Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
Burg. Das muss die Kleinstadt Jijona sein, Rafa hat vorhin im Auto darüber gesprochen. Das unaussprechliche Jijona [chi cho na] – auch Lena hat den Namen schon gehört, weiß aber nicht mehr, in welchem Zusammenhang. Sie packt ihren spanischen Krimi aus, der Detektiv heißt Pepe Carvalho, aber dann nickt sie immer wieder über der ersten Seite ein.
Pepe Carvalho ist der berühmteste Held des Vielschreibers Manuel Vázquez Montalbán (1939–2003) aus Barcelona, der in seinen millionenfach verkauften und in 20 Sprachen übersetzten Krimis ein Bild der spanischen Gesellschaft nach der Franco-Diktatur zeichnet. Sie lesen sich wie Chroniken und stecken voller Anspielungen. Auch wegen seiner Leidenschaft für die spanische, besonders die katalanische Küche ist der Detektiv Carvalho etwas ganz Besonderes in der internationalen Krimilandschaft. Zu den bekanntesten Titeln der Pepe-Carvalho-Serie zählen: »Ich tötete Kennedy« ( Yo maté a Kennedy , 1972), »Die Einsamkeit des Managers« ( La soledad del manager , 1977) oder »Der letzte Bolero« ( El hombre de mi vida , 2000).
Es ist einfach zu heiß, und der Roman sprachlich vielleicht noch ein bisschen zu anspruchsvoll für Lena. Das Buch fällt auf ihre Bastmatte und endlich gibt Lena auf und legt sich einfach dazu und schläft, bis die Fußballberichte im Radio hitziger werden. » ¡Goooooooooooooooooooooool! « schallt es aus mindestens drei Richtungen gleichzeitig über den schläfrigen Picknickplatz und alle kommen langsam wieder zu sich. Es ist 17 Uhr. Ende der siesta .
Fútbol – der spanische Nationalsport
Nachdem Spanien 2010 Fußballweltmeister und 2008 Europameister geworden ist, gilt endlich auch die Nationalmannschaft in Spanien etwas. Wichtiger sind allerdings immer noch die Fußballclubs der Primera División , der Ersten Liga. Die drei einzigen Teams, die seit Ligagründung nie abgestiegen sind, sind Real Madrid , der erfolgreichste Verein Europas, der FC Barcelona , genannt Barça [ bar sa], sein ewiger Konkurrent, sowie Athletic Bilbao aus dem Baskenland.
Real Madrid , bei uns auch gern »die Königlichen« genannt, in Spanien dagegen entweder »El Real Madrid« oder »El Madrid«, ist mit einem Markenwert von 1 Milliarde Euro der wertvollste Fußballverein der Welt und verfügt sogar über einen eigenen Privatjet. Er holte 31 Mal den Titel in der Ersten Liga. Stadion: Santiago Bernabéu, 80.000 Plätze.
Barça , die Blau-Roten (katalanisch blaugrana ), trägt seine Heimspiele im Stadion Camp Nou aus, dem mit 98.000 Plätzen größten Fußballstadion Europas, und holte 20 Mal den Titel. Ein Spiel zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona heißt El Clásico und garantiert enorme Zuschauerzahlen.
Die baskische Mannschaft Athletic Bilbao , genannt Los Leones (die Löwen), mit ihrem Stadion San Mamés, das nur halb so groß ist wie Camp Nou, dafür das älteste Stadion Spaniens, nimmt eine Sonderrolle ein: Traditionell werden nur baskische Spieler, insbesondere aus der Provinz Bizkaia, aber auch aus dem baskischen Teil Navarras und dem französischen Baskenland, verpflichtet. Wer nicht Baske ist, muss zumindest schon in einer baskischen Jugendmannschaft groß geworden sein. So ist dieser Club ohne Milliarden und ohne Spieler aus aller Welt eigentlich ein echter Anachronismus, spielt aber dennoch erstklassigen Fußball und holte immerhin acht Mal den Titel.
Nach einer Umfrage von 2007 erklärten 32,8 % der Spanier Real Madrid zum beliebtesten Verein, der FC Barcelona erhielt 25,7 %. Dann folgten, weit abgeschlagen, der FC Valencia (5,3 %) und Athletic Bilbao (5,1 %).
Da kommen zwei verstaubte und mit Dreck bespritzte Geländemaschinen angeknattert und hinter ihnen zwei verbeulte Kleinwagen, die mit quietschenden Reifen auf den ungeteerten Parkplatz brettern und alle aufbrechenden Picknicker mitsamt ihrem Hab und Gut in einer gigantischen Staubwolke untergehen lassen. Die Subwoofer geben einen dröhnenden Bass vor, der sich mit der Herzfrequenz unheilvoll vermischt. Lena fasst sich ans Herz. Kann man von diesem Gestampfe Herz-Rhythmus-Störungen bekommen?
»Idioten«, schimpft Lena los, » gilipollas, idiotas, hijos de ... «
Abi und Rafa sehen Lena an, als habe sie gerade ein Delikt zwischen Majestätsbeleidigung und Landesverrat begangen.
Was ist da schiefgelaufen?
» ¿Ehhhh? ¿Qué te pasa? Was ist denn mit dir los?«, fragt Abi. »Lass sie doch, die Jungs wollen doch nur ein bisschen Spaß haben hier oben«, meint auch Rafa.
Aha,
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