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Fieber

Titel: Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Scharfsinn eine noch größere Achtung bei seinen Kollegen gewonnen, von denen viele sagten, daß es Männer wie er waren, die die großen wissenschaftlichen Entdeckungen machten. Nur die Verwaltung beschwerte sich regelmäßig. Dr. Morrisons Büro lag in der Verwaltungsabteilung im zweiten Stock, wo die Flure in einem angenehmen Beige gestrichen waren. An den Wänden hingen dunkle Ölgemälde, die die früheren Direktoren des Instituts in ihren Akademikerroben zeigten. Die Atmosphäre hier war Welten entfernt von der nüchternen Sachlichkeit der Labors im Parterre und im ersten Stock. Hier oben hatte man eher den Eindruck, in einer erfolgreichen Anwaltskanzlei zu sein und nicht in einem gemeinnützigen medizinischen Institut. Der Luxus verwirrte Charles jedesmal aufs neue; er wußte, daß das Geld dazu von Leuten gekommen war, die glaubten, etwas zur Forschung beizutragen.
    Darüber grübelnd war Charles zu Morrisons Büro gekommen. Er wollte gerade eintreten, als er merkte, daß sämtliche Sekretärinnen der Verwaltung seinen Weg beobachtet hatten. Er spürte dasselbe Gefühl unterdrückter Erregung wie am Morgen bei seiner Ankunft im Institut. Als ob alle darauf warteten, daß etwas Bestimmtes passierte. Als Charles die Tür zum Büro öffnete, stand Morrison hinterseinem breiten Mahagonischreibtisch auf und kam Charles mit ausgestreckten Händen entgegen. Seine schlechte Laune schien verflogen zu sein. Aus Gewohnheit schüttelte Charles die ihm entgegengehaltene Hand, aber die Geste verblüffte ihn. Er hatte mit seinem Gegenüber wirklich nichts gemein. Morrison trug einen frischgebügelten Nadelstreifenanzug, ein gestärktes weißes Hemd und einen Seidenschlips. Seine mokassinartigen Schuhe waren ausgiebig poliert worden. Charles hatte wie gewöhnlich sein blaues Oxfordhemd an, dessen oberster Knopf geöffnet war. Seinen Schlips hatte er heruntergezogen und zwischen dem zweiten und dritten Knopf ins Hemd gesteckt; die Ärmel waren zu den Ellbogen hochgekrempelt. Dazu trug er seine ausgebeulten Khakihosen und seine abgestoßenen Ziegenlederschuhe.
    »Guten Morgen«, begrüßte Morrison ihn, als ob er Charles an diesem Tag zum ersten Mal sehen würde. Mit einer einladenden Handbewegung lenkte er Charles zu dem Ledersofa im hinteren Teil des Zimmers. Man hatte von hier einen eindrucksvollen Ausblick auf den Charles River. »Kaffee?« Morrison lächelte, so daß man seine kleinen weißen, makellosen Zähne sehen konnte.
    Charles setzte sich auf das Sofa, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Irgend etwas Merkwürdiges ging hier vor. Seine Neugier war geweckt.
    »Haben Sie heute schon die New York Times gelesen?« fragte Morrison.
    Charles schüttelte den Kopf.
    Morrison ging hinüber zu seinem Schreibtisch, hob die Zeitung auf und lenkte Charles’ Aufmerksamkeit auf einen Artikel gleich auf der ersten Seite. Das goldene Armband mit seiner Namensplakette glitt unter der Manschette hervor, als er auf die Überschrift deutete. »Skandal am Weinburger-Krebsinstitut.«
    Charles las den ersten Absatz, der mit anderen Worten das wiederholte, was Ellen ihm bereits erzählt hatte. Und das genügte ihm.
    »Schrecklich, nicht?« ließ sich Morrison laut vernehmen.
    Widerwillig nickte Charles zustimmend. Obwohl er wußte, daß so ein Vorfall die Spendeneingänge eine Zeitlang negativbeeinflussen würde, hoffte er doch, daß jetzt etwas von dem unverdient hohen Anteil, der bisher in die Erforschung des Medikaments Canceran geflossen war, wieder anderen, vielversprechenderen Gebieten zukommen würde. Für Charles war Canceran nur ein weiterer alkylierender Wirkstoff. Er fühlte, daß die Antwort auf Krebs in der Immunologie gesucht werden mußte und nicht in der Chemotherapie, obwohl er zugeben mußte, daß mit ihr in den letzten Jahren eine wachsende Zahl von Heilerfolgen erzielt worden war.
    »Dr. Brighton hätte wissen müssen, was dabei herauskommt«, sagte Morrison. »Er ist einfach noch zu jung und zu ungeduldig.«
    Charles wartete, daß Morrison endlich zum Thema kam.
    »Wir werden Dr. Brighton leider nahelegen müssen, das Institut zu verlassen«, sagte Morrison.
    Charles nickte, und Morrison setzte zu einer ausführlichen Erklärung von Brightons Verhalten an. Charles starrte die ganze Zeit auf Morrisons glänzenden, kahlen Schädel. Die wenigen Haare, die er noch über den Ohren hatte, waren auf dem Hinterkopf sorgfältig zusammengekämmt.
    »Wenn ich Sie kurz unterbrechen darf«, fiel Charles

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