Feuer und Eis
spät abends. Manchmal bat sie um eine zweite Chance, manchmal verhielt sie sich verbittert und verächtlich, dann wieder – so wie heute – verführerisch.
Xante verspürte eine solche wütende Verzweiflung in sich, dass er tatsächlich einen Augenblick darüber nachdachte, ihr Angebot anzunehmen. Doch diese Lösung würde ihre ganz eigenen Probleme mit sich bringen.
„Athena, das muss aufhören …“ Aus dem Hörer drang nur Schweigen. „Es war ein langer Tag, und ich muss morgen früh aufstehen.“
„Ein anstrengender Tag mit deiner englischen Rose?“ Statt Verführung schwang in ihrer Stimme jetzt nur noch reines Gift mit. „Ich habe in der Zeitung über euch gelesen und euch bei dem Rugbyspiel im Fernsehen gesehen. Sie passt überhaupt nicht zu dir, Xante.“
„Hältst du dich immer noch auf dem Laufenden, was mich angeht?“ Er lachte humorlos auf. „Man sollte wirklich meinen, du hättest deine Lektion gelernt.“
„Denkst du nicht, ich habe ausreichend für meinen Fehler bezahlt? Bitte, Xante, morgen kommst du nach Hause, morgen …“
Xante unterbrach die Verbindung.
Morgen würde er nach Griechenland fliegen. Dort würden sie ihm wieder alle zu verstehen geben, er müsse endlich einsehen, dass sein Weg nur in die Irre führte. Stattdessen solle er endlich auf die Insel zurückkehren und Athena heiraten … nur so würde ihre Ehre wiederhergestellt werden.
Nun, es war nicht länger an ihm, das zu tun. Es gab keinen Grund, weshalb ihn ihretwegen Schuldgefühle plagen sollten. Und auch was Karin anging, fiel ihm nichts ein, warum er sich schuldig fühlen müsste! Er hatte sich absolut ehrenhaft verhalten! Hatte er die Rose nicht rechtmäßig erworben? Hatte er sie ihr nicht großzügig für einen Tag geliehen? Nur um sich dafür wie ein niederer Lakai behandeln zu lassen!
Warum fühlte er sich dann trotzdem schuldig?
Kurz entschlossen rief er, trotz der späten Stunde, seine Assistentin an und teilte ihr seine kleine Planänderung mit. Dann telefonierte er nach seinem Fahrer.
Sein Handy klingelte, als der Wagen sich in Bewegung setzte. „Für die Startfreigabe benötige ich den Namen des zusätzlichen Passagiers.“
„Karin Wallis“, erwiderte er und klappte das Telefon zu. Er ließ es zurück in die Manteltasche gleiten, wobei es gegen eine kleine Schatulle prallte.
Er hegte keinerlei Zweifel, dass sie mitkommen würde. Immerhin besaß er etwas, das sie über alle Maßen begehrte …
Und Karin besaß etwas, das er wollte.
Erschöpft kehrte Karin ein zweites Mal nach Omberley Manor zurück. Und diesmal betrat sie das Haus.
Drinnen fand die übliche Party statt, weshalb sie sich gleich in die Bibliothek zurückzog.
Oh, wie sehr sie Xante wollte!
Bittersüße Tränen liefen ihr über die Wangen. Was musste er bloß von ihr denken? Wie gemein sie ihn behandelt hatte – genau wie die hochnäsige Eisprinzessin, für die er sie hielt. Aber das war immer noch besser, als ihn an sich heranzulassen.
Ihr Blick fiel auf eine Kristallkaraffe. Sie hob den Deckel ab und atmete das starke Aroma von Whiskey ein, das sie sofort an Xantes berauschenden Geschmack erinnerte. Für ein paar Minuten war ihr Körper zum Leben erwacht. Zum ersten Mal seit sie siebzehn war, hatte sie sich wieder schön und begehrenswert gefühlt.
Sie wollte ihn wieder schmecken.
Also schenkte sie ein Glas Whiskey ein und nippte daran. Unwillkürlich verzog sie das Gesicht, als habe sie scheußliche Medizin geschluckt. Aber die Erinnerung auf ihren Lippen zu schmecken, war jede Pein wert.
„Karin!“ Ihr Bruder hämmerte gegen die Tür. Ihm stand das ganze Haus zur Verfügung, warum konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen?
„Was?“ Wütend schloss sie die Tür auf und öffnete.
„Schließt du dich endlich der Party an?“ Angesichts seiner Schwester, die ein Whiskeyglas in der Hand hielt, zog Matthew eine Augenbraue hoch. „Du hast Besuch.“
Er deutete mit dem Kopf in Richtung Eingangstür. Als Karin seinem Blick folgte, setzte ihr Herz aus. Dort stand, atemberaubend gut aussehend, Xante inmitten des Partygetümmels. Verächtlich schaute er sich um, bis er schließlich Karin entdeckte.
„Xante!“, brachte sie krächzend hervor. „Ich habe nicht erwartet …“
„Ganz offensichtlich nicht.“
Sie widerte ihn an. Umgeben von den Hinterlassenschaften einer wilden Party stand sie da, der elegante Anzug zerknittert, das Make-up verschmiert, ein Glas Whiskey in der Hand. Jedes Schuldgefühl ihr
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