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Fieber

Titel: Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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unterdrückter Erinnerungen entfesselt hätte. Wieder und wieder hörte Charles den Satz: »Dr. Martel, es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, daß Ihre Frau Elisabeth an einer bösartigen Lymphknotengeschwulst leidet … Es tut mir außerordentlich leid, Ihnen mitteilen zu müssen, daß Ihre Fraunicht auf die Behandlung anspricht … Dr. Martel, ich bedaure, Ihnen sagen zu müssen, daß die Leukämie Ihrer Frau in ihr Endstadium getreten ist … Dr. Martel, es tut mir schrecklich leid, Ihnen eröffnen zu müssen, daß Ihre Frau vor wenigen Augenblicken verstorben ist.«
    »Nein! Das ist nicht wahr. Das ist unmöglich.« Charles schrie so laut, daß Dr. Wiley und Cathryn erschrocken zusammenfuhren.
    »Charles.« Dr. Wiley legte mitfühlend seine Hand auf Charles’ Schulter.
    Mit einer heftigen Bewegung befreite sich Charles von ihr. »Was fällt Ihnen ein, mich so gönnerhaft zu behandeln!«
    Trotz ihrer Tränen sprang Cathryn auf und griff nach Charles’ Arm. Überrascht war Dr. Wiley zurückgewichen.
    »Soll das alles vielleicht ein schlechter Scherz sein?« schnauzte Charles und schüttelte Cathryns Hand ab.
    »Es ist bestimmt kein Scherz«, entgegnete Dr. Wiley mit ruhiger, aber fester Stimme. »Charles, ich weiß, wie schwer das für Sie ist, besonders nach all dem, was mit Elisabeth passiert ist. Aber Sie müssen sich jetzt zusammennehmen. Michelle braucht Sie.«
    In Charles’ Kopf tobte ein Wirrwarr von Gedanken und Gefühlen. Mühsam versuchte er einen Halt in dem Durcheinander zu finden. »Wie kommen Sie darauf, daß Michelle Leukämie hat?« brachte er langsam und mit Anstrengung hervor. Cathryn ging zurück zu ihrem Platz.
    »Die Diagnose ist eindeutig«, sagte Dr. Wiley leise.
    »Was für eine Leukämie?« fragte Charles. Seine Hand lief nervös durch sein Haar. Er sah durch das Fenster auf die gegenüberliegende Backsteinmauer. »Lymphozytische?«
    »Nein«, antwortete Dr. Wiley. »Es tut mir leid, aber es ist eine akute Myeloblastenleukämie.«
    Es tut mir leid … Es tut mir leid … ein Standardsatz, zu dem die Ärzte immer dann Zuflucht suchen, wenn sie nicht wissen, was sie sonst tun sollen. Sein unangenehmes Echo hallte in Charles’ Kopf nach. Es tut mir leid, Ihre Frau ist verstorben … Als ob einem ein Messer ins Herz gestoßen wurde.
    »Zirkulierende Leukämiezellen?« fragte Charles. Er wollte die Erinnerungen mit kühler Vernunft verdrängen.
    »Es tut mir leid, aber so ist es«, antwortete Dr. Wiley. »Ihr Blutbild zeigt über fünfzigtausend weiße Blutkörperchen.«
    Totenstille senkte sich über den Raum.
    Plötzlich begann Charles im Zimmer auf und ab zu gehen. Seine Schritte waren schnell, seine Hände rangen miteinander wie zwei Feinde.
    »Leukämie ist nicht sicher zu diagnostizieren, ohne daß eine Untersuchung des Knochenmarks vorgenommen wird«, sagte er abrupt.
    »Wir haben sie gemacht«, antwortete Dr. Wiley.
    »Das können Sie gar nicht«, entgegnete Charles heftig. »Ich habe nicht meine Erlaubnis dazu gegeben.«
    »Aber ich«, sagte Cathryn zögernd. Sie fürchtete, einen Fehler begangen zu haben.
    Ohne auf Cathryn zu achten, starrte Charles weiter Dr. Wiley an.
    »Ich will die Abstriche sehen.«
    »Ich habe sie bereits von einem Hämatologen überprüfen lassen«, sagte Dr. Wiley.
    »Das interessiert mich nicht«, sagte Charles wütend. »Ich will sie selbst sehen.«
    »Wie Sie wollen«, antwortete Dr. Wiley. Er erinnerte sich, daß Charles ein eigenwilliger, aber gründlicher Student gewesen war. Offensichtlich hatte er sich nicht geändert. Obwohl Dr. Wiley wußte, wie wichtig es für Charles war, die Diagnose selbst erhärten zu können, hätte er jetzt doch lieber über Michelles weitere Behandlung gesprochen.
    »Folgen Sie mir«, sagte er schließlich und führte Charles aus dem Konferenzzimmer. Als die Tür sich öffnete, schlug ihnen aus der Entfernung lautes Babygeschrei entgegen. Sie gingen den Flur hinunter. Cathryn war sich anfangs nicht sicher, was sie tun sollte. Dann eilte sie den beiden Männern nach.
    Am Ende des Korridors betraten sie einen engen Raum, in dem ein kleines Labor eingerichtet war. Der Platz hatte gerade für einen Arbeitstisch und eine Reihe Hocker gereicht. Die vielen Urinproben auf den Regalen hatten die Luft in dem kleinen Zimmer mit einem fischigen Geruch durchsetzt. Eine pickelige junge Frau machte rücksichtsvoll den ersten Hocker frei.
    »Kommen Sie hierher«, sagte Dr. Wiley und winkte Charleszu einem abgedeckten Mikroskop. Er

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