielleicht schon besser, man weiß, was die Wörter bedeuten, die man so daherplappert.
    »Und soll ich mich jetzt entschuldigen beim Chef?«
    »Ach was, er weiß ja, wo du die Ausdrücke herhast – nämlich von uns Kollegen natürlich. Er gebraucht sie doch selber! Aber eben nicht in diesem formellen Rahmen. ¿Está claro? «
    » Sí, sí, clarísimo. «
    Tom zieht sich ein wenig geknickt an seinen Schreibtisch zurück, öffnet die Seite mit dem spanisch-deutschen Onlinewörterbuch und fängt an zu lesen. Dabei sinkt

Weitere Kostenlose Bücher