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Fieber

Titel: Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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eine Heilmethode liefern und nicht nur eine beschönigende Linderung.«
    »Bitte«, sagte Morrison leise. »Ich habe Ihnen zugehört, und jetzt hören bitte Sie mir zu. Für die Immunologieforschung steht im Moment sehr wenig Geld zur Verfügung. Das ist eine Tatsache. Das Canceran-Projekt bringt uns große Zuschüsse ein, sowohl vom Nationalen Krebsinstitut als auch von der Amerikanischen Krebsgesellschaft. Das Weinburger-Institut braucht dieses Geld.«
    Charles versuchte ihn zu unterbrechen, aber Morrison schnitt ihm das Wort ab. Resigniert ließ sich Charles in einen Stuhl fallen. Er fühlte sich von der Institutsbürokratie eingeschnürt wie von den Armen eines riesigen Tintenfischs.
    Mit einer gedehnten Geste nahm Morrison die Brille ab und legte sie auf eine Berichtsliste. »Sie sind ein glänzender Wissenschaftler, Charles. Das wissen wir alle, und das ist auch der Grund, weshalb wir Sie in diesem Moment brauchen. Aber Siesind auch ein Einzelgänger und in gewissem Sinn mehr geduldet als geliebt. Sie haben Feinde am Institut, vielleicht sind die nur neidisch auf Sie, vielleicht aber auch, weil Sie so erschreckend selbstgerecht sind. In der Vergangenheit habe ich Sie immer verteidigt. Aber es gibt auch solche, die Sie lieber heute als morgen gehen sehen würden. Ich erzähle Ihnen das zu Ihrem eigenen Guten. Auf dem Treffen letzte Nacht habe ich erwähnt, daß Sie die Übernahme des Canceran-Projekts vielleicht ablehnen könnten. Es wurde beschlossen, daß für diesen Fall Ihre Mitarbeit hier beendet wäre. Und es ist bestimmt nicht schwer, jemanden zu finden, der das Projekt an Ihrer Stelle übernimmt.«
    Beendet! Das Wort klang Charles schmerzhaft in den Ohren nach. Mühsam versuchte er Ordnung in seine Gedanken zu bringen.
    »Darf ich jetzt etwas sagen?« fragte Charles.
    »Natürlich«, antwortete Morrison. »Sagen Sie mir, daß Sie das Canceran-Projekt übernehmen. Das will ich jetzt von Ihnen hören.«
    »Ich bin da unten sehr fleißig gewesen«, begann Charles, ohne auf Morrisons letzten Satz einzugehen. »Und ich komme mit meiner Arbeit, wie gesagt, sehr gut voran. Und wenn ich so verschwiegen war, hatte das durchaus einen Grund, denn ich glaube, daß ich sehr nahe daran bin, das Krebsproblem zu verstehen und vielleicht sogar eine Heilmethode gefunden habe.«
    Morrison sah Charles forschend ins Gesicht, um darin einen Hinweis auf die Ernsthaftigkeit seines Gegenübers zu finden. Sollte das ein Trick sein? Eine überhebliche Wahnidee? Morrison blickte in Charles’ strahlend blaue Augen, auf seine zerfurchte Stirn. Er wußte alles über die Vergangenheit von Charles, über den Tod seiner Frau, seinen plötzlichen Wechsel von der klinischen Medizin zur Forschung. Er wußte, daß Charles ein hervorragender Arbeiter war, aber eben ein Einzelgänger. Er hatte den Verdacht, daß Charles’ Vorstellung von ›sehr nahe‹ genausogut zehn Jahre meinen konnte.
    »Eine Heilmethode gegen Krebs«, begann Morrison. Er versuchte gar nicht erst den leichten Sarkasmus in seiner Stimme zu unterdrücken. Seine Augen blieben auf Charles’ Gesicht geheftet. »Das wäre natürlich großartig. Wir alle wären sehr stolz. Aber … das wird warten müssen, bis die Canceran-Studie abgeschlossen ist. Lesley Pharmaceuticals, die das Patent halten, drängen darauf, mit dem Medikament auf den Markt kommen zu können. Und jetzt, Dr. Martel, müssen Sie mich leider entschuldigen, aber ich habe zu arbeiten. Die Sache ist erledigt. Die Canceran-Versuchsprotokolle stehen zu Ihrer Verfügung, also machen Sie sich an die Arbeit. Viel Glück. Sollten sich irgendwelche Probleme ergeben, dann lassen Sie es mich wissen.«
    Wie betäubt stolperte Charles aus Morrisons Büro. Die Aussicht, in diesem entscheidenden Moment die eigene Arbeit liegenlassen zu müssen, hatte ihn völlig niedergedrückt. Im Augenwinkel sah er noch den fragenden Blick von Morrisons kühler Sekretärin, dann stürzte er mit schnellen Schritten zur Tür der Feuerleiter und riß sie geräuschvoll auf. Langsam ging er die Stufen hinunter, in seinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Noch nie in seinem Leben hatte ihm jemand gedroht, ihn zu entlassen. Obwohl er überzeugt war, eine neue Anstellung zu finden, war für ihn die Vorstellung, sich auch nur kurze Zeit ohne Arbeit herumzutreiben, einfach niederschmetternd, besonders, wenn er an seine vielen finanziellen Verpflichtungen dachte. Als Charles seine private Praxis aufgegeben hatte, war damit auch der Verlust

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