Feuer Und Stein
vielleicht erzählen, daß ich dich nicht ebenso lieben darf wie du mich? Dann, Jamie Fraser, dann laß dir gleich gesagt sein, daß das nicht stimmt.«
Jamie wollte etwas erwidern, aber diese Erklärung machte ihn plötzlich sprachlos. Er schloß den Mund, und seine Schwester konnte fortfahren.
»Ich liebe dich nämlich, auch wenn du ein verdammter Dickschädel bist, und ich will nicht, daß du tot vor meinen Füßen liegst, nur weil du zu stur bist, um wenigstens einmal in deinem Leben den Mund zu halten!«
Blaue Augen funkelten in blaue Augen. Jamie schluckte die Beleidigungen und suchte nach einer vernünftigen Antwort. Er schien sich zu etwas durchzuringen. Schließlich richtete er sich in seinem Stuhl gerade auf und sagte:
»Nun gut. Es tut mir leid. Ich habe dir unrecht getan, und ich bitte dich um Verzeihung.«
Er und seine Schwester starrten sich an, aber Jamie wartete vergeblich auf ein Zeichen der Vergebung. Sie biß sich auf die Lippen, sagte aber nichts. Schließlich wurde er ungeduldig.
»Ich habe gesagt, es tut mir leid! Was soll ich sonst noch tun? Wenn du willst, daß ich vor die auf die Knie falle, dann tu ich auch das, aber sag es mir!«
Sie schüttelte langsam den Kopf.
»Nein«, sagte sie schließlich. »Ich will nicht, daß du in deinem eigenen Haus auf die Knie fällst. Steh auf.«
Jamie tat es, sie setzte das Kind aufs Sofa und stellte sich vor ihn.
»Zieh dein Hemd aus«, befahl sie.
»Nein!«
Sie riß ihm das Hemd aus dem Kilt und griff nach den Knöpfen. Wenn er nicht gewaltsam Widerstand leisten wollte, mußte er nachgeben. Er trat einen Schritt zurück und zog das besagte Kleidungsstück mit zusammengepreßten Lippen aus.
Sie betrachtete seinen Rücken mit der gleichen ausdruckslosen Miene, die ich an Jamie beobachtet hatte, wenn er ein starkes Gefühl verbergen wollte. Sie nickte, als hätte sie Bestätigung für etwas gefunden, was sie seit langem vermutet hatte.
»Nun, Jamie, du bist vielleicht ein Narr gewesen, aber du hast weiß Gott dafür bezahlt. Es muß sehr schlimm gewesen sein.«
»Das war es auch.«
»Hast du geweint?«
Unwillkürlich ballte er die Hände. »Ja!«
Jenny trat vor ihn, hob das Kinn und schaute ihn an. »Ich auch«, sagte sie leise. »Jeden Tag, seit sie dich mitgenommen haben.«
Ich erhob mich leise und ging hinaus, um sie allein zu lassen. Als ich die Tür hinter mit schloß, sah ich gerade noch, wie Jamie die Hände seiner Schwester ergriff und mit belegter Stimme etwas auf gälisch sagte. Sie trat in seine offenen Arme, und sein Kopf neigte sich zu ihrem.
27
Der letzte Grund
Wir fielen wie die Wölfe über unser Abendessen her, gingen dann in unser geräumiges Zimmer und schliefen tief und fest. Als wir aufstanden, stand die Sonne hoch am Himmel. Die Geräusche von Menschen, die fröhlich ihrer Arbeit nachgingen, und der Essensduft, der die Treppe hinaufwehte, ließen darauf schließen, daß es schon spät war.
Nach dem Frühstück machten sich die Männer fertig, um nach draußen zu gehen, Pächter zu besuchen, Zäune zu überprüfen, Wagen zu reparieren und was der vergnüglichen Aktivitäten mehr sind. Als sie in der Eingangshalle ihre Mäntel anzogen, sah Ian Jennys großen Korb auf einem Tisch unter dem Garderobenspiegel stehen.
»Wolltest du Äpfel pflücken, Jenny? Ich kann es noch tun, dann brauchst du nicht so weit zu laufen.«
»Gute Idee«, sagte Jamie mit einem Blick auf ihre ausladende Vorderseite. »Wir wollen schließlich nicht, daß sie es auf der Straße fallen läßt.«
» Dich werde ich gleich fallen lassen, Jamie Fraser«, gab sie zurück, während sie Ian in den Mantel half. »Vielleicht könntest du dich einmal im Leben nützlich machen und den Kleinen mit hinausnehmen. Mrs. Crook ist im Waschhaus, da kannst du ihn lassen.« Klein Jamie hatte sich an die Röcke seiner Mutter geklammert und rief seit einer Weile monoton »Hoch! hoch!«. Sein Onkel packte den Quälgeist mit einer Hand, hielt ihn mit dem Kopf nach unten in die Luft und trug ihn zur Tür hinaus, was der Kleine mit begeistertem Gequietsche quittierte.
Jenny tat einen Seufzer der Erleichterung und inspizierte ihre Erscheinung in dem goldgerahmten Spiegel. Ihre Wangen waren leicht gerötet, und der Glanz ihrer dunklen Haare wurde von der
blauen Seide ihres Kleides noch betont. Ian lächelte sie mit seinen warmen braunen Augen an - offensichtlich genoß er den Anblick, den seine blühende Frau bot.
»Vielleicht hast du Zeit, dich mit Claire zu
Weitere Kostenlose Bücher