Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
Engelwesen aufzuwecken, bevor du ihm auch wirklich folgen kannst“, sagte Grohann. „Ich bin mir sicher, dass es noch andere Lieblose dort gibt und dass ihre Existenz mit dem Untergang der Welt zusammenhängt. Die Wunde, die wir suchen, wird sehr wahrscheinlich von ihnen bewacht. Es könnte auch sein, dass sie die Wunde hervorgerufen haben. Aber um diesen Zusammenhang zu erforschen, musst du freier sein, Gerald.“
„Gerne. Aber wie?“
„Marias Idee, dass wir neue Verbindungen durch Spiegel schaffen könnten, war schon mal nicht schlecht“, sagte Grohann. „Ich fürchte nur, dass wir damit ein zu großes Risiko eingehen. Ein solcher Spiegel, wie Maria ihn erwähnt hat, könnte dich überallhin führen!“
„Alle Spiegel, die ich bisher in der toten Welt gesehen habe, waren schwarz“, gab Gerald zu bedenken. „Ich habe dort drüben keinen Arm, mit dem ich hineingreifen könnte. Ich kann sie auch nicht sauber wischen. Ich weiß nicht mal, ob das Schwarze auf den Spiegeln Staub ist oder ob das Glas komplett blind geworden ist.“
Grohann gab ein Brummen von sich, das verdächtig nach einem leisen Steinbocklachen klang.
„Was ist daran so lustig?“, fragte Gerald.
„Der Lesesaal befindet sich im ersten Stock, sagtest du?“
Gerald nickte.
„Und wie kommst du da hoch? Vielleicht über eine Treppe?“
„Worauf wollen Sie hinaus?“
„Gerald, deine Fantasie spielt dir Streiche. Du bewegst dich auf einer Treppe, als hättest du Beine, obwohl du in dem Moment keine hast. Richtig? Was bewahrt dich davor, als Unsichtbarer durch den Fußboden ein Stockwerk tiefer zu fallen oder zu schweben? Warum sinkst du nicht hinab in den tiefsten Keller dieser Bibliothek?“
„Weil … der Boden fest ist.“
„Aber du bist unangreifbar! Du könntest einfach durch diesen festen Boden fallen, so wie du durch verschlossene Türen gehst.“
„Das könnte ich, ja. Sie meinen, ich kann es mir aussuchen?“
„Wir wissen nicht viel über deine Unsichtbarkeit“, sagte Grohann. „Seit den ersten Erdenkindern, die Amuylett besiedelt haben, wurde nie wieder ein Erdenkind so unangreifbar wie du. Du musst mehr darüber in Erfahrung bringen! Du glaubst an deine Beine – und bewegst dich, wie du es gewohnt bist. Vielleicht könntest du dich viel schneller bewegen! Vielleicht kannst du auch mithilfe deiner Vorstellung etwas anfassen oder verschieben. Ich glaube, wir haben es bisher falsch angepackt. Es geht nicht darum, dass wir etwas finden. Nicht im Moment. Sondern darum, dass du deine Unangreifbarkeit erforschst. Das ist etwas, das du außerhalb der toten Welt tun kannst!“
Das warf ein ganz neues Licht auf Geralds Aufgabe. Er ließ sich Grohanns Worte noch einmal durch den Kopf gehen.
„Es stimmt schon. Wenn ich unangreifbar bin, verhalte ich mich immer noch, als hätte ich einen Körper. Ich bin nie auf die Idee gekommen, etwas anderes zu probieren.“
„Studiere das, Gerald! Wir machen eine Pause mit der Spiegelwelt und der toten Welt. Aber nur, wenn du mir versprichst, dass du die nächsten drei Tage dein Talent erforschst. Unablässig!“
Maria zog zweifelnd die Augenbrauen hoch. Gerald lachte.
„Guck doch nicht so, Maria“, sagte er. „Scarlett kann mir beim Üben helfen. Ich werde mich nicht ablenken lassen.“
„Das wäre wirklich schön“, meinte Grohann. „Aber wenn ich einen gegenteiligen Eindruck gewinne, werde ich persönlich dafür sorgen, dass Scarlett keine Zeit für dich hat.“
„Ihr unterschätzt uns“, erklärte Gerald. „Außerdem glaube ich erst an Scarletts Ankunft, wenn ich sie vor mir sehe! Wenn mein Vater sagt, er kommt heute, dann kommt er in drei Wochen oder gar nicht.“
„Viego Vandalez versicherte mir, er habe Ritter Gangwolf die Dringlichkeit der Angelegenheit deutlich gemacht. Mein Gefühl sagt mir, dass das stimmt. Und die Flugwurm-Detektoren der Regierung bestätigen es.“
„Die Flugwurm-Detektoren?“, fragte Maria.
„Sumpfloch steht unter besonderer Beobachtung, Maria. Alle Flugkörper, die größer sind als ein gewöhnlicher Raubvogel und auf Sumpfloch zusteuern, werden registriert. Als wir vorhin Pause gemacht haben, wurde mir Ritter Gangwolfs Aufbruch aus Tolois gemeldet.“
„Dann könnte er in zwei Stunden hier sein!“, rief Gerald begeistert. „Aber was wollte er in Tolois?“
„Das möchte ich auch gerne wissen. Vermutlich hängt sein Besuch dort mit der Konferenz zusammen.“
„Er interessiert sich nicht sonderlich für Politik.“
„Ist
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