Feuertanz
und Marcelo zum ersten Mal intim?«, fragte Irene gelassen.
»Ja«, flüsterte Angelica.
»Und dann ist es also noch einige Male vorgekommen.«
»Ja.«
Die Affäre mit Marcelo schien für Angelica kein Problem darzustellen. Wie wirkte sie sich auf ihr Verhältnis zu Staffan Östberg aus? Vielleicht überhaupt nicht. Schließlich waren sie, wie Angelica selbst gesagt hatte, erwachsene Menschen. Irene fand es seltsam, dass sie überhaupt erwogen, zusammenzuziehen. Angelica hatte einen Liebhaber, der mindestens dreißig Jahre jünger war als ihr zukünftiger Lebensgefährte. Aber das ging nur Angelica und ihre Männer etwas an. Irene konnte keinen Zusammenhang mit dem Mord an Sophie erkennen.
Sie beschloss, Marcelos und Angelicas Liebesakt, den sie mit angesehen hatte, auf sich beruhen zu lassen und die Sprache wieder auf Sophie zu bringen.
Irene deutete auf das Foto über dem Fernseher.
»Dieses Foto hat Frej gemacht.«
»Ja.« Angelica nickte.
»Wissen Sie, wo es aufgenommen wurde?«
»Nein.«
»Weshalb hat er so viele Fotos von Feuersbrünsten gemacht?«
Angelica warf ihr einen raschen Blick von der Seite zu, bevor sie antwortete. Unbewusst rutschte sie unruhig auf ihrem Seidendiwan hin und her.
»Sophie brauchte Bilder von Feuer. Sie brauchte sie als Inspiration für den Feuertanz. Ich weiß, dass sie sie tatsächlich verwendet hat. Wenn Sie sich an die Bewegungen bei der Vorstellung erinnern … beim Brand des Turms. Da bewegen sich die Tänzer wie Flammen.«
Angelica vollführte ein paar schlangenhafte Bewegungen mit ihren Händen und Armen, um den Tanz der Flammen zu illustrieren. Irene konnte sich an keine flammenähnlichen Bewegungen erinnern, aber vielleicht musste man sich mit Tanz einfach besser auskennen, um so etwas wahrzunehmen. Sie fuhr mit ihren Fragen fort: »Auf dem Foto, das Sie dort an der Wand hängen haben, kann man im Vordergrund undeutlich einen Kopf erkennen. Wissen Sie, wer das ist?«
»Nein«, erwiderte Angelica desinteressiert.
»Unsere fähigen Kriminaltechniker haben dieses Foto mit dem Computer bearbeitet. Dabei ergab sich Folgendes«, sagte Irene und zog die Ausschnittvergrößerung aus ihrer Tasche.
Sie reichte sie Angelica, die plötzlich beunruhigt wirkte. Als sie sah, wer auf dem Foto war, erblasste sie, als hätte sie ein Gespenst gesehen. Was in gewisser Weise auch zutrifft, dachte Irene. Einige Sekunden lang befürchtete sie, Angelica könne ohnmächtig werden, da alle Farbe aus ihrem Gesicht gewichen war. Angelica starrte das Foto an und schluckte mehrmals. Sie brachte kein Wort über die Lippen.
»Wie Sie sehen, ist Sophie auf dem Foto zu sehen. Sie wirkt sehr fröhlich und glücklich. So habe ich sie nie erlebt«, meinte Irene.
Angelica schien sie nicht gehört zu haben. Sie starrte unverwandt auf das Foto.
»Wussten Sie, dass Sophie Feuer mochte? Und zwar wirklich mochte? Wussten Sie, dass sie wahrscheinlich Pyromanin war?«, fuhr Irene fort.
Das war einfach so ins Blaue gesagt, zeigte aber eine unmittelbare Wirkung. Angelica schrie auf und warf das Foto weg, sodass es über den Glastisch glitt und auf dem Teppich landete. Sie schluckte mehrmals und brachte mit Mühe hervor: »Ich wusste nicht … aber manchmal … vielleicht!«
Sie schluchzte auf und verbarg das Gesicht in ihren Händen. Irene sagte nichts, sondern ließ sie eine Weile so dasitzen. Schließlich nahm Angelica ihre Hände wieder vom Gesicht und sah Irene müde an.
»Es begann, als sie noch ganz klein war. Ich merkte, dass sie gern mit Streichhölzern spielen wollte. Mit Feuer.«
»Wie alt war sie, als Ihnen das auffiel?«
»Fünf oder sechs. Aber Pyromanin … Nein, das habe ich nie bemerkt.«
»In der Gegend, in der Sie wohnten, ereigneten sich einige Brände. Das war im Sommer ’89. Sie hegten nie den Verdacht, dass Sophie einige von diesen verursacht haben könnte?«
»Nein«, antwortete Angelica mit tonloser Stimme.
»Hegten Sie nie den Verdacht, dass Sophie an jenem Abend vor fünfzehn Jahren das Haus angezündet haben könnte?«
»Nein!«
Das klang wie ein Hilferuf und war es sicher auch. Ihr Blick war angsterfüllt und voller Verzweiflung. Einen Moment lang starrten sie sich an. Plötzlich sah Irene, wie Angelica wieder Tränen in die Augen traten. Die Angst wich der Trauer. Sie wandte den Blick ab und sagte leise: »Doch. Ab und zu kam mir ein leiser Verdacht. Aber ich wollte nicht glauben, dass Sophie …«
Sie sprach den Satz nicht zu Ende und senkte den Kopf.
»Sophie
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