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Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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nur bestätigen.“
    „Und jetzt?“
    „Es wird dir nicht gefallen, Gerald, aber ich muss mich leider mit unserer Zukunft beschäftigen. Mit dem, was uns bleibt, wenn sie nicht mehr da ist. Wir haben immer noch die Originaltüren. Du wirst durch die Tür in Tolois in die tote Welt gehen müssen, um nach der Wunde zu suchen.“
    „Ach, die Wunde …“, sagte Gerald.
    Die Wunde hatte er fast vergessen. Alles, was heute in der toten Welt geschehen war, spielte gerade keine Rolle für ihn. Es war vollkommen unwichtig.
    „Es mag dir grausam vorkommen, dass ich jetzt Pläne mache“, sagte Grohann, „aber es lässt sich nicht ändern.“
    Gerald konnte Grohann nicht von der Wunde erzählen. Nicht jetzt. Marias Leben flackerte klein und schwach an der Wand und ihre Zeit lief ab. Gerald musste unbedingt versuchen, sie zu erreichen. Sofort.
    „Würde es Ihnen etwas ausmachen, mich einen Moment mit ihr alleine zu lassen?“, fragte Gerald.
    „Ich bin in fünf Minuten wieder da. Falls etwas ist, Estephaga sitzt im Raum nebenan. Sie ist an ihrem Arbeitstisch eingeschlafen und ich bringe es nicht über mich, sie zu wecken. Sie war so verzweifelt, weil sie nichts mehr tun kann. Besser, sie verschläft das Ende.“
    Grohann verließ das Zimmer und Gerald nahm seinen Platz am Bett ein. Im Garten rief ein Kauz und seine Rufe wehten mit der nächtlichen Sommerluft ins Zimmer. Einmal bewegte sich eine von Marias Haarsträhnen. Doch es war nur ein Trugbild von Leben. Sie selbst lag still in einem totenähnlichen Schlaf.
    „Ich hatte dir versprochen, es nie wieder zu tun“, sagte er und ergriff Marias Hand, die auf der Bettdecke lag. „Aber es ist das Einzige, was mir jetzt noch einfällt!“
    Er hielt ihre Hand und sah zu, wie seine und ihre Hand unsichtbar wurden. Nach und nach wanderte die Unsichtbarkeit an ihr und ihm empor, bis sie beide völlig verschwunden waren. Die Unangreifbarkeit setzte ein. Es war viel leichter als beim letzten Mal, wahrscheinlich, weil Maria ihm keinerlei Widerstand bot.
    Wie an dem Tag im Kabinett der Bibliothek verschmolz sein Inneres mit dem ihren. Doch anders als beim letzten Mal umfing ihn nicht ihre warme, angenehme Lebendigkeit, sondern eine erschreckend kalte, nüchterne Leere. Langsam formte sich das, was er sah und fühlte, zu Bildern und Räumen. Er wandelte wie im Traum durch Marias Spiegelwelt, durch nächtliche, verlassene Räume. Er suchte Maria überall, jagte durch die vertrauten Zimmer, um sie zu finden, doch er wusste, sie war nicht hier.
    Schließlich gelangte er ins Treppenhaus und musste zu seinem Schrecken feststellen, dass es dort keine Türen mehr gab. Es erinnerte ihn an das, was Maria ihm einmal erzählt hatte: nämlich dass sie Angst hatte, plötzlich in ihrer Spiegelwelt eingesperrt zu sein, weil alle Türen verschwunden und alle Spiegel fest geworden waren.
    Gerald rannte weiter, die Treppen hinauf und fand das Loch in der Wand, das ins alte Sumpfloch führte. In dem Gefühl, Maria auf der Spur zu sein, stieg er hinüber und lief den Weg ab, der sie damals zu den blau leuchtenden Kanälen geführt hatte. Er musste kein Boot nehmen, um das Wasser zu überqueren, denn er bewegte sich durch einen Traum. Es war Marias Traum, den er gerade träumte, und so flog seine Aufmerksamkeit über das blaue Wasser hinweg, bis er die Halle, die Stufen und den Raum erreichte, in dem sie zusammen gewesen waren.
    Es war der große Raum mit dem Spiegel, in dem ihnen Mandelia erschienen war. Und hier fand er sie endlich: Maria kniete vorm Spiegel und tastete ihn ab. Er war hart und fest, gewöhnliches Glas, durch das sie nicht greifen konnte. Sie konnte nicht nach draußen.
    Er eilte auf sie zu und wollte nach ihr rufen, sie anfassen, sie wachrütteln. Doch er hatte keine Stimme und keinen Körper. Er besaß nichts, womit er sie hätte berühren oder auf sich aufmerksam machen können. Es war, als wäre er gar nicht da. Er konnte nur zusehen, wie sie das Glas abtastete, verzweifelt und ängstlich und in der Gewissheit, dass ihr niemand helfen konnte.
    Sie würde hier zugrunde gehen, eingesperrt in der Spiegelwelt. Das war das innerste Bild in ihrem noch vorhandenen Geist, das Gerald durch die Verschmelzung mit Maria hatte ausfindig machen können. Es half ihm nicht weiter. Es vergrößerte nur seinen Schmerz, da er zusehen musste, wie sie litt, und rein gar nichts tun konnte, um ihre Verzweiflung zu lindern.
    Die ganze Zeit sah er Maria an und erst, als seine Aufmerksamkeit entmutigt

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