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Feuerscherben

Feuerscherben

Titel: Feuerscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
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antwortete sie ruhig. »Claire war depressiv. Sie galt als extrem selbstmordgefährdet, aber sie hatte keine Wahnvorstellungen. Ich bin sicher, dass sie mir die Wahrheit über ihren Vater erzählt hat. Sie behauptete, er hätte den Brand gelegt, bei dem das Blockhaus in Vermont zerstört wurde. Sie sagte, er hätte mit absoluter Gewissheit gewusst, dass seine Tochter im Haus war, als er Feuer entfachte.«
    Sonya blickte immer noch ungläubig drein. »Weshalb hat sie sich ausgerechnet dir anvertraut? Sonst hat sie es niemandem erzählt, oder?«
    »Keine Ahnung. Ich nehme es nicht an. Vielleicht ihrem Psychiater bei einem Einzelgespräch.«
    »Und weshalb hat sie dich als Vertraute ausgewählt?«
    »In der Klinik lagen wir im selben Zimmer, und nachdem wir entlassen wurden, teilten wir uns ein Apartment«, fuhr Dianna rasch mit ihrer Erklärung fort. »Claire wurde zwei Wochen nach mir in die Klinik eingeliefert, und allen fiel auf, wie ähnlich wir uns waren. Wir hätten Schwestern sein können. Die Krankenhausleitung beschloss, uns in dasselbe Zimmer zu legen. Deshalb verbrachten wir viel Zeit miteinander. Wir redeten nicht nur bis spät in die Nacht, wir waren auch während der Gruppentherapie zusammen. So wurden wir schließlich enge Freundinnen.
    Natürlich stammten wir aus unterschiedlichen Kreisen. Ihre Familie war furchtbar reich, und meine Familie war furchtbar arm. Aber wir entdeckten, dass wir trotzdem eine Menge gemeinsam hatten. Claire machte mich als Erste darauf aufmerksam, dass ich Spaß daran haben könnte, Glas zu bearbeiten. Sie hatte bemerkt, wie viel Freude es mir machte, in einer Beschäftigungstherapie künstlerische Gegenstände herzuteilen. Sie nannte mir auch einige Möglichkeiten, wie ich beruflich etwas mit Glas anfangen konnte.«
    »Und wo ist sie jetzt?«, fragte Sonya. »Weshalb hat sie Andrew Campbell nicht selber bloßgestellt? Ein Anruf bei der Presse hätte ihr mehr Interviews und Auftritte in Talkshows beschert, als eine einzige Frau bewältigen kann. Gar nicht zu reden von der Tatsache, dass sie sicher eine Verwendung für ihre zwanzig Millionen Dollar Taschengeld gefunden hätte.«
    Dianna war innerlich furchtbar aufgewühlt. Ihre Gefühle lagen nach den letzten nervenaufreibenden Wochen viel zu nahe an der Oberfläche. Zu ihrem Entsetzen merkte sie, dass ihr Tranen die Wangen hinabflossen. Ärgerlich wischte sie sie fort und drehte sich zur Küche, damit Sonya ihren Schmerz nicht bemerkte. »Sie ist tot. Sie kam bei einem Verkehrsunfall in New Jersey ums Leben. Ich hoffe zumindest, dass es ein Unfall gewesen ist und nicht eine schreckliche Folge von Andrews … « Abrupt hielt sie inne. »Claire litt häufig unter Depressionen und konnte sie nicht so leicht abschütteln wie ich. Sie hatte das Gefühl, entsetzlich von ihrem Vater verraten worden zu sein. Vielleicht hat sie an jenem Tag nicht gut auf die Strecke Acht gegeben. Die Ausfahrt von New Jersey eignet sich nicht für geistesabwesende Fahrer.«
    Als Dianna sich wieder zu der Freundin drehte, griff Sonya gerade nach ihrem Zigarettenpäckchen. »Weiß du was, meine Liebe? Das ist eine großartige Geschichte. Du hast sie mit viel Gefühl erzählt, aber ich glaube dir kein Wort. Vergiss nicht, dass ich Journalistin bin – eine sehr gute sogar. Man hat mich schon auf äußerst professionelle Weise angelogen. Du bist dagegen die reinste Amateurlügnerin.«
    Amateurlügnerin? Dianna hätte über die Beschuldigung lachen können, wäre die Sache nicht so traurig gewesen. Sie errötete heftig. »Ich kann dich nicht zwingen, mir zu glauben, Sonya. Oder einzusehen, dass Claire nicht gelogen hat, als sie behauptete, ihr Vater hätte sie ermorden wollen. Wenn du Andrews Werbemaschinerie mehr glauben möchtest als meiner Geschichte, ist es deine Sache.« Sie sah ihre Freundin – ihr Exfreundin? – fest an. »Du solltest mir glauben«, sagte sie. »Alles, was ich dir erzählt habe, ist wahr.«
    Beinahe, fügte sie stumm hinzu. Es ist beinahe wahr.
    Sonya und sie beendeten den Streit, aber es war kein glücklicher Abschluss. Nach einer halben Stunde qualvoller gegenseitiger Höflichkeiten gab Dianna es auf und verabschiedete sich. Sie konnte nur hoffen, dass Sonyas natürliche Freundlichkeit bald die Oberhand gewann, und sie, Dianna, wieder in ihrem Haus willkommen war. Sie hatte zu wenig Freunde, viel zu wenig, und konnte es sich nicht leisten, jemanden wie die warmherzige, großzügige, fürsorgliche Sonya zu verlieren.
    Sonya wohnte

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