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Feuchte Ernte. Zwölf schwule Herbstgeschichten.

Feuchte Ernte. Zwölf schwule Herbstgeschichten.

Titel: Feuchte Ernte. Zwölf schwule Herbstgeschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Janus
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musste ihm recht geben! Die Auftragslage war sowieso nicht besonders gut zum Herbst in meinem Geschäft, also erklärte ich mich bereit.
    Benjamin wollte ein Massivhaus, richtig Stein auf Stein, kein Papp-Fertighaus. Das war nur mit einer Menge Leuten zu bewältigen, wenn es noch vor dem ersten Kälteeinbruch fertig werden sollte. Ich musste mich um zusätzliche Maurer und Zimmerleute kümmern, denn die Arbeiter, die Benjamins Architekt engagiert hatte, waren einfach zu lahmarschig.
    An einem Montag im September war die neue Truppe bestellt. Ich sah ungeduldig auf die Uhr – zehn Minuten über der vereinbarten Zeit! Der Spruch »pünktlich wie ein Maurer« bezieht sich bekanntlich eher auf den Feierabend als auf den Arbeitsbeginn. Da tuckerte ein verbeulter Kleinlaster auf der einsamen Straße heran. Er hielt vor dem wackeligen Bauzaun an Benjamins Grundstück. Ein bärbeißiger Kerl in Zimmermannskluft sprang vom Fahrersitz, sah sich um und schlurfte auf mich zu. Nach ihm stiegen noch fünf Leute aus, der Kleidung nach vier Maurer und ein weiterer Zimmermann, lauter kräftige Kerle, wenn auch wirklich keine Schönheiten. Sie wirkten eher wie eine abgerissene Wanderzirkustruppe, die sich auf eine Baustelle verirrt hatte.
    Der Bärbeißige starrte mich an, sah sich dann noch einmal um und grunzte: »Jürgen noch nicht da?« Grüßen hatte er anscheinend nicht gelernt.
    Ich versuchte zu improvisieren. »Nein, Jürgen ist noch nicht da«, gab ich zur Antwort, obwohl ich keine Ahnung hatte, wer Jürgen war.
    Der Zimmermann kraulte sich den halb kahlen Schädel und wischte sich die schiefe Nase. »Scheiße!«, schnauzte er und schwieg dann.
    Ich nickte zustimmend. Wenn Jürgen nicht da war, lief anscheinend nichts! Der Bärbeißige schien jedenfalls weder einen Namen noch die Befehlsgewalt zu haben. Auch die anderen fünf Kerle standen bloß stumm da und starrten Löcher in die Luft. Einer kratzte sich an der Schwanzbeule, ein anderer wurde von seiner Arbeitshose offenbar so gekniffen, dass er sich dauernd den Stoff aus der Arschritze ziehen musste.
    Glücklicherweise bog da ein zweites Auto, ein alter amerikanischer Straßenkreuzer, in die Einfahrt ab und hielt mitten auf der Baustelle. Das wurde interessant! Ein wahrer Hüne stieg aus, blond, muskelbepackt bis zum Gehtnichtmehr, mit scharfkantigem, energischem Gesicht. Er schritt auf mich und die dröge dastehenden Arbeiter zu wie ein König. Und siehe da, in die schlaffe Gruppe kam Leben! Die fünf Männer von der »Wanderzirkustruppe« standen plötzlich stramm und elastisch da, der Bärbeißige bekam leuchtende Augen und hielt dem Ankömmling freudig die Pranke entgegen.
    Der Neue schüttelte sie kurz und blaffte dann: »Was steht ihr hier rum? Seht euch um, guckt, wo das Material lagert, wie weit die andern sind, oder geht wenigstens pinkeln, damit ihr nachher bei der Arbeit nicht dauernd wegrennt!«
    Folgsam verteilten sich die sechs Leute auf der Baustelle. Ich musste innerlich grinsen. Der Typ hatte seine Leute im Griff! Er kam zu mir und streckte mir die Hand hin. Ich fürchtete, er würde meine Finger zerquetschen. Aber sein Händedruck war angenehm.
    »Jürgen Brand, Bauführer!«, sagte er. »Tut mir leid, dass ich zu spät bin. Hatte einen Platten, musste noch schnell den Reifen wechseln.«
    Ich sah zu seinem alten Auto hinüber und dann wieder in sein frisches, sympathisches Gesicht. »Macht nichts, kann jedem passieren«, gab ich zurück. »Ich bin Holger Lohausen, ich vertrete den Bauherrn Benjamin Lohausen.«
    Jürgen nickte. Die Baustelle hatte er bereits nebenbei in Augenschein genommen. »Scheint nicht so recht vorwärtszugehen bei dir«, meinte er grinsend. Auf dem Bau duzen sich alle, das ist so üblich.
    »Ich hoffe, dass du mit deinen Leuten die Sache schneller voranbringst!« Eigentlich zweifelte ich daran, so, wie Jürgens Truppe aussah. Aber ich wurde eines Besseren belehrt.
    »Wird schon!«, schnaufte Jürgen nur, dann stiefelte er los.
    Er war überall zugleich und begutachtete alles sehr fachkundig. Seine Anweisungen waren präzise und sinnvoll. Der bärbeißige Zimmermann schwang sich übers Gerüst wie ein junger Gott, die übrigen fünf Männer mauerten Wände und sägten Balken, dass der Mörtel und das Sägemehl nur so stiebten. Und nicht nur das. Jürgen stauchte auch die »alten« Arbeiter so zusammen, dass die doppelt so schnell arbeiteten wie vorher, und redete auf den ursprünglichen Polier so lange ein, bis der alles machte, was

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