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Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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Haarsträhne wickelte sie mit der gewohnten Übung zu einer lockeren Schnecke und befestigte sie mit einer Libellen-Haarklammer.
    Gerald würde heute wieder in die tote Welt gehen. Sie hasste es jedes Mal aufs Neue, wenn er das tun musste, doch diesmal würde es noch viel schlimmer werden als die Male zuvor. Für ihn hoffentlich nicht. Er hatte ja geübt und konnte sich jetzt schneller fortbewegen. Aber für Maria würde es schlimm sein, weil sie vom ersten bis zum letzten Moment seiner Abwesenheit Angst um ihn haben würde.
    Es war lächerlich, denn ihre Angst half ihm nicht weiter und er brauchte ihre Sorge nicht. Doch etwas war mit Maria passiert, das sich allmählich zur Katastrophe auswuchs. Sie arbeitete dagegen an, ermahnte sich und hielt Abstand zu Gerald, wenn es möglich war, doch es wurde immer nur noch katastrophaler statt besser. Ihre Wahrnehmung veränderte sich, wenn sie ihm begegnete. Alles andere trat in den Hintergrund, während alles, was er war und ihn ausmachte, überdeutlich in den Vordergrund rückte. Es war, als sähe sie ihn in einer permanenten Nahaufnahme, jedes Detail überdeutlich und vielsagend.
    Er ahnte es nicht, dass sie ihn so genau beobachtete, dass sie jede noch so kleine Veränderung seiner Mimik und Gefühlslage bemerkte, ob sie es wollte oder nicht. Und das Schlimme daran war: Alles, was sie sah und fühlte, wenn er in ihrer Nähe war, ließ ihr Herz überlaufen. Zu behaupten, sie wäre verliebt in ihn, wäre noch stark untertrieben gewesen. Ihr ganzes Wesen war verloren gegangen in diesem Strudel, in dessen Mitte er sich befand. Es war ihr im Grunde sehr, sehr peinlich, aber tatsächlich gab es nichts an diesem Jungen, was sie hässlich, unsympathisch oder abstoßend hätte finden können, so fleißig sie sich auch bemühte, etwas Nachteiliges zu entdecken. Umso gründlicher sie ihre Liebe hinterfragte, desto stärker wurde das Gefühl.
    Sie hätte Gerald von morgens bis abends ansehen können, seine Stimme hören, sich an seinem Lachen erfreuen oder Anteil an seinen Sorgen nehmen können. Ihre Gedanken oder gar ihre Gefühle von ihm abzuwenden, schien unmöglich zu sein. Zum Glück ahnte er es überhaupt nicht. Er hielt ihr immer vor, man wisse nicht, was in ihrem Kopf vor sich ginge. Und sie könne sich so gut verstellen.
    Hoffentlich behielt er recht damit, denn wenn er es herausfände – er oder eine ihrer Freundinnen – die Hölle wäre für Maria perfekt! Hinzu kam ein schlechtes Gewissen gegenüber Scarlett. Es war nicht richtig, dass sie ausgerechnet den Freund ihrer Freundin vergötterte. Zumal sie notgedrungen viel Zeit miteinander verbrachten, Gerald und sie. Und sogar ein Geheimnis teilten, das Loch in der Wand, das in die Sumpfloch-Festung einer längst vergangenen Zeit führte.
    Es marterte Maria. Dabei wusste sie nicht mal, was sie täte, wenn ihr jemand einen Zauber anbieten würde, der all diese Gefühle verschwinden ließe und ihre Erfahrungen rückgängig machen würde. Das war nämlich das Fatale daran: dass es sich anfühlte, als sei diese Liebe Marias Bestimmung, ihr wahres Wesen, ihre Erlösung, ihr Schicksal oder ihr ganz persönliches Drama, ohne das die Welt grau und farblos werden würde.
    Dabei war die Welt gar nicht grau und farblos gewesen, bevor ihr das zugestoßen war. Doch jetzt, schwimmend in diesen schmerzhaften Wohlgefühlen einer unerfüllbaren Sehnsucht, wollte Maria nicht mehr davon lassen. Ihr Herz wollte lieber leiden statt nichts zu fühlen und dafür hätte sie es tagtäglich an die Wand schmeißen können.
    Aber so war es nun mal, da musste sie durch. Auch heute und an diesem Morgen, obwohl ihr Herz einen Aufstand machte, der mit Trischas schlimmsten Momenten vergleichbar war. Maria musste nur an die grauenvolle Tür denken, hinter der Gerald verschwinden würde, und ihr Magen verwandelte sich in ein schwarzes Loch. Unvorstellbar, dass sie heute Morgen etwas verdauen könnte, die Wirklichkeit war ohne glibberiges Stachelbeergelee schon unverträglich genug.
    In diesem Moment klopfte es an der Tür.
    „Ja, bitte?“, rief Maria und wickelte die nächste Haarsträhne auf.
    Rackiné, die halbe Portion, drückte sich zur Tür herein und machte sie schnell wieder hinter sich zu. Es war immer noch seltsam, den Hasen so verkleinert zu sehen, doch er machte täglich Fortschritte.
    „Darf ich mitkommen?“, fragte er fast weinerlich. „Bitte, bitte, bitte!“
    „Wohin denn?“
    „In die Spiegelwelt.“
    „Dir ist immer total langweilig

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