Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns
Kassettenrekorder. Sie lachte, nach Luft schnappend, zu hysterisch, um sprechen zu können, und lachte immer weiter.
Ein zweiter Traum verschwamm mit dem ersten. Darin war ich auf der Epilepsie-Station, aber ich war völlig nackt und versuchte, mich in einem Badezimmer zu verstecken. Ich hörte eine Gruppe von Krankenschwestern, die vorbeikamen, und versuchte, mich zu verstecken, doch als ich um die Ecke bog, sah ich plötzlich Adeline, die philippinische Schwester der Abteilung. Nun war ich vollständig bekleidet.
»Susannah«, sagte sie. »Ich habe gehört, dass du nicht auf dich aufpasst. Was für eine Schande.«
Obwohl ich zögere, diese Träume freudianisch zu interpretieren, drücken sie doch eindeutig die Angst und Scham aus, die ich darüber empfand, wie ich mich im Krankenhaus benommen hatte und wie andere mich während meiner Genesung wahrgenommen haben. Es war nicht der Zustand, in dem ich mich psychisch befinden wollte, als ich begann, an meinem ersten großen Auftrag für die Post zu arbeiten. Ich wollte nicht erschöpft und aufgeregt sein, und diese Videos hatten mein inneres Gleichgewicht gestört.
Aber ob ich nun dazu bereit war oder nicht, am Sonntag, den 4. Oktober, erschien die größte Geschichte meiner Karriere in der Post unter der Überschrift »Meine rätselhaften verlorenen Monate des Wahnsinns: Ich war eine glückliche 24-Jährige, die plötzlich epileptische Anfälle und Paranoia bekam. Sollte ich etwa verrückt werden?«
Kapitel 48
Die Schuld der Überlebenden
E s ist etwas anderes, ob man über die eigene Erkrankung Nachforschungen anstellt und abstrakt an andere Menschen denkt, die an derselben Krankheit erkrankt sind, oder ob man tatsächlich jemanden kennenlernt, der Gefahr läuft, im System verloren zu gehen.
Da ich die einzige Patientin im NYU war, bei der jemals eine Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis diagnostiziert wurde, war ich mir immer so vorgekommen, als gehörte ich zu einer exklusiven Gruppe gehfähiger Verwundeter ohne irgendwelche Landsleute, mit denen ich Kriegsgeschichten austauschen könnte. Ich täuschte mich.
Obgleich die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis selten vorkommt, gehört sie zu den über 100 verschiedenen Arten von Autoimmunerkrankungen, an denen schätzungsweise 50 Millionen Menschen in den USA erkranken, eine überwältigende Zahl, die sich in den letzten drei Jahrzehnten mehr als verdreifacht hat. Die alarmierende Mehrheit von Autoimmunerkrankungen – rund 75 Prozent – tritt bei Frauen auf, womit wir Frauen davon stärker betroffen sind als von allen Krebserkrankungen zusammen. Autoimmunerkrankungen sind sehr wahrscheinlich die Nummer eins der Ursachen für Arbeitsunfähigkeit bei Frauen jeden Alters. Es gibt vielfältige Theorien darüber, warum Frauen so überproportional oft darunter leiden, das reicht von genetischen, umweltbedingten oder hormonellen Ursachen – die meisten Frauen sind bei ihrer Diagnose im gebärfähigen Alter – bis zu der Tatsache, dass das weibliche Immunsystem komplizierter ist – es muss während der Schwangerschaft den Fetus erkennen und schützen, der ein halbfremdes Wesen ist –, und wenn alles komplexer ist, fallen auch Funktionsstörungen schwerer aus. Bisher ist dies nur ein Rätsel in einer Reihe von Fragezeichen.
Dr. Dalmau und sein Labor haben auch andere, an bestimmten Rezeptoren ansetzende Autoimmunerkrankungen im Gehirn identifiziert. Die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ist wohl eine seltene, aber nicht einmalige Form. Durch Antikörper vermittelte Autoimmunerkrankungen zählen inzwischen zu einer eigenständigen Syndromgruppe. Dr. Dalmaus Labor hat sechs weitere Antikörpertypen identifiziert, die verschiedene Rezeptoren im Gehirn zum Ziel haben, zusätzlich zu dem auf NMDA-Rezeptoren abzielenden Typ, unter dem ich gelitten habe. Die Zahl nimmt zu. Dr. Dalmau schätzt, dass es nach Abschluss der Untersuchungen letztlich 20 oder mehr werden könnten. Diese Entdeckungen werden endlich den Krankheiten Namen geben, die vage als »Enzephalitis unbekannter Ursache« oder »nicht weiter spezifizierte Psychose« oder überhaupt nicht bezeichnet werden.
Es war daher nicht erstaunlich, dass sich nach Erscheinen des Artikels in der Post mein Posteingang mit Hunderten von E-Mails von Müttern und Vätern füllte, bei deren Kindern kürzlich alle Arten von Autoimmunerkrankungen diagnostiziert worden waren, von Frauen meines Alters, die mitten in derselben Krankheit steckten, und von Leuten, die vermuteten, jemand von
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