Feuer der Wildnis - Feehan, C: Feuer der Wildnis - Savage Nature
konnte hören, wie Saria tief Luft holte. Die beiden verwundeten, blutigen Leoparden, die mit hängender Zunge und bebenden Flanken am Boden lagen, zuckten zusammen, und versuchten, in die Büsche zu kriechen. Doch als Remy sich umdrehte und sie fixierte, ließen sie es sofort wieder bleiben. Langsam wandte Sarias Bruder sich wieder Drake zu und musterte ihn mit einem verwirrten Stirnrunzeln.
»Was willst du damit sagen, verdammt?«
»Dass ich mehr weiß als du. Vor ein paar Wochen hat ein Mitglied eures Rudels versucht, sich Saria aufzudrängen. Anscheinend hat niemand auf sie geachtet. Weder ihre Artgenossen noch ihre Familie.«
»Von Zurückhaltung hältst du also nichts«, konstatierte Remy.
»Das solltest du bedenken, wenn du mich noch mal zum Kampf aufforderst.«
Ein kurzes Lächeln spielte um Remys Mund. »Außerdem bist du ein sturer Hund.«
»Darauf kannst du Gift nehmen«, gab Drake freimütig zu. »Du hast nicht auf sie aufgepasst.« Sein Ton war vorwurfsvoll und beinah verächtlich.
Saria straffte die Schultern. »Ich bin hier«, sagte sie an alle beide gerichtet, »und ich bin keine Geisel. Ich bin aus freien Stücken mit Drake gegangen.«
»Alles in Ordnung, Saria?«, fragte Remy. »Komm her, cher .« Doch ehe Saria gehorchen konnte, trat Drake ihr in den Weg und schnitt sie von ihren Brüdern ab. »Nein, keiner fasst sie an.«
Remys stechender Blick bohrte sich in seine Augen, und die Iris um die Pupillen waren dabei so gut wie komplett verschwunden. Remys Leopard war immer noch sehr nah – und sehr wütend. »Diese beiden haben es gewagt, auf meine Schwester zu schießen«, zischte er. »Es ist mir scheißegal, ob sie leben oder sterben. Und ich denke, es ist nicht zu viel verlangt, dass ich meine Schwester sehen möchte. Ich will wissen, ob es ihr gut geht. Saria, komm sofort her, verdammt, ehe ich deinen Romeo umbringe.« Remys Stimme war sehr leise, wie eine samtene Hülle über einem stählernen Dolch. »Und ihr andern solltet aufhören, euch hinter euren Gewehren zu verstecken. Wählt, Mensch oder Leopard«, rief er herausfordernd.
Seine Brüder rührten sich ein wenig, als wollten sie protestieren.
Armande und Robert verwandelten sich unter großen Schmerzen wieder in Menschen und versuchten stöhnend, das Blut zu stillen, das sich bereits um sie herum sammelte.
Drakes Augen glühten bernsteinfarben. Er kämpfte gegen die heiße Wut und die Wildheit seines Leoparden, der auf die offene Kampfansage ansprang.
»Wir haben nur geschossen, um ihr Angst einzujagen«, wiegelte Armande mit schwacher Stimme ab. Er hatte Menschengestalt angenommen, damit seine Wunden verarztet werden konnten. »Ich habe aufgepasst, dass ich sie nicht treffe.«
»Halt die Schnauze, verdammt noch mal«, schnitt Remy ihm eiskalt das Wort ab. »Sonst bring ich dich doch noch um.« Es war ihm todernst, man sah es an seinem rastlosen Hin- und Herstreifen, das er trotz der Waffen, die auf ihn gerichtet waren, plötzlich wieder aufnahm. Er sah Drake wütend an. »Schick meine Schwester rüber, sofort.«
Die Lage spitzte sich weiter zu und schien auf einen heftigen Zusammenstoß zuzusteuern, weil die beiden männlichen Leoparden unnachgiebig um die Vorherrschaft stritten und ihre menschlichen Gegenstücke anfeuerten. Drake versuchte, seinen Zorn wegzuatmen. Normalerweise war er ein besonnener, ruhiger Mensch. Sein Selbstvertrauen und die Willensstärke, mit der er das Tier in sich dominierte, war der Grund, warum er zum Teamleiter gewählt worden war, doch im Augenblick konnte er seine Angriffslust kaum bezähmen.
»Stimmt was nicht?«, flüsterte Saria. »Glaubst du, mein Bruder würde mir etwas tun?«
War es das? Gute Frage. Was zum Teufel war los mit ihm? Remy hatte vielleicht Anlass anzunehmen, dass er Saria gegen ihren Willen bei sich hatte, doch er umgekehrt hatte keinen Grund zu glauben, dass Remy seiner Schwester wehtun würde. Also worauf reagierte sein Leopard, verflucht?
Drake rieb sich den Nasenrücken und musterte sein Gegenüber. Er fühlte sich wie gegen den Strich gebürstet. Jede Zelle seines Körpers war hellwach und kampfbereit. Und sein Leopard tobte.
»Drake?« Sarias Stimme zitterte.
Diese eine ängstliche Frage reichte, um ihn zur Vernunft zu bringen. Auch wenn sein Leopard weiter nach außen drängte, Drake wandte sich Saria zu. Ihr Gesicht war blass und die Augen riesengroß. Sie versuchte, mutig zu sein, doch da ihre Brüder kurz davor waren, außer Kontrolle zu geraten, und Drake die
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