Feuerscherben
würde, stünde ich ziemlich dumm da mit meiner Beschuldigung.«
»Setzen Sie sich. Ich muss mir unbedingt die übrigen Räume ansehen.« Ben drückte Dianna in einen Ledersessel, der von der Spätnachmittagssonne durch das Deckenfenster beschienen wurde. Sie sank hinein und sah blicklos zu, wie er das Apartment inspizierte.
»Außer Ihren Arbeiten scheint nichts zerstört worden zu sein«, erklärte Ben, nachdem er von seinem raschen Rundgang zurückgekehrt war. »Soweit ich feststellen konnte, ist Ihr privater Bereich nicht verwüstet. Aber Ihr Werkzeug sieht aus, als wäre es beschädigt.«
Dianna sah automatisch zu den Glasbläserpfeifen, die an der hinteren Wand lehnten, und zu dem Schmelzofen, der jetzt kalt war, die Temperatur im Atelier aber mühelos auf dreißig Grad hochschnellen lassen konnte. Ihr Blick glitt über den Eisentisch, auf dem sie das geschmolzene Glas drehte, bis sich eine Haut auf der Oberfläche gebildet hatte, und zu dem Ständer mit ihren Gravierrädchen. Selbst aus dieser Entfernung erkannte sie, dass das Kupferrad in einem schiefen Winkel saß und mindestens zwei ihrer Glasbläserpfeifen in der Mitte durchgebrochen waren.
»Ja, er hat einiges Material zerstört. Aber das macht nichts«, erklärte sie apathisch. »Das lässt sich mit Geld wieder ersetzen. Irgendwie bekomme ich das schon zusammen.«
Sobald sie die Worte ausgesprochen hatte, erkannte Dianna, dass sie Ben erneut Gelegenheit zu einer spöttischen Bemerkung geliefert hatte. Doch er zog es vor, zu schweigen. Stattdessen presste er die Lippen zusammen, ging zu ihrer Werkbank und betrachtete die Glashaufen. »Können Sie die Scherben einschmelzen und wiederverwenden?«, fragte er. »Oder müssen Sie alles wegwerfen?«
»Ich kann es nur wegwerfen«, sagte sie. »Für die einzelnen Objekte benötigt man jeweils bestimmte Zusätze. Er hat zerbrochenes Bleikristall mit Buntglas gemischt. Dadurch ist beides unbrauchbar geworden.«
Bens Lippen wurden schmal, aber er ging nicht auf ihre Antwort ein. »Wo bewahren Sie Ihren Handfeger und Ihre Schaufel auf? Außerdem brauche ich einen Mülleimer oder einen anderen soliden Behälter, der die Glasscherben aushält. Ein Plastiksack würde zerreißen.«
»Ich hole alles, was wir brauchen.« Es kam nicht infrage, dass sie herumsaß und sich selber bemitleidete. Hal hatte ihre Arbeit eines ganzen Monats vernichtet und ihre schöpferische Kraft ausgelöscht. Na und? Andere hatten viel mehr aus einem viel geringeren Grund bei ihr zerstört, und sie hatte es überlebt.
Entschlossen, sich nicht von sentimentalem Selbstmitleid unterkriegen zu lassen, stand Dianna auf und ging zu ihrer Kochnische. Diese war in einer Ecke des Ateliers durch ein Rechteck aus taillenhohen Unterschränken mit einer Arbeitsplatte aus dunkelblauem Granit abgetrennt worden. Vor dem Spülbecken blieb sie stehen und kam sich plötzlich so verloren vor, dass sie einen Moment nicht wusste, wo sie den Handfeger und die Schaufel aufbewahrte.
Sie betrachtete die Schränke und versuchte, sich zu erinnern. Ihr Blick fiel auf den Eckschrank, und sie schöpfte plötzlich neue Hoffnung. Vielleicht hat Hal doch nicht alles zerstört, dachte sie. Sie hatten sich nie über ihre Arbeitsgewohnheiten unterhalten, weil Hal sich nicht im Geringsten dafür interessierte. Deshalb konnte er nicht wissen, dass sie ihre fertigen Arbeiten in einem der Küchenschranke aufbewahrte. Erwartungsvoll öffnete sie die Tür.
Eine ungeheure Freude durchströmte sie. Das Prickeln begann in den Zehen und schoss triumphierend nach oben. »Sie sind noch da!«, rief Dianna. Sie drehte sich zu Ben und strahlte über das ganze Gesicht. »Gucken Sie mal. Die hier hat er nicht gefunden!« Sie deutete auf die Regale, auf denen ein halbes Dutzend Schalen und Vasen standen. Ihre Erleichterung war so groß, dass sie den Verlust der anderen, halbfertigen Arbeiten darüber beinahe vergaß.
Ben eilte sofort zu ihr. »Das ist ja eine wunderbare Nachricht«, sagte er und stieß einen leisen Pfiff aus. »Das freut mich wirklich für Sie.«
»Was ist los?«, fragte Dianna verblüfft. »Ben?«
»Nichts.« Er räusperte sich und ließ das Regal mit den fertigen Glassachen nicht aus den Augen. »Zeigen Sie mir, welches Stück Sie am liebsten mögen«, forderte er sie auf.
Dianna brauchte nicht lange zu überlegen. Vorsichtig holte sie eine Schale heraus, die ihr ganzer Stolz war. Eine schmerzliche Wehmut erfasste sie, während sie das schwere Stück in Händen hielt
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