Fieber
dich nicht bei mir haben will. Im Gegenteil, wenn es nur nach mir ginge, würde ich dich bitten hierzubleiben. Aber ich weiß, es ist vernünftiger, wenn du Jean Paul holst und zurück zu deiner Mutter fährst.« Charles nickte, als ob er sich selbst erst noch überzeugen müßte.
»Ich will aber, daß es nur nach dir geht«, erwiderte Cathryn. Sie fühlte ein neues Selbstvertrauen, daß sie auf dem Platz an seiner Seite bestehen konnte. »Mein Platz ist hier. Jean Paul und Chuck kommen auch ohne mich zurecht.«
»Aber Cathryn …«
»Kein Aber«, sagte Cathryn entschlossen. »Ich bleibe, und ich werde dir helfen.«
Charles sah seiner Frau forschend ins Gesicht. Sie hielt seinem Blick herausfordernd stand.
»Und wenn du glaubst«, fuhr sie so heftig fort, wie er es noch nie bei ihr erlebt hatte, »daß du mich jetzt noch loswerden kannst, nachdem du mich von deinem Plan überzeugt hast, dann bist du wirklich verrückt! Du wirst mich mit Gewalt aus dem Haus werfen müssen.«
»Schon gut, schon gut«, gab Charles lächelnd nach. »Ich werde dich nicht hinauswerfen. Aber es könnte hier schwierig für uns werden.«
»Dann betrifft es mich ebenso wie dich«, sagte Cathryn mit fester Stimme. »Dies ist eine Familienangelegenheit, und ich gehöre zu dieser Familie. Darüber waren wir beide uns im klaren, als wir geheiratet haben. Ich bin nicht in dieses Haus gekommen, um nur das Glück mit dir zu teilen.«
Charles wurde von seinen Gefühlen hin und her gerissen.
Doch zuallererst war er stolz. Es war seine Schuld, daß er Cathryn zuwenig zugetraut hatte. Wann immer es möglich gewesen war, hatte er versucht, die Schatten, die auf ihr gemeinsames Leben fielen, von ihr fernzuhalten. Und das war falsch gewesen. Er hätte offener zu ihr sein müssen und ihr mehr vertrauen sollen. Cathryn war seine Frau und nicht sein Kind.
»Wenn du bleiben möchtest, dann tu es«, sagte er.
»Ich will bleiben«, erwiderte Cathryn.
Charles küßte sie sanft auf die Lippen. Dann trat er einen Schritt zurück und sah sie bewundernd an.
»Du kannst mir wirklich helfen«, sagte er nach einem raschen Blick auf seine Armbanduhr. »Gleich muß ich mir eine weitere Dosis von Michelles Antigen injizieren. Wenn ich alles vorbereitet habe, sage ich dir, was du tun kannst. In Ordnung?«
Cathryn nickte. Bevor Charles ins Wohnzimmer zurückging, streichelte er ihr noch einmal zärtlich über die Hand.
Eine leichte Benommenheit ergriff Cathryn. Sie stützte sich auf die Lehne eines Küchenstuhles. Alles, was sich in den letzten Tagen ereignet hatte, war so unerwartet gekommen. Nicht einen Moment hatte sie daran gedacht, daß Charles Michelle in ihr eigenes Haus bringen könnte. Angestrengt überlegte sie, ob es noch einen Weg gab, das Vormundschaftsverfahren rückgängig zu machen. Dann wäre zumindest ein Grund, für den Charles von der Polizei gesucht wurde, aus der Welt geschafft.
Sie ging zum Telefon und wählte die Nummer ihrer Mutter. Während sie noch auf den Anschluß wartete, wurde ihr bewußt, daß es nur einen Streit heraufbeschwören würde, wenn sie ihrer Mutter erzählte, daß Charles bei ihr war. Sie beschloß, nichts zu sagen.
Gina meldete sich nach dem zweiten Klingeln. Cathryn hielt das Gespräch allgemein, und da ihre Mutter nicht nach ihrem Abstecher zum Weinburger-Institut fragte, erwähnte Cathryn ihn auch nicht. So mußte sie Gina wenigstens nicht gestehen, daß Charles wegen schweren Diebstahls gesucht wurde. Dann trat ein kurzes Schweigen ein. Cathryn räusperte sich entschlossen. »Wenn es dir nichts ausmacht, Chuck das Essen zu bereiten und dafür zu sorgen, daß er morgen früh rechtzeitigaufsteht, dann würde ich heute nacht gerne hierbleiben. Ich möchte im Haus sein, falls Charles anrufen sollte.«
»Aber Liebling, du mußt dich doch nicht verpflichtet fühlen, da herumzusitzen und auf diesen Mann zu warten. Außerdem habe ich für uns ein wunderschönes Abendessen geplant. Rate einmal, was ich kochen werde.«
Cathryn seufzte leise. Es erstaunte sie immer wieder, daß ihre Mutter wirklich glaubte, mit einem guten Essen jedes Problem lösen zu können.
»Mutter, ich will jetzt nicht raten, was du kochen willst. Ich will heute nacht hier in meinem eigenen Haus bleiben.«
Cathryn wußte, wie sehr sie ihre Mutter dadurch verletzte. Aber unter den gegebenen Umständen blieb ihr keine andere Wahl. So schnell sie es konnte, ohne dabei grob zu wirken, beendete Cathryn das Gespräch.
Immerhin hatte ihre Mutter sie
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