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Feuersee

Titel: Feuersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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seinem Wunsch. Daß er
ein solches Ansinnen auch nur in Erwägung ziehen konnte,
muß eine Folge seines
Schmerzes und seiner Erschütterung sein. Wenn er nur schlafen
würde. Vielleicht
findet er jetzt Ruhe, da man ihn alleine gelassen hat. Aber vielleicht
geht es
ihm wie mir, und jedesmal wenn er die Augen schließt, sieht
er diesen
grauenhaften Kopf aus dem …
    Ich überlese das bisher Geschriebene und stelle
fest, daß ich mit dem Ende begonnen habe, statt von Anfang an
zu berichten.
Vielleicht sollte ich das Blatt zerreißen, aber mein Vorrat
an Pergament ist
nur klein, und ich kann mir nicht leisten, etwas davon zu vergeuden.
Außerdem ist
dies nicht eine Geschichte, die ich nach der Mühsal des Tages
bei einem
Gläschen Parfruchtwein in meiner Bibliothek niederschreibe.
Und doch … wenn ich
es recht überlege, eignet sie sich durchaus für den
gemütlichen Plausch nach
einem guten Essen, denn – wie es in solchen Geschichten
häufig vorkommt – das
Schicksal schlug zu, als uns das Glück gewogen zu sein schien.
    Die Etappen der letzten beiden Zyklen waren ohne
Schwierigkeiten verlaufen; es herrschte eine beinahe fröhliche
Stimmung. Wir
gelangten an einen Fluß, das erste frische Wasser, das wir in
den Tunneln
gefunden haben. Nicht nur konnten wir trinken und unseren schwindenden
Wasservorrat auffüllen, sondern wir entdeckten auch Fische in
den rasch
dahinströmenden Fluten.
    Hastig improvisierten wir Netze aus allem, was
uns in die Hände fiel – das Schultertuch einer Frau,
zerschlissene
Kinderdecken, fadenscheinige Männerhemden. Die Leute standen
an den Ufern und
zogen die Netze durch das Wasser. Man war mit verbissenem Ernst bei der
Sache,
bis Edmund, der den Fischzug leitete, auf einem Stein ausglitt und mit
wild
rudernden Armen ins Wasser fiel.
    Da uns als Lichtquelle nur die Kairngrasfackeln
zur Verfügung standen, vermochten wir nicht
abzuschätzen, wie tief der Fluß
war. Die Telester schrien entsetzt auf, etliche Soldaten schickten sich
an, dem
Prinzen hinterherzuspringen, um ihn zu retten. Edmund richtete sich
mühsam auf.
Das Wasser reichte ihm nur bis zu den Knien. Nach der ersten
Verblüffung aber
brach er in schallendes Gelächter aus.
    Auch die Telester lachten, zum erstenmal seit
vielen Zyklen.
    Edmund hörte es. Er war triefend naß, doch
ich
bin überzeugt, daß die Tropfen, die ihm
über das Gesicht rannen, kein
Flußwasser waren, sondern salzige Tränen. Noch werde
ich je glauben, daß Edmund
tatsächlich auf dem Uferfelsen den Halt verloren hat.
    Der Prinz streckte einem seiner Freunde, Sohn
eines Ratsmitglieds, die Hand hin. Bei dem Versuch, Edmund aufs
Trockene zu
helfen, rutschte auch dieser Freund aus und machte unsanft
Bekanntschaft mit
dem feuchten Naß. Das Gelächter wurde immer lauter,
und bald sprangen mehr und
mehr der am Ufer stehenden Leute in den Fluß oder
ließen sich hineinfallen. Was
eine lebensnotwendige Arbeit gewesen war, hatte sich in ein
ausgelassenes Spiel
verwandelt.
    Schließlich gelang es uns doch, einige Fische zu
fangen. Am Ende des Zyklus gab es ein großes Festessen, und
anschließend
schliefen alle tief und fest – der Hunger war gestillt, die
Seele getröstet.
Wir verlängerten unseren Aufenthalt um einen weiteren Zyklus;
niemand hatte es
eilig, einen Ort zu verlassen, an dem uns Lachen und Frohsinn neu
geschenkt
worden waren. Wir fingen noch mehr Fische, salzten sie ein und
füllten unsere
Vorräte.
    Gekräftigt von der Nahrung, dem Wasser und der
segensreichen Wärme, fanden die Leute sich bereit, etwas
weniger düster in die
Zukunft zu schauen. Zu der bescheidenen Euphorie trug bei,
daß auch der König
allem Anschein nach die dunklen Wolken geistiger Umnachtung
abgeschüttelt
hatte. Er hob den Kopf, sprach Edmund als seinen Sohn an und verlangte
zu
wissen, wo wir uns befanden. An den größten Teil
unserer langen Wanderung
vermochte er sich nicht zu erinnern.
    Der Prinz unterdrückte die Tränen, die ihm
in
die Augen steigen wollten, breitete die Karte aus und zeigte seinem
Vater, wie
nah der See der flüssigen Steine war und wie kurz von da aus
der Weg nach Kairn
Nekros.
    Der König aß mit gesundem Appetit, schlief
ruhig
und sprach nicht mehr zu seiner toten Gemahlin.
    Am folgenden Morgen war alles früh auf den
Beinen und bereit zum Abmarsch. Zum ersten Mal wagten die Leute zu
hoffen, vor
ihnen könne ein besseres Leben liegen als das, welches

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