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Feuernacht

Feuernacht

Titel: Feuernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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seinen Freund im Kindergarten mal von der Schaukel geschubst und Sóley einem Mädchen in einem Laden an den Haaren gezogen, aber andere gewalttätige Übergriffe hatte es nicht gegeben. Und Orri hatte noch nie einer Fliege etwas zuleide getan. Dóra hatte leider keine Definition von Jakobs IQ gefunden, mit der sie ihn einer Altersklasse zuordnen konnte – im Gegenteil: Es gab zahlreiche Verweise darauf, dass so etwas nicht angemessen sei, erwachsene Behinderte seien keine Kinder.
    Der Mann, der Jakob und seiner Mutter eben das Gebäck gebracht hatte, kam herbeigeeilt – mit Jósteinn im Schlepptau. Dóra spürte, wie sich die Haare auf ihren Armen aufrichteten. »Jósteinn hat gehört, dass du im Haus bist, und wollte ein paar Worte mit dir wechseln. Du arbeitest doch für ihn, und ihr habt euch schon mal getroffen, oder? Ist das okay für dich?«
    Dóra sah keine Möglichkeit, das zu verneinen, zumal Jósteinn dem Mann über die Schulter schaute. Sie stimmte zu, und der Mann ließ sie mitten im Flur stehen. »Ich bin in Rufweite, falls ihr mich braucht«, sagte er noch und verschwand.
    »Ich bin sehr froh, dass du den Auftrag angenommen hast.« Jósteinn lächelte und starrte auf Dóras Bauch. »Überaus froh.« Sein säuerlicher Mundgeruch erstickte Dóra fast, so dass sie automatisch einen Schritt zurückwich und sich den Kopf an der Wand stieß.
    »Äh, ich weiß natürlich noch nicht, ob wir den gewünschten Erfolg haben werden, aber es besteht Anlass weiterzumachen.« Ihr Hinterkopf tat so weh, dass sie am liebsten laut aufgestöhnt hätte. »Wegen der besonderen Umstände kann ich dich aber leider nur bedingt über den Fortgang des Falls unterrichten. Die genauen Ergebnisse meiner Untersuchung sind eine vertrauliche Angelegenheit zwischen Jakob, seiner Mutter und mir. Mehr kann ich leider nicht tun.«
    Jósteinn grinste, und seine gelben Zähne blitzten auf. Jetzt starrte er auf ihren Arm. »Ich habe ja auch gar nichts anderes verlangt.«
    »Wie kann ich dir denn einen Kostenvoranschlag zukommen lassen? Den solltest du erst mal absegnen, bevor ich weitermache. Ich kann dir auch eine Übersicht über die Stunden schicken, die ich schon an dem Fall gearbeitet habe. Hast du eine E-Mail-Adresse oder Zugang zu einem Fax?«
    Ein trockenes Rasseln, das vermutlich ein Lachen sollte, drang aus Jósteinns Kehle, und der Mundgeruch wallte wieder zu Dóra herüber. »Nein, wir dürfen hier keinen Internetzugang oder Telefon haben. Du musst fragen, ob du mir ein Fax schicken kannst. Ich denke mal, dass sie mir ausnahmsweise mal ein Blatt Papier spendieren.«
    Dóra missfiel der ironische Unterton, genauso wie alles andere am Auftreten des Mannes, der wieder reichlich Gel im Haar hatte. »Ich kümmere mich darum.« Dóra hoffte, dass die Kontaktsperre zur Außenwelt und die vielen Vorschriften nicht auch Bankgeschäfte betrafen. Vielleicht würde Jósteinn sie am Ende gar nicht bezahlen können oder hatte es nie vorgehabt.
    Jósteinn schien ihre Gedanken zu lesen. »Ich sage meinem Betreuer, dass er sich um die Zahlungen kümmern soll.« Er zog einen zusammengefalteten Zettel aus der Tasche und reichte ihn Dóra. »Hier sind sein Name und seine Telefonnummer. Du kannst ihn anrufen, wenn du eine Rechnung bezahlt haben willst.« Er grinste wieder, diesmal mit geschlossenen Augen. »Oder wenn du dich davon überzeugen willst, dass ich genug Geld dafür habe.«
    Dóra betrachtete den handgeschriebenen Zettel. Jeder Buchstabe war sorgfältig niedergeschrieben worden, offenbar mit einem altmodischen Füller. Eigentlich brauchte sie den Zettel gar nicht – sie kannte den Namen gut und wusste sogar noch die Telefonnummer auswendig.
Ari Gunnarsson.
Merkwürdiger Zufall.

10 . KAPITEL
    SONNTAG ,
10 .  JANUAR 2010
    »Ich wünsche mir, dass Oma und Opa immer bei uns wohnen.« Sóley legte die Scheibe Toastbrot, die sich unter der Marmelade bog, auf ihren Teller und lächelte breit. »Es ist viel schöner, wenn sie in der Garage sind und nicht die blöden Kisten.«
    Dóra erwiderte das Lächeln ihrer Tochter und holte den letzten Teller aus der Spülmaschine. Das Gerät war seit dem gestrigen Einzug ihrer Eltern ständig im Einsatz gewesen. Wenn sich der Haushalt erst mal eingespielt hatte, würden sie wahrscheinlich auch in Nachtschichten Geschirr und Klamotten waschen.
    »Orri Spietermann.« Sóley, Dóra und ihr fast dreijähriger Enkel waren schon auf den Beinen. Seit Orri ein T-Shirt mit einem Bild des Superhelden geschenkt

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