Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
noch eine Enthüllungsjournalistin.«
Papa steht auf und nimmt sie lange und fest in den Arm. Minoo steigen Tränen in die Augen. Sie liebt ihn so sehr. Sie liebt beide so sehr. Wenn sie doch füreinander auch so empfinden könnten.
Aber vielleicht tun sie das, denkt Minoo. Ganz tief drinnen.
Sie will so gerne daran glauben.
»Wie gefällt dir das hier?«, fragt Ida, als sie aus dem Bad in ihr Zimmer zurückkommt.
»Superschön«, sagt Julia. »Perfekt. Oder was meinst du?«
»Ich weiß nicht.«
Das Kleid ist auf dem Rücken weit ausgeschnitten, und der schwarze Stoff flattert um ihre Beine, wenn sie sich einmal um sich selber dreht.
»Es ist irgendwie mehr ein Festkleid«, fährt sie fort. »Es passt nicht zu einem romantischen Nachmittag zu Hause. Oder?«
»Genau«, sagt Julia und nickt.
Ida seufzt genervt. Es ist schwer, jemanden um Rat zu fragen, der einem immer recht gibt.
»Wenn es dir so gut gefällt, willst du es dir vielleicht mal ausleihen?«, fragt Ida.
»Vielleicht«, sagt Julia und schaut weg.
Sie wissen beide, dass Julia es niemals tragen wird, weil ihr ganzer Rücken übersät ist mit Pickeln. Sogar am Dammsee lässt sie immer ein Shirt über dem Bikini an. Und sie badet nie.
»Ich glaube, das hier ist besser«, sagt Ida und zieht ein geblümtes Kleid aus dem Schrank.
Sie geht ins Bad, um sich umzuziehen.
»Oh, ich finde es so süß von Erik, dass er dich zum Essen einlädt«, ruft Julia. »Ihr habt das ganze Haus für euch alleine. Das ist doch Luxus pur! Ich wünschte, ich hätte so einen Freund.«
»Vielleicht kommst du ja mit Kevin zusammen«, sagt Ida neckend und steigt aus dem schwarzen Kleid.
»Hör bloß auf!«, quietscht Julia. »Weißt du, was er gesagt hat? Es gibt nichts Besseres als Mädchen mit gutem Körper und hässlichem Gesicht. Weil man sie poppen kann, ohne sich zu verlieben.«
Ida kichert. Als ob Kevin von so was eine Ahnung hätte.
»Also, Robin und Erik haben sich neulich darüber unterhalten, wie unreif Kevin ist«, sagt Julia. »Dass er sich seit der Siebten nicht weiterentwickelt hat. Sie wissen nicht, wie lange sie noch den Nerv haben, sich mit ihm abzugeben.«
»Das haben Robin und Erik gesagt?«, fragt Ida und zieht das Blumenkleid über den Kopf. Sie bekommt es kaum über die Hüften.
»So was in der Art«, sagt Julia.
Ida schaut in den Spiegel. Sie sieht aus wie eine geblümte Presswurst. Entweder liegt es an der Hitze, dass sie ein bisschen aufgedunsen ist, oder sie hat zugenommen. Angeekelt zieht sie das Kleid wieder aus.
»Ich könnte mir vielleicht Rickard vorstellen«, ruft Julia.
»Welchen Rickard? Johnsson? Den Fußballer?«
»Ich finde ihn eigentlich ziemlich heiß«, sagt Julia.
Ida und ihr Spiegelbild schauen sich an und verdrehen gemeinsam die Augen. Julia kann keine eigene Meinung verkünden, ohne Wörter wie »vielleicht«, »ziemlich« oder »eigentlich« über den Satz zu verteilen. Nur um sich abzusichern.
»Felicia findet das auch«, schiebt Julia hinterher.
»Ich hätte nicht gedacht, dass Felicia überhaupt noch Augen für einen anderen als Robin hat«, sagt Ida und zieht das schwarze Kleid wieder an.
Scheißegal, ob es zu festlich ist. Es sitzt perfekt. Und Mama sagt, schwarz macht schlank.
»Was ist mit dem geblümten?«, fragt Julia, als Ida in ihr Zimmer zurückkommt.
»Du hattest recht«, sagt Ida und lächelt. »Das hier sieht verdammt gut aus.«
Erik wohnt nur ein paar Straßen weiter, und Ida geht langsam, um nicht zu schwitzen. Als sie vor der Haustür steht, fährt sie sich mit den Fingern durch die Haare und schüttelt sie aus. Dann klingelt sie.
Erik macht sofort auf. Als hätte er auf dem Fußabtreter gesessen und gewartet.
»Du siehst toll aus«, sagt er und zieht sie an sich, küsst sie fordernd auf den Mund. »Sexy.«
»Danke«, sagt Ida und befreit sich aus seinem Griff. »Gleichfalls.«
Erik wirkt zufrieden. Er duftet nach Herrenparfüm und hat einen Anzug an. Seine kräftigen, dunklen Haare sind zurückgekämmt. Er sieht älter aus. Reifer. Das gefällt Ida. Sie versucht, das Gefühl festzuhalten. Natürlich muss sie sofort wieder daran denken, wie er sich wegen Anna-Karin auf dem Schulhof in die Hose gepinkelt hat. Entschlossen verscheucht sie den Gedanken. Warum kann sie diesen Zwischenfall nicht einfach vergessen, nachdem alle anderen es scheinbar auch geschafft haben?
»Setz dich ins Wohnzimmer. Ich besorge uns einen Drink«, sagt er.
»Luxuriös«, sagt Ida lächelnd.
Sie geht ins
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