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Fieber

Titel: Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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diese technischen Fragen beschäftigten sie nicht allzusehr. Sie überlegte, ob es nicht viel zu auffallend war, wenn sie sich jetzt für einen Moment entschuldigte und direkt zu Dr. Morrison ging.
    »Kannst du nicht das Polyäthylenglykol holen?« fragte Charles. »Wir müssen alles bereitstellen, um mit Michelles T-Lymphozyten einen Hybrideneffekt zu erzeugen. Ruf auch die Tierabteilung an und sag ihnen, daß wir eine frische Gruppe Mäuse von den gesunden Kontrolltieren brauchen, denen wir das Brustkrebsantigen injizieren werden. Mein Gott, wenn der Tag doch bloß mehr als vierundzwanzig Stunden hätte.«
     
    »Ich hätte gerne den Kartoffelbrei«, sagte Jean Paul, nachdem er minutenlang überlegt hatte, ob er das Schweigen, das sich über den Tisch gelegt hatte, brechen sollte. Niemand hatte ein Wort gesprochen, seit er laut verkündet hatte, daß die Ente, die er am Morgen in die Garage gesperrt hatte, »mausetot war und steif wie ein Brett«. Am Ende hatte sein Hunger die Sache entschieden.
    »Ich tausche ihn gegen die Koteletts«, sagte Chuck. Er warf seinen Kopf zurück, um eine Haarsträhne zu bekommen.
    Die Brüder tauschten die Platten, Silber schlug klingend gegen Porzellan.
    Gina Lorenzo, Cathryns Mutter, ließ ihren Blick über die Familie ihrer Tochter wandern. Cathryn ähnelte ihrer Mutter. Beide hatten dieselbe hervorspringende Nasenwurzel und denselben großen, ausdrucksstarken Mund. Der deutlichste Unterschied zwischen ihnen war, von den zwanzig Jahren Altersunterschied einmal ganz abgesehen, daß sie vielleicht zwanzig Pfund Übergewicht hätte. Tatsächlich waren es ehersechzig. Pasta war Ginas Leidenschaft, und sie gehörte nicht zu den Leuten, die sich wegen der Figur ihre Leidenschaften versagen.
    Gina hob die Schüssel mit den Fettuccini und tat, als ob sie noch etwas auf Cathryns unberührten Teller laden wollte. »Du mußt etwas essen.«
    Cathryn zwang sich zu einem Lächeln und schüttelte den Kopf.
    »Was ist los? Gefällt es dir nicht?« fragte Gina.
    »Es ist alles sehr schön. Ich habe nur keinen großen Hunger.«
    »Du mußt aber etwas essen«, sagte Gina. »Und du auch, Charles. Zum Nachtisch habe ich extra gefüllte Teigröllchen gemacht.«
    »Oh, prima!« sagte Jean Paul.
    Pflichtbewußt nahm Charles einen Bissen von den Fettuccini, doch sofort rebellierte sein Magen. Einen Moment behielt er die Pasta im Mund, bevor er versuchte, den Bissen zu schlucken. Die Katastrophen des Tages hatten ihn mit der Kraft eines Hurrikans getroffen, als er die rasende Hektik des Labors verlassen hatte. Die Arbeit hatte seine Gefühle betäubt, und nur widerstrebend hatte er sie aus der Hand gelegt, als es Zeit war, Chuck abzuholen und nach Hause zu fahren. Und Chuck war ihm auch keine Hilfe gewesen. Erst als der Stoßverkehr Bostons hinter ihnen lag, hatte Charles seinem Sohn erzählt, daß seine Schwester eine sehr ernste Leukämie hatte. Chucks Antwort war ein schlichtes »Oh!« gewesen, dann folgte längere Zeit Schweigen. Schließlich hatte er noch gefragt, ob die Krankheit ansteckend sei.
    Charles hatte nicht geantwortet. Nur der Griff seiner Hände um das Lenkrad war fester geworden, und mit Staunen hatte er über den unverfrorenen Egoismus seines ältesten Sohnes nachgedacht. Nicht ein einziges Mal hatte Chuck gefragt, wie es seiner Schwester ging. Und jetzt beobachtete Charles, mit welcher Gier Chuck sein Kotelett hinunterschlang. Am liebsten wäre er aufgestanden und hätte den selbstsüchtigen Jungen aus dem Haus geworfen.
    Aber Charles rührte sich nicht von seinem Platz. Statt dessen begann er mechanisch die Fettuccini zu kauen, der letzteGedanke war ihm selbst unangenehm. Chuck war einfach unreif. Wenigstens Jean Paul hatte angemessen auf die traurige Eröffnung reagiert. Er hatte geweint und gefragt, wann Michelle nach Hause kommen würde und ob er sie besuchen konnte. Er war ein gutes Kind.
    Charles sah zu Cathryn, die ihren Kopf gesenkt hielt und in ihrem Teller herumstocherte, um ihrer Mutter den Eindruck zu geben, daß sie essen würde. Er war dankbar, daß er Cathryn hatte. Allein wäre er mit Michelles Krankheit nicht fertig geworden. Doch zugleich verriet ihm sein Blick, wie sehr Cathryn unter der Situation litt. Aus diesem Grund hatte er ihr auch nichts von dem Ärger am Institut erzählt und von dem, was er plante. Sie hatte genug andere Sorgen.
    »Nimm dir doch noch ein Kotelett, Charles«, sagte Gina. Sie hob die Platte und ließ ohne große Umstände noch ein weiteres

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