Feuer der Nacht
wäre alles wunderbar, während in Wirklichkeit alles total daneben war. Madelyn lehnte die Einladung mit einem Lächeln ab und bestätigte noch einmal den Zeitpunkt für das Treffen vor der Kirche am morgigen Abend.
Auf dem Parkplatz ging Peach hinter Madelyn her zu deren Auto anstatt zu ihrem eigenen. »Was macht Jaclyn? Ich will jetzt kein allgemeines, halbherziges ›alles prima‹ zur Antwort. Sie scheint sich ja gut zu halten, aber da du nun mal ihre Mutter bist, nehme ich an, du weißt, ob das bloß Show ist oder ob sie wirklich so gefasst ist, wie sie tut.«
»Sie kommt mit der Situation besser zurecht, als ich das an ihrer Stelle könnte.« Madelyn bemühte sich sehr, Geschäft und die Sorge um ihre Tochter zu trennen, doch die Sorge war immer irgendwie da. Tagsüber hatte ihr zunehmender Ärger diese Sorge überdeckt. Ärger war einfacher als Sorge; mit Ärger konnte sie umgehen. Wenn sie sich jetzt nur auf eine Person festlegen könnte, auf die sie sauer war, doch der Zielscheiben gab es so viele, dass sie sich nicht auf eine zu beschränken vermochte.
Sollte sie über Carrie Edwards verärgert sein, weil sie so ein elendiges Luder war und ihnen allen das angetan hatte? Oder sollte sie Eric Wilder als Zielscheibe für ihren Ärger wählen, weil er die Stirn hatte, Jaclyn wie eine Verbrecherin zu behandeln? Momentan war es einfacher, auf alle und jeden sauer zu sein.
»Der Mord als solcher ist schon schlimm genug«, fauchte sie, »aber ich kriege so einen Hals, dass jemand glauben könnte – selbst nur eine Minute lang –, dass sie so etwas getan haben könnte. Ich schwöre dir, wenn ich diesen Eric Wilder allein in einem Zimmer zu fassen kriegte, dann …«
»Ich weiß, was ich mit ihm anstellen würde, wenn ich ihn in einem Zimmer allein für mich hätte«, murmelte Peach, leckte sich die Lippen und fügte, als sie sich dabei ertappte, noch schnell hinzu: »Er hat eine anständige Tracht Prügel verdient.« Sie hielt inne, schürzte die Lippen. »Nun, das ist wohl nicht so herausgekommen, wie ich es beabsichtigt hatte.«
Madelyn seufzte. »Wohl schon. Wie kann ein gut ausgebildeter Detective bloß so blind sein? Jaclyn ist nicht fähig, auch nur …«
Peaches Stimme klang ungewohnt ernst, als sie sagte: »Ich weiß nicht recht. Sind wir nicht alle zu so etwas fähig, in unserem tiefsten Inneren? Wenn die Gelegenheit günstig ist und die Motivation stimmt? Nicht, dass ich glauben würde, dass Jaclyn Carrie Edwards umgebracht hat«, fügte sie schnell hinzu. »Nicht eine Sekunde lang. Aber meinst du nicht, dass du unter bestimmten Umständen einen Mord begehen könntest, um jemanden zu schützen, den du liebst? Ich könnte das bestimmt. Vielleicht ist der Täter ja jemand, den man zu solcher Gewalt gar nicht für fähig hält?«
»Das nehme ich an«, sagte Madelyn sanft. Peach versuchte, vernünftig zu sein, doch Madelyn wollte das nicht. Sie war Mutter, und ihr Kind wurde bedroht. Ihr Ärger flammte wieder auf. »Eines kann ich dir jedenfalls sagen: Wenn Jaclyn Carrie Edwards hätte umbringen wollen, dann hätte sie das auf eine Art und Weise getan, die keine Aufmerksamkeit auf sie gelenkt hätte. Sie wäre zu klug, eine Frau zu töten, die sie kurz vorher vor einer Handvoll zuverlässiger Zeugen geschlagen und gefeuert hatte.« Wenn Jaclyn Carrie Edwards hätte töten wollen – nicht, dass sie es getan hat, natürlich nicht –, dann wäre die Leiche nie entdeckt worden. Daran hatte Madelyn keinen Zweifel, weil sie und ihre Tochter sich nämlich sehr ähnlich waren, und auf diese Weise hätte sie den Mord angepackt.
Autos verließen den Parkplatz, denn die Hochzeitsgesellschaft machte sich von der Kirche auf den Weg zum Probedinner. Sie und Peach winkten allen zu, sie lächelten und riefen ihnen ein herzliches »Bye-Bye« hinterher.
Madelyn wollte unbedingt mit Jaclyn reden; sie wollte ihrer Tochter zumindest noch sagen, dass sie stets für sie da sei, und sie noch einmal fragen, ob sie etwas brauche. Doch die Hochzeitsprobe, die Jaclyn abwickelte, hatte eine Stunde später begonnen als die Bonbonhochzeit in Pink, und somit war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für ein Telefonat. Sie musste abwarten, bis Jaclyn sie
anrief.
In Anbetracht des Mordes und des Argwohns, der in der Luft lag, sowie ihres allgemeinen Ärgers, der ständig noch zunahm, war Madelyn nicht gerade erpicht darauf, allein zu sein. Sie wandte den Kopf ihrer Freundin zu. »Hast du was vor zum Abendessen?«
»Gilt ein
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