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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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auch die tätowierte Haut in dem billigen Bilderrahmen. Auch das war eine von Sutekhs Nebelkerzen. Wenn er nicht sogar beabsichtigt hatte, dass die Unterweltfürsten und -gottheiten gegenseitig mit dem Finger auf sich zeigten, daran alte Bündnisse zerbrachen und ein allgemeines Chaos entstand, während er dabei seine Hände in Unschuld waschen konnte.
    „Bist du heute nicht zum Reden aufgelegt?“, erkundigte sich Boone. „Ich hatte eigentlich erwartet, dass du nach allem vor Mitteilungsbedürfnis nur so sprühst.“
    Im Prinzip stimmte das wohl, dennoch entgegnete Lokan: „Dann hast du dich getäuscht. Ich rede nur, wenn ich auch etwas zu sagen habe.“ Gegenwärtig war er mehr darauf aus zuzuhören. „Andererseits scheinst du ja über eine Menge interessanter Dinge Bescheid zu wissen, die du gern erzählen möchtest, und ich werde mich hüten, dich zu unterbrechen.“
    Boone sah ihn eine Weile schweigend an. Etwas in seinem Gesichtsausdruck kam Lokan bekannt vor und auch wieder nicht. Irgendwo hatte er diesen Ausdruck schon einmal gesehen, aber nicht damals, als Boone noch ein kleiner Junge war. Es war noch nicht so lange her. Lokan konnte sich nicht darauf besinnen, wo das gewesen war.
    „Dein Vater hat ein großes Treffen der Mächtigen einberufen und bei der Gelegenheit“, Boone machte eine halb verlegene Geste, „deine Überreste dem Publikum präsentiert.“
    „Hat er sonst noch etwas … präsentiert?“ Sonst noch jemanden? Dana vielleicht? Die Spannung, mit der Lokan auf die Antwort wartete, war kaum zu ertragen.
    Ein Schatten huschte über Boones Gesicht. „Denkst du da an etwas Bestimmtes?“
    Irgendetwas wusste er. Lokan war sich ganz sicher, wollte aber nicht nachhaken. Eine falsche Bemerkung, und die ganze Unterwelt wusste von Dana. So zuckte Lokan nur scheinbar gleichgültig die Achseln und meinte: „Ich wollte mir nur ein genaueres Bild machen. Also was hat mein Vater da veranstaltet?“
    „Ganz offenbar hat er geplant, sich deiner körperlichen Erscheinungsform zu bemächtigen, um so dem anwesenden Publikum seine Macht zu demonstrieren.“
    „Sich meiner körperlichen Erscheinungsform zu bemächtigen. Klingt gut. Man kann es auch Leichenraub nennen.“ Es war ein Schock für Lokan, aber er war sich nicht ganz klar darüber, worüber er eigentlich schockiert war. „Und meine Brüder? Haben sie das Spiel durchschaut und ihn daran gehindert?“
    „Ja.“
    Das war wirklich höchst erstaunlich. Lokan hatte die Frage danach zwar gestellt, aber selbst nicht geglaubt, dass er diese Antwort erhalten würde. Seine Brüder verfügten sicher über außergewöhnliche Kräfte, aber selbst wenn sie diese zusammentaten, würden sie nicht an die Sutekhs heranreichen. „Und dann haben sie mir meinen Körper – wie auch immer – zurückgegeben. Wie haben sie das geschafft?“
    „Das Blut der Isis und Sutekhs Blut. Und der Gott wird die zwölf Pforten durchschreiten und wieder auf Erden wandeln.“
    Die Worte sollten Lokan vielleicht etwas sagen, aber sie taten es nicht. „Was ist das? Ein Rätsel?“
    Boone musterte ihn scharf. „Eine Prophezeiung.“
    „Die aber noch nicht erklärt, wie mein Körper zu mir zurückgekommen ist.“ Lokan wartete auf Boones Erklärung, aber es kam keine. So fuhr er fort: „Das erklärt allerdings, warum Sutekh mir meinen Körper rauben wollte. Es hätte ihn aus seiner Verbannung, die ihn in der Unterwelt festhält, befreit.“
    „So sehe ich das auch.“
    „Man stelle sich vor, alle anderen Götter und Halbgötter wären noch an ihre Territorien in der Unterwelt gefesselt. Allein Sutekh hätte sie verlassen und unter die Menschen treten können. Seine Macht wäre ins Unermessliche gewachsen.“
    „Dafür lohnt es sich doch, einen Sohn zu opfern“, sagte Boone mit leiser, eindringlicher Stimme.
    Und um so ein Opfer bringen zu können, musste man erst einmal Söhne haben, fiel Lokan dazu ein, und diese Erkenntnis erschütterte ihn bis ins Mark. Die ganze Zeit hatten er und seine Brüder angenommen, Sutekh habe sie in die Welt gesetzt, weil sie seine Botschafter bei den anderen Unterweltgöttern und in der Oberwelt sein sollten. Aber vielleicht war das gar nicht der ausschlaggebende Grund. Vielleicht hatte er sie schon in dem Vorsatz gezeugt, einen von ihnen zu töten, um dann ihre Körper für seine eigenen Zwecke zu benutzen. Wie lange mochte Sutekh diesen Plan schon verfolgen? Und warum war seine Wahl auf ihn, auf Lokan, gefallen? Was hatte er, was seine

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