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Feuersteins Ersatzbuch

Feuersteins Ersatzbuch

Titel: Feuersteins Ersatzbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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    FEUERSTEIN: War Mary eine Urlaubsromanze?
    ICH: Mag sein, dass es so begonnen hat, aber daraus wurde rasch eine der wichtigsten Freundschaften meines Lebens. Über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren.
    FEUERSTEIN: Du warst doch damals verheiratet?
    ICH: Meine zweite Ehe war so gut wie zu Ende. Wir brauchten zwar noch ein Weilchen, bis wir uns endgültig auseinander gerauft hatten — im Guten, zum Glück — , aber uns war klar, dass es so auf keinen Fall weitergehen würde.
    FEUERSTEIN: Musstest du deshalb in Malindi gleich ein Haus kaufen?
    ICH: Auch wenn man sich im Guten trennt, gibt es turbulente Zeiten. Ich brauchte damals ein Fantasieziel für meinen Seelenfrieden: »Wenn es unerträglich wird, haue ich ab.« Übrigens, was heißt »Haus«? Es war eine lächerliche Steinhütte mit zwei Zimmern ohne Strom und Wasser. Attraktiv war nur das Grundstück: 5000 Quadratmeter mit zwei riesigen Baobab-Bäumen, zehn Minuten zu Fuß zum Meer. Ich hatte es Gigi und Knut abgekauft, zwei lebenden Romanfiguren, wie sie Jack Kerouac nicht besser hätte erfinden können: sie, eine ehemalige Nachtclubsängerin, schwarz, üppig und laut; er, ein liebenswerter, aber im Suff unerträglicher Däne, der beste Swimmingpool-Erbauer südlich der Sahara, wenn er nüchtern war. Sie stritten und prügelten sich ständig und sperrten sich dann immer gegenseitig aus dem Haus, aber sie waren unzertrennlich und liebten sich heiß. Sie suchten gerade ein größeres Haus, aus dem sie sich sperren konnten, und wir waren uns in wenigen Minuten einig.
    FEUERSTEIN: Ich dachte, du wolltest nie ein Haus.
    ICH: Stimmt. Ich hatte immer eine Scheu davor, weil Besitz einengt und bindet. Ich bin lieber Gast in einer bequemen Herberge, mit gepacktem Koffer im Flur, um jederzeit fliehen zu können. Ein eigenes Haus hingegen ist wie ein Lebewesen. Oder wie ein Teil des eigenen Körpers: Es wächst oder es fault, es verändert sich, schürt Unruhe, stellt Forderungen. Wie berechtigt diese Angst war, habe ich ja schnell erfahren.
    FEUERSTEIN: Wieso? Was hat dir das Haus angetan?
    ICH: Es wurde in seinen Ansprüchen immer frecher. Richtig unersättlich. Ganz klar, dass erst mal Strom und Wasser reinkommen mussten, vom Wasser übrigens nur die Leitungen — dank der genialen Stadtverwaltung Malindis floss niemals auch nur ein einziger Tropfen durch, trotz monatlich erhobener Grundgebühr. Also ließ ich den Grundwasserbrunnen vertiefen, mit Pumpen ausstatten und Zisternen anlegen, denn inzwischen war an die beiden Räume ein Badezimmer angefügt worden und, wenn man schon mal beim Umbauen ist, ein neues Schlafzimmer. Sowie eine offene, mit Kissen und Teppichen ausgelegte Loggia unter dem Dach, über eine Hühnerleiter erkletterbar. Rund um das Grundstück zog ich eine Mauer aus den rostbraunen Natursteinen, die ja zur Genüge überall herumlagen. Zwei Meter hoch, wie das unter uns wohlhabenden, aber öffentlichkeitsscheuen Arabern üblich ist. Ein Wahnsinnsjob: Bau du mal eine dreihundert Meter lange Mauer aus Naturstein...
    FEUERSTEIN: Ich war dabei.
    ICH:... stimmt, hatte ich vergessen. Da jetzt genug Wasser vorhanden war und keine Steine mehr störten, bot sich an, das Grundstück zu bepflanzen, mit all dem Grünzeug, das man bei uns einzeln und mühsam in Töpfen hochzieht... in drei Grad südlicher Breite und dreißig Grad im Schatten gibt es fast nichts, was nicht üppig wächst und blüht — so üppig, dass ich bald einen Gärtner brauchte, einen Hausboy sowieso. Also baute ich hinter dem Tor ein Personalhaus dazu. Und wegen der dreißig Grad im Schatten natürlich auch einen Swimmingpool — zum Glück war Knut lange genug nüchtern dafür. Da so ein Pool Gäste geradezu magisch anlockt, ich aber solche nur ungern in meinem Haus beherberge, war es selbstverständlich, ein wenig abseits ein eigenes Gästehaus zu errichten. Anschließend baute ich...
    FEUERSTEIN: Du bist wahnsinnig.
    ICH: Du auch. Aber bevor wir jetzt streiten: Bitte bedenke, dass dies alles nicht am ersten Tag passierte, sondern über einen Zeitraum von acht Jahren. Und auch weitgehend ferngesteuert, denn das meiste machte natürlich Mary.
    FEUERSTEIN: Stimmt. Eigentlich wollten wir über Mary reden. Was für eine Person war sie?
    ICH: Stark, ehrgeizig, leidenschaftlich, aber gleichzeitig orientierungslos, stolz und herrschsüchtig bis zur Gewalttätigkeit. Eigentlich keine typische

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