Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
Krankenstation.“
„Estephaga wird nicht begeistert sein.“
„Die schläft ja und ich wette, der Schlaftrunk, den sie einnimmt, wirkt!“
Thuna überdachte das kurz und wollte zustimmen, doch sie konnte es nur noch per Handzeichen tun, da Trischa genügend Luft geschnappt hatte, um weiterzukreischen.
Ungewöhnlich pünktlich klopften Scarlett und Lisandra heute an die Tür von Viego Vandalez’ Arbeitszimmer. Als sie ihre Köpfe ins Zimmer steckten, sahen sie, dass Viego nicht alleine war. Ritter Gangwolf saß bei ihm und die beiden Männer waren in ein ernstes Gespräch vertieft. Der Regen prasselte gegen die Scheiben der kleinen Fenster und im Zimmer des Halbvampirs herrschte eine noch dichtere Dunkelheit als sonst.
„Würde es euch etwas ausmachen, wenn ich den Unterricht heute ausfallen lasse?“, fragte Viego.
„Ich glaube nicht, dass ich das verkraften könnte“, sagte Lisandra, „aber weil Sie es sind, lasse ich mir meine Verzweiflung nicht anmerken und sage einfach, dass ich damit klarkomme.“
Scarlett verzog den Mund und schwieg. Sie ahnte, dass sie heute sowieso nicht vorangekommen wäre, doch die Aussicht, einen weiteren Tag mit ihrer Unfähigkeit hadern zu müssen, ohne Aussicht auf Besserung, gefiel ihr ganz und gar nicht.
„Scarlett, es schadet dir bestimmt nicht, wenn du dich mal erholst“, sagte Viego, der ihren Gesichtsausdruck richtig deutete. „Lenk dich ab, mach etwas ganz anderes, dann kommt dir womöglich eine Erleuchtung! Manchmal muss man loslassen, um einen neuen Weg zu finden.“
„Wenn Sie es sagen.“
„Komm, lassen wir die beiden Herren in Ruhe“, sagte Lisandra und schob Scarlett aus der Tür. „Bevor sie sich die Sache noch anders überlegen.“
„Sollten wir dann nicht …“, begann Scarlett zögernd, als Lisandra die Tür hinter ihnen schloss, „… in die Krankenstation gehen? Und den beiden beim Hüten von Trischa helfen?“
„Scarlett, wann lernst du endlich, wie eine selbstsüchtige, egoistische, böse Cruda zu denken? So wird das nie was! Wenn man dich so hört, könnte man meinen, du wolltest dir die goldene Nadel vom Verband der Wohlfahrtsgreise verdienen!“
Als Lisandra das sagte, fiel Scarlett etwas ein. Ein Gedanke, den sie schon vor ein paar Tagen gehabt, aber aus irgendeinem Grund wieder fallen gelassen hatte.
„Du hast recht, Lissi. Ich werde etwas anderes probieren.“
Sie erreichten die Treppe und Scarlett schlug den Weg nach unten ein.
„Was ist mit dir, Lissi?“, fragte sie, da Lisandra stehen blieb.
„Ach, ich schau mal bei den Jungs vorbei“, sagte die und zeigte nach oben.
Hanns und Haul bewohnten die gleichen Zimmer wie im Winter, diesmal allerdings ohne eigene Dienstboten. Wie es der Zufall so wollte, lagen die Zimmer auf dem gleichen Gang wie die Wohnung von Herrn Winter, was zur Folge hatte, dass sich Gerald, Hanns und Haul des Öfteren über den Weg liefen. Ausgerechnet! Von Lisandra darauf angesprochen, zuckte Gerald nur mit den Achseln und fragte:
„Warum, was ist daran so schlimm?“
„Na ja, du und Hanns – seid ihr nicht so was wie Konkurrenten?“
„Ich glaube, gerade hat er was anderes im Kopf als Scarlett. Er verbringt die Tage mit seinen Spiegelfonen und der geheimen Leitung, die ihm Grohann eingerichtet hat, und wenn er mal über den Flur schwankt, um sich die Beine zu vertreten oder was zu essen zu holen, dann scheint er in Gedanken komplett woanders zu sein.“
„Und mit Haul kommst du gut aus?“, fragte Lisandra bei der Gelegenheit neugierig weiter.
„Ja, er ist ganz nett. Wir verstehen uns gut.“
„Du meinst, ihr freundet euch an?“
„Was bleibt mir anderes übrig? Mal ehrlich, Lissi, welcher Junge in meinem Alter hängt schon andauernd mit Mädchen rum? Es wurde höchste Zeit, dass ich in diesen Ferien männliche Verstärkung bekomme.“
„Das ist vollkommen okay, solange du die männliche Verstärkung nicht davon abhältst, ihre freie Zeit mit mir zu verbringen!“
An diesem Morgen gehörte Lisandra die ungeteilte Aufmerksamkeit der männlichen Verstärkung, denn Gerald war nicht hier oben, sondern nutzte die extremen Wetterbedingungen im Freien, um seine Unangreifbarkeit in verschiedenen Formen von Nässe zu erproben. Die einzige Störung stellte Hanns dar, der ab und zu mit einem oder zwei Spiegelfonen in der Hand in Hauls Zimmer gelaufen kam und ihn etwas fragte oder bat, eine Erkundigung für ihn einzuholen. Doch die meiste Zeit konnten sie zu zweit auf dem Bett liegen
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