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Feuersteins Ersatzbuch

Feuersteins Ersatzbuch

Titel: Feuersteins Ersatzbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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Schlosspark noch einen Spezial-Triathlon, der sich zwar nicht annähernd mit dem Wahnsinn der vergangenen Tanznacht messen konnte, von dem wir uns aber jetzt, da das Eis gebrochen war und wir als fester Bestandteil zur schottischen Folklore gehörten, auf keinen Fall ausschließen wollten: Tontaubenschießen, ein Rennen mit funkgesteuerten Spielzeugautos und diese Soloversion von Krocket, bei der man den Ball durch ein kleines Holztor hämmern muss. Meine Frau wurde Erste beim Autorennen — man wohnt ja nicht umsonst im Nachbarort von Schumi —, und ich wurde Letzter im Krocket. Auf das Tontaubenschießen haben wir mit Rücksicht auf Flugverkehr und Vogelwelt verzichtet. Und da wir am nächsten Tag abreisten, haben wir leider auch nicht rausgefunden, wer der Mörder unter den Hotelgästen war.
    Bliebe noch die Frage, ob es stimmt, dass die Schotten geizig sind. Aber da bin ich befangen: Wer je eine Reiseabrechnung beim WDR eingereicht hat und dadurch das Gespenst des Geizes in aller Garstigkeit leibhaftig erlebte, weiß, was dieses Wort wirklich bedeutete, und wird es niemals mehr für Menschen verwenden.

Stücke vom Schaf

    In der Einleitung dieses Buches hatte ich von der Begegnung mit Dolly gesprochen und wie wichtig diese für die Entwicklung meiner Gedanken war. Das Treffen mit Dolly in Schottland hingegen war rein körperlich: Ich kraulte ihr kuschelweiches Vlies und fütterte sie. Das war vor allem dadurch möglich, dass es sich beim zweiten Mal nicht um Dolly Buster handelte, sondern um Dolly, das Klon-Schaf. Und zwischen diesen beiden gibt es doch recht grundsätzliche Unterschiede, nicht nur in der Figur.
    Dolly, das Schaf, war eineinhalb Jahre alt, als ich es für unseren Schottlandfilm im Herbst 1998 besuchen durfte. Dem Alter entsprechend hatte ich ein Lämmchen erwartet, aber ich traf auf ein richtiges ausgewachsenes Schaf in voller tierischer Blüte. Das kräftige Wachstum sei ein Wesensmerkmal der Retortentiere, sagte man mir damals, und ich glaubte, daraus so was wie Stolz zu hören, dass man mit den Künsten der Wissenschaft die Natur wieder mal übertroffen hatte. Inzwischen weiß ich, dass das eher ein Nachteil ist: Schon die Geburt der Klon-Schafe ist schwierig, weil sie doppelt so groß sind wie normale Lämmer — Dolly selbst hatte als einziges von zwanzig Klon-Geschwistern überlebt. Und ebenso schnell wie sie wachsen, altern diese Tiere auch. Mit nicht mal fünf Jahren ist Dolly heute vergreist und todkrank; wahrscheinlich lebt sie gar nicht mehr, wenn Sie das lesen.
    Bei meinem Besuch war Dolly ein Traum von einem Schaf. In einem Paradies von einem Stall: geräumig, klimatisiert, mit einem Duft von Heu und Wolle wie auf der Heidi-Alm, alles blitzsauber, und nicht mal ein einziges Kügelchen Schafscheiße zu sehen. Ob man die weggeklont hat?
    Es war gar nicht so einfach gewesen, zu Dolly vorzudringen. Das Roslin-Institut für Tiergenetik, das zur Universität von Edinburgh gehört, liegt zwar nur ein paar Kilometer von der Stadt entfernt, doch kommt man zunächst in ein ganz normales Bürohaus mit Laborräumen und geschäftig eilenden Menschen in weißen Kitteln; von Tieren keine Spur.
    Nach der Anmeldeprozedur, die zwar freundlich verläuft, aber an Gewissenhaftigkeit nur von der Ausstellung eines Visums für Nordkorea übertroffen wird, geht es im Auto weiter durch einen Waldweg mit dem mehrfachen Hinweis »Strengstens verboten«. Er endet an einer Schranke, die nur durch eine magnetische Code-Karte zu überwinden ist. Hier beginnt der Hochsicherheitstrakt: elektrische Zäune, Kontrollposten und schließlich ein mächtiges, motorgetriebenes Portal. Wenn dieses dann langsam und theatralisch zur Seite rollt, erwartet man eigentlich Fanfaren, Scheinwerfer und Revuegirls, die mit Federkostüm über die Showtreppe trippeln. Stattdessen blöken einem Schafe entgegen.
    Der Grund für die hohe Sicherheitsstufe: Dolly und ihre Wissenschaftler leben gefährlich. Denn die Klon-Experimente sind nicht nur in der Fachwelt umstritten, sondern haben auch eine militante Gegnerschaft: Fanatiker und Fundamentalisten, die im Namen Gottes oder der Natur alles künstlich Geschaffene für das Blendwerk des Teufels halten. Sie begnügen sich nicht mit Knallfröschen im Briefkasten, sondern setzen alles daran, das Experiment mit Stumpf und Stiel auszurotten. Es gab schon mehrere Versuche in dieser Richtung. Man schirmt sich daher sorgfältig ab: Weder die Namen noch die Telefonnummern der Mitarbeiter sind

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